Flughafen Köln/BonnTanken, putzen, laden – und ab in die Luft

Lesezeit 5 Minuten
Ein Mitarbeiter (rechts) sichert das Fahrwerk mit Bremsklötzen.

Ein Mitarbeiter (rechts) sichert das Fahrwerk mit Bremsklötzen.

Porz – Ein Blick auf ihr Smartphone zeigt Ann-Katrin Perteck: Die Turkish-Airlines-Maschine aus Istanbul ist pünktlich. Auf dem Vorfeld, wo die Boeing 737/800 gleich an die ausziehbare Brücke heranrollen wird, warten schon gut ein halbes Dutzend unterschiedliche Dienstleister-Fahrzeuge auf ihren Einsatz.

Sobald die Maschine steht, muss alles sehr schnell gehen, damit sie pünktlich wieder starten kann. Perteck ist bei der Abfertigung dafür verantwortlich, dass die Vorgaben der jeweiligen Fluggesellschaften für die Arbeiten am Boden eingehalten werden. Was vertraglich vereinbart ist, muss beim Turnaround erledigt werden, und zwar innerhalb der festgeschriebenen Zeitspanne.

Sauber machen und schnell weiter

Maschinen von Low-Cost-Fluglinien wie Ryanair sind beim Wechsel gerade mal 25 Minuten am Boden – da wird seitens des Flughafens und seiner Vertragspartner für Servicedienste nur rasch Gepäck umgeladen, getankt und bei Frost die Maschine enteist. In Billigfliegern muss die Crew selbst Sitze, Gänge und Waschräume säubern, ein Auffüllen der Bordverpflegung ist bei Zwischenstopps nicht vorgesehen.

Alles zum Thema Flughafen Köln/Bonn

Deutlich mehr Zeit kostet das Premium-Programm zur Abfertigung, das etwa mit Turkish Airlines ausgehandelt ist. Hier stehen 55 Minuten Bodenzeit zur Verfügung, die mit Tanken, Wasserwechsel, Catering, Putzkolonne und Gepäckdienst aber auch randvoll sind.

Perteck sorgt durch minuziöse Planung dafür, dass alles in gewünschter Reihenfolge und Qualität erfolgt, dass das Gepäck schon „on hold“, also zum Laden verfügbar ist, Förderbänder bereitstehen, Tank- und Servicewagen da und die komplexen Abläufe sicher abgestimmt sind. Dabei steht sie über ihr Mobiltelefon in Kontakt mit der Crew an Bord und mit dem Tower. Und weil sie diese Arbeit nicht vom Büro aus, sondern unmittelbar am Flugzeug erledigt, trägt Ann-Katrin Perteck wie alle anderen hier Sicherheitsweste und -schuhe sowie einen stabilen Kopfschutz.

Eine technische Wartung ist außer bei akutem Bedarf im Zeitplan zwischen zwei Flügen nicht vorgesehen, dafür buchen Fluggesellschaften feste Wartungstage.

Der Ablauf: Das passiert in den 25 Minuten am Boden

Rundum gut gesicherte Bodenzeit

Das Einweiser-Fahrzeug geleitet die Maschine zu ihrem Platz auf dem Vorfeld, wo der Turnaround, also die Arbeitszeit am Boden zwischen zwei Flügen, vorbereitet ist. Alle Gewerke vom Gepäckdienst über Wasserzufuhr, Catering, Reinigung, Tankdienst bis zur Abwasserentsorgung warten schon. Mit Pylonen und Absperrbändern wird das Umfeld gesichert. Erst wenn die Warnblinklampen am Flugzeug erlöschen, dürfen sich Menschen und Fahrzeuge nähern. Bremsklötze blockieren die Räder, die Bodenstromversorgung wird von der Brücke herangeführt und in einer Klappe unterhalb des Cockpits installiert. Die röhrenden Triebwerke der Boeing 737/800 verstummen.

Ramp-Agent koordiniert zügige Dienstleistung

Ihre Kunden kommen aus der Luft, die Ramp-Agents aber düsen nicht selten per Fahrrad übers Rollfeld zum nächsten Jet. Ihre Aufgabe ist es, den Ablauf des Turnarounds zu koordinieren und zu dokumentieren. Der Tower kündigt das Eintreffen der Maschine an, die Crew übermittelt Sonderwünsche. Mal soll ein Rollstuhl für einen Reisenden bereitstehen, mal soll wegen eines vermuteten Vogelschlags vorsichtshalber ein Techniker nachschauen. Der Ramp-Agent kontrolliert die Abläufe im Dienstleister-Gedränge um das Flugzeug, leitet das Aus- und Einsteigen der Passagiere und unter Umständen einen Crew-Wechsel in die Wege und hat immer die Uhr im Blick.

