Prozess zu „Supasalad“-MordAngeklagter bittet Familie von Anke S. um Entschuldigung

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Der Angeklagte (links) neben seinen Verteidigern.

  • Am Montagmorgen hat der Prozess um den jahrelang ungeklärten „Supasalad“-Mord begonnen.
  • Der Angeklagte Enes A. hat gestanden, Salatbar-Inhaberin Anke S. getötet zu haben.

Köln – Mit leicht gesenktem Kopf, die Hände im Schoß gefaltet, hat Enes A. zwischen seinen Verteidigern und dem Dolmetscher Platz genommen. Kurz nachdem die Fotografen und Kameramänner den Saal verlassen haben und noch bevor die Richter der 11. Großen Strafkammer den Raum betreten, kommen dem 36-Jährigen die Tränen.

Wenig später lässt er seinen Verteidiger eine Erklärung verlesen. Darin entschuldigt sich Enes A. „in aller Form“ bei der Familie von Anke S. Auch „für die langen Jahre der Ungewissheit“ – und auch wenn das, was geschehen sei, nicht rückgängig gemacht werden könne und eigentlich auch nicht entschuldbar sei, wie der Anwalt vorträgt.

Enes A. ist des Mordes aus Habgier angeklagt. An einem späten Sonntagabend im Juli 2007 soll er die damals 24 Jahre alte Besitzerin des Lokals „Supasalad“ in der Gertrudenstraße überfallen und erstochen haben aus Sorge, erwischt zu werden.

Ihre Leiche versteckte er in einem begehbaren Kühlschrank im hinteren Teil des Geschäfts. Er flüchtete mit zwei Taschen der jungen Unternehmerin, darin ihr Handy und etwa 20 Euro Bargeld.

Acht Jahre galt die Tat als eines der mysteriösesten Verbrechen in Köln – bis der 36-Jährige vorigen Herbst wegen einer anderen Tat in Hamburg verhaftet wurde und freiwillig eine Speichelprobe abgab, die ihn überführte. Denn am Tatort in der Gertrudenstraße hatte A. einen Zigarettenstummel zurