Verkehrsentlastung in PorzBürgervereine decken Fehler bei Machbarkeitsstudie auf

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In Richtung Siebengebirge statt zum Dom führt die angedachte Verlängerung der Houdainer Straße.

In Richtung Siebengebirge statt zum Dom führt die angedachte Verlängerung der Houdainer Straße.

Porz – Ernüchtert, nicht aber entmutigt hat die Vernetzung der Porzer Bürgervereine das vorläufige Ergebnis einer Machbarkeitsstudie zur Verkehrsentlastung im Porzer Süden zur Kenntnis genommen.

Vertreter der Stadtverwaltung, der Landesbetriebe Straßen.NRW und die beauftragten Gutachter haben – zwei Monate später als in Troisdorf – Bürgervereinen und Politikern die Ergebnisse erläutert. Dabei hätten die Laien aus den Bürgervereinen den Planungsfachleuten diverse Fehler in der Studie nachgewiesen, sagten Teilnehmer. Die Info-Veranstaltung sei „peinlich für die Verwaltung“ gewesen.

Bezirksbürgermeister Henk van Benthem als Moderator brach die Veranstaltung nach zweieinhalb Stunden ab – auf zu viele Fragen habe es keine oder völlig unzureichende Antworten gegeben, zu viele Fehler seien offenkundig geworden, sagte er auf Anfrage. Das sei für die Porzer Bürgervereine und Politiker extrem unbefriedigend und als Respektlosigkeit seitens der Verwaltung zu werten.

Offener Brief an Verkehrsdezernentin Andrea Blome

Politiker und Bürgervereine ruft van Benthem nun ohne Verwaltungsbeteiligung am 27. Juni, 17 Uhr, zu einem neuen Termin zusammen. Nach diesem Austausch von Fakten, Wünschen und Meinungen müsse man nötigenfalls an der Kölner Verwaltungsspitze ansetzen, um auf ernsthafte Fragen entsprechende Antworten zu bekommen und das Projekt der Verkehrsentlastung voranzutreiben.

Hans Baedorf und Simin Fakhim-Haschemi als Sprecher der vernetzten Vereine bemängeln besonders, dass die Stadt entgegen früheren Äußerungen die Verlängerung und den Neubau der Houdainer Straße samt der Abstufung der Wahner Straße als Grundlage für alle Varianten gesetzt habe. In einem offenen Brief erinnern sie Verkehrsdezernentin Andrea Blome und Klaus Harzendorf, Leiter des Amtes für Straßen und Verkehrstechnik, an den Bürgerwillen zur Trassenführung.

Die Vernetzung mit mehr als 200 Mitgliedern plädiere einstimmig gegen die Variante 1. Auf der von ihnen favorisierten Strecke über Variante 2 würde der Verkehr aus dem Rhein-Sieg-Kreis über eine Verlängerung der Landstraße L269 zwischen Libur und Uckendorf geführt, durch die Spicher Kiesseen-Landschaft zum Anschluss an die Frankfurter Straße.

Bürgervereine kritisieren Verzicht auf Analyse des Umweltrisikos

Die von der Stadt vorgegebene Option, Verkehr aus dem Porzer Süden bei jeder denkbaren Variante über die Houdainer Straße und aus dem Rhein-Sieg-Kreis über eine Abzweigung von der Liburer Landstraße gemeinsam zum Porta-Kreisel zu führen, lehnt die Vernetzung nach wie vor ab und findet für ihre Kritik im Gutachten zahlreiche weitere Ansatzpunkte.

Was das Nutzerverhalten der Verkehrsteilnehmer betrifft, widerspricht die Vernetzung der Aussage, bei Realisierung von Variante 1 über die Houdainer Straße würden fast alle Ortsdurchfahrten entlastet. Im Gegenteil werde der Verkehr wegen der Wohnungsbaupläne unter anderem in Zündorf Süd ihrer Berechnung zufolge in allen Ortslagen zunehmen. Das gelte auch für den Schleichverkehr in Lind und Wahn/Wahnheide.

Die Bürgervereine kritisieren den Verzicht auf eine Umweltrisikoanalyse im Gutachten. Bei einer neuen Bewertung wäre das Spicher Seengebiet womöglich weniger schützenswert als früher erschienen. Hingegen sei vorstellbar, dass eine Risikoanalyse die erheblichen Eingriffe zum Aus- und Weiterbau der Houdainer Straße als hinderlich für die Planung bewerten könnte.

Eine mögliche Bahntrasse muss rechtsrheinisch ans Schienennetz angeknüpft werden

Zudem anderem seien die Kosten für Variante 1 viel zu niedrig angesetzt, zum Teil sogar schlicht vergessen worden. Dafür geben die Vernetzungssprecher Beispiele von Bahn-Unterquerungs- und Brückenkosten mit viele Millionen Euro Kostensteigerung. Wie tief sich die Kritiker in die Materie eingearbeitet haben, zeigen Aufstellungen über Streckenpreis-Berechnungen, bei denen die Bürgervereine wegen verzwickter Kreisverkehre, signalisierter Einmündungen und anderer Fährnisse die optimistischen Kostenprognosen für Variante 1 infrage stellen.

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Schließlich bringt der Brief ein bisher wenig bedachtes Problem ans Licht: Wenn eine neue Autobahnquerspange mit Rheinüberquerung auch, wie allseits gewünscht, eine Bahntrasse bekommen soll, muss diese im Rechtsrheinischen irgendwo ans Schienennetz samt Verbindung zum Flughafen angeknüpft werden. Das ginge nur noch zwischen der K24-ICE-Unterführung am Wahner Bahnhof und dem Bereich nördlich der Spicher Seen. So etwas zu planen blockiere die Variante 1, die von der Stadt als am schnellsten realisierbare Variante angepriesen worden ist.

Im Schreiben an Harzendorf und Blome machen die Vernetzungs-Sprecher argumentationsreich ihre Ablehnung der Variante 1 mitsamt der Houdainer Straße-Anbindung deutlich und beteuern: „Wir als betroffene Nutzer der Straßen in diesem Gebiet wollen und werden mit Fahrtziel Köln nicht erst mehrere Kilometer in die entgegengesetzte Richtung fahren!“

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