Service über Brücken, Treppen, Luken

Die Brücke für die aus- und einsteigenden Fluggäste wird herangefahren, ein Förderband seitlich an den Flugzeugrumpf manövriert, und über eine Luke werden erst das teurere „Prio“-Gepäck, wenig später alle anderen Koffer auf wartende Wagen ausgeladen. Der Gepäckdienst arbeitet in Dreierteams. Jeder Handgriff muss sitzen, schon neun Minuten nach dem Stopp sollen Passagiere ihre Sachen vom Gepäckband fischen. Die Frischwasserversorgung dockt an, das Cleaning-Personal arbeitet sich von hinten nach vorn durch die gut 180 Flugzeugsitze. Hurtig den Abfall einsammeln, alles abwischen, den Inhalt der Taschen an den Rückenlehnen kontrollieren und ergänzen.

Tonnenweise Flugbenzin

Unterm Flügel sitzt der Stutzen, über den Thomas Sievers vom Tankdienst den Flieger mit knapp 900 Liter Sprit pro Minute druckbetanken kann. Der kerosinhaltige Treibstoff „Jet A1“ fließt – oder besser schießt – durch einen Zwei-Zoll-Schlauch. Damit der Reibungsstrom abgefangen wird, verlegt Sievers vor dem Tankvorgang ein Erdungskabel. Wie viel Flugbenzin die Maschine braucht, hat der Pilot zuvor mitgeteilt. Die Menge orientiert sich am Bedarf des nächsten Fluges. In diesem Fall sind es zehn Tonnen, die für den Rückflug nach Istanbul aufgefüllt werden müssen. Zwei Tankdienste auf dem Flughafen versorgen bis zu 150 Maschinen täglich mit Treibstoff.

Kinderwagen als letztes Gepäck

Das Gepäck wird über eine Förderschnecke eingeladen, der Catering-Service hat die Bordverpflegung über die am Hintereingang angelegte Treppe angeliefert, die Servicefahrzeuge starten schon zum nächsten Einsatzort. Über die angedockte Brücke steigen die neuen Passagiere ein und geben noch letztes Sperrgepäck wie Kinderwagen vor der Flugzeugtür ab. Ein Mitarbeiter holt die Buggys über eine Treppe ab – unter Sicherheitsvorkehrungen. Die Tür zur Brücke lässt sich nur mit einem Code öffnen. Dann wandern die Kinderwagen in Folie gehüllt in den Gepäckraum. Alle Ladeluken und Türen werden geschlossen, der Ramp-Agent und der Flugzeug-Schieber gehen beim Rundum-Check einmal um die ganze Maschine.

Pusher ersetzt den Rückwärtsgang

In Absprache mit dem Kapitän und nach Freigabe vom Tower kommt der Pusher – also Schieber – ins Spiel. Flugzeuge können aus eigener Kraft nicht rückwärts fahren. Ein  Spezialfahrzeug  nimmt das Bugfahrwerk huckepack. Die Bremsklötze und Absperrungen werden entfernt. Jetzt kann der schwere Flieger auf seinen Hinterrädern, vorn gesteuert vom Pusher, in Richtung Startbahn manövriert werden.  Das Pushback wird vom Ramp-Agent und der Crew im Cockpit überwacht, die   über eine Kabel-Sprechverbindung Kontakt haben. Ist das Flugzeug auf der gewünschten Position angekommen, setzt der Pusher die Last ab. Auf Verabredung werden die Kabel der Sprechverbindung  gelöst. Daumen hoch! Auf geht’s nach Istanbul.

Unter den Wolken

Damit  die einen in  Urlaub fahren können, müssen die anderen arbeiten – auch  am Flughafen Köln/Bonn. In unserer  Serie erklären wir, wer in dem Airport dafür sorgt, dass jährlich mehr als zehn Millionen Passagiere sicher abgefertigt werden.  (ksta)

Das könnte Sie auch interessieren:

KStA abonnieren