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Protestzug abgesagtKölner Großdemo bleibt friedlich

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Nach Angaben des Veranstalter sollen insgesamt 100.000 Menschen in Köln gegen Erdogan protestiert haben.

Nach Angaben des Veranstalter sollen insgesamt 100.000 Menschen in Köln gegen Erdogan protestiert haben.

Köln – „Überall ist Taksim, überall ist Widerstand!“ Diesen Satz rufen die Demonstranten auf dem Heumarkt am Samstag immer wieder. Aus allen Teilen Deutschlands sind sie angereist, aus Belgien, Frankreich und der Schweiz. Die Alevitische Gemeinde Deutschland (AABF) hatte noch nie Schwierigkeiten, innerhalb weniger Tage Zehntausende zu mobilisieren, um gemeinsam auf die Straße zu gehen.

Die Aleviten sind gegen die autoritäre Politik der türkischen islamistisch-konservativen Regierungspartei AKP und ihres Ministerpräsidenten Tayyip Erdogan. Schon kurz nach Beginn der Kundgebung am Samstagmittag ist das Ziel von 30 000 Teilnehmern erreicht – da waren viele der fast 300 Busse noch gar nicht in Köln angekommen. „Schluss mit der Polizeigewalt gegen friedliche Demonstranten!“, „Freiheit statt Angst“ oder „Erdogan ist schuld an der Parallelgesellschaft in Deutschland“ steht auf Plakaten. Die meisten sind auf türkisch beschriftet.

Die Kölner Polizei zog am Abend eine positive Bilanz. Die Großdemo sei friedlich verlaufen, die Teilnehmer hätten ab 17 Uhr die Heimreise angetreten. Nach Polizeischätzungen beteiligten sich rund 33.000 Menschen an dem Protest.

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Veranstalter sprechen von 100.000 Demonstranten

Als „Wolf im Schafspelz“ bezeichnet Serdar Akin, der Vorsitzende des Bundes der Alevitischen Jugendlichen, Tayyip Erdogan. „Wie sich die Dunkelheit vor dem Licht fürchtet, fürchtet sich eine Diktatur vor der Zivilcourage der unterdrückten Menschen“, sagte Akin. „Wir stehen Seite an Seite mit der Jugend in Taksim.“ Zwei Stunden nach Beginn der Kundgebung ist der Heumarkt dicht, die Polizei lässt keine größeren Gruppen mehr auf den Platz.

Die Veranstalter sagen den geplanten Demonstrationszug durch die Innenstadt ab, 100 000 Demonstranten sollen es laut Veranstalter inzwischen sein. Mehr als 30 000 sind es sicherlich, zu viele, um durch die Stadt zu ziehen.

Mit viel Applaus begrüßen die Aleviten Gregor Gysi, Fraktionsvorsitzender der Linken im Bundestag. „12 000 Verletzte und fünf Tote sind genug“, sagt er. „Wir müssen Erdogans Politik Grenzen setzen.“ Menschenrechte müssten für alle gelten. „Sonst sind sie keine.“ Auch der Bundestagsabgeordnete der Grünen, Volker Beck, hält eine kurze Ansprache.

Nach der Kundgebung zogen die Demonstranten in kleineren Gruppen durch die Stadt. Am Abend kamen sie zu einem Solidaritätskonzert auf dem Roncalliplatz wieder zusammen. Neben der türkischen Ska- und Reggaeband Bandista, treten auch Rolly Brings und die erfolgreiche Istanbuler Volksmusikgruppe „Kardes Türküler“ auf. Die Teilnehmer eines anderen Protestmarschs, die sich mit den Kritikern in Brasilien solidarisieren, und 150 linke Demonstranten, die nachmittags auf dem Rudolfplatz waren, wollten sich den Aleviten anschließen. 

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