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Kölner GroßfamilieMein Patenonkel, der Bundespräsident

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Bei Familie Jansen passen die sieben Geschwister aufeinander auf. Das Rezept von Mama Yvonne Jansen, wenn Unübersichtlichkeit droht: Ruhe bewahren.

Bei Familie Jansen passen die sieben Geschwister aufeinander auf. Das Rezept von Mama Yvonne Jansen, wenn Unübersichtlichkeit droht: Ruhe bewahren.

Porz-Urbach – Die Tür öffnet eine echte Prinzessin. Sie ist unschwer an dem goldenen Diadem auf dem Kopf zu erkennen. Dazu trägt Aliyah eine schicke rote Brille mit einer Schleife aus Plastik am rechten Brillenrand. „Sie braucht gar keine, aber seit ihr Bruder Fabio eine trägt, zieht sie zu Hause manchmal ihre Spielzeugbrille an“, sagt Yvonne Jansen.

Die sechsjährige Hoheit hüpft lachend durch den Flur, dreht ein paar Pirouetten und holt ihren Ein-Puppen-Hofstaat aus dem Wohnzimmer. Das Empfangskomitee ist bereit. Schließlich ist heute ein besonderer Tag – nicht nur weil gerade bekannt wurde, dass die Geburtenrate in Deutschland erstmals seit 30 Jahren wieder auf 1,5 Kinder gestiegen ist. Familie Jansen liegt leicht drüber – hier gibt es insgesamt sieben Kinder.

Joachim Gauck übernimmt Ehrenpatenschaft

Daher wartet man in dem Reiheneckhaus in Porz-Urbach nun auf Bundespräsident Joachim Gauck. Also fast. Das Staatsoberhaupt hat die Ehrenpatenschaft für Nesthäkchen Miya übernommen. Die entsprechende Urkunde wird die Kölner SPD-Ratsfrau Monika Möller am Abend überreichen. Dann wird auch Vater Felix Jansen, ein IT-Spezialist, von der Arbeit zurück und zu Hause sein. Die Ehrenpatenschaft können Familien beim Bundesverwaltungsamt für ihr siebtes Kind beantragen. Das ist Miya, sechs Monate alt.

Alles zum Thema Henriette Reker

„Wir wussten gar nicht, dass es so etwas gibt. Meine wunderbare Hebamme Nina Horning hat mich darauf aufmerksam gemacht. Der Anruf, dass unser Antrag angenommen worden ist, kam am vergangenen Samstag aus dem Büro von Oberbürgermeisterin Henriette Reker. Wir freuen uns sehr“, sagt Yvonne Jansen.

„Es gibt Menschen, die uns meiden, weil wir so viele Kinder haben.“

Zu der neunköpfigen Familie von Felix und Yvonne Jansen gehören neben Aliyah und Miya die Kinder Laura (20), Marc (18), Rico (16), Fabio (8) und Naina (2). Die drei Älteren stammen aus einer früheren Verbindung der 41 Jahre alten Mutter. Ihr jetziger Ehemann Felix ist zwei Jahre jünger als sie. Die Ehrenpatenschaft hat in erster Linie symbolischen Charakter. Sie soll „mit dazu beitragen, das Sozialprestige kinderreicher Familien zu stärken“. Gibt es so etwas wie ein Prestigeproblem tatsächlich? „Durchaus“, sagt die siebenfache Mutter. „Es gibt Menschen, die uns meiden, weil wir so viele Kinder haben. Die Frage, ob ich verrückt sei, ist mir auch schon gestellt worden. Oder, ob wir zu den Zeugen Jehovas gehören. Andere bringen uns Respekt entgegen. Sie fragen: Wie schafft ihr das?“

Kranke Kinder und Tomatensuppe

Ja, genau. „Mit einer guten und straffen Organisation. Alle müssen mithelfen, jeder hat seine täglichen Aufgaben. Es gibt feste Regeln und Rituale. Wir Eltern sind konsequent, aber nicht übermäßig streng oder autoritär. Und vor allem: ruhig bleiben.“ Am Wochenende geht es zum Großeinkauf. Dann wandelt sich das Familien- zu einem Logistik-Unternehmen. „Wir kaufen mindestens das Dreifache von dem ein, was eine Kleinfamilie braucht. Allein die Getränke füllen einen kompletten Einkaufswagen.“

Während unseres Gesprächs läuft im Hintergrund der Familienalltag ganz selbstverständlich weiter. Miya sitzt fröhlich glucksend auf Mutters Schoß. Sonst macht sie keinen Mucks, blickt fröhlich umher. Nichts deutet darauf hin, dass sie eine Trinkschwäche hat und daher den Eltern derzeit ein wenig Sorgen macht.

Aliyah und Fabio lassen sich immer mal blicken, um etwas zu erzählen. Laura ist krank, muss eigentlich das Bett hüten, kommt aber für einen Moment ins Wohnzimmer und sagt Hallo. Ihr Freund Alexander steht in der Küche und kocht Tomatensuppe. Er zählt auch zur Familie, wohnt derzeit mit in dem 147 Quadratmeter großen Haus mit fünfeinhalb Zimmern und Garten. „Aber die beiden suchen eine eigene Wohnung, möchten ausziehen. Das wird schwer für mich, das weiß ich jetzt schon“, sagt Yvonne Jansen.

„Ich war ein Einzelkind, das war nicht schön.“

Die zwei Jahre alte Naina zockelt herbei. Sie ist heute etwas quengelig. Kein Wunder bei einer Mittelohrentzündung. Es wird aber gleich besser, als sie auch auf den Schoß darf. Der große Bruder Marc kommt nach Hause. Er war in der Apotheke und hat die Medikamente für seine kranken Schwestern geholt.

Yvonne Jansen ist glücklich über ihre große Familie. „Ich war ein Einzelkind, das war nicht schön. Wenn ich sehe, wie meine Kinder aufwachsen, sich entwickeln und es ihnen gut geht, ist das ein unbeschreibliches Gefühl.“ Es ist zugleich harte Arbeit. Sie ist morgens die Erste, die aufsteht. Ihr Tag beginnt um 5.40 Uhr. Gemeinsames Frühstück, dann schwärmen alle bis auf Baby Miya aus. Naina in den Kindergarten, Aliyah, Fabio und Rico zur Schule, Marc und Vater Felix zur Arbeit und Laura zur Uni. Sie hat gerade in Köln ihr Studium begonnen. Sie will Lehrerin für Französisch und Geschichte werden.

Gegen Mittag, erzählt Yvonne Jansen, kehrt etwas Ruhe ein. Fremde Hilfe im Haushalt hat sie nicht. Nur im Notfall. So wie vor ein paar Wochen, als sie sich die Kniescheibe gebrochen hatte. Zeit für sich, für ihre eigenen Interessen hat die 41-Jährige im Moment so gut wie gar nicht. „Aber das kommt wieder, wenn die Kleine älter ist und auch in den Kindergarten kann.“ Dann ist tagsüber nur noch Familienmitglied „Flippie“, der getigerte Kater, da.

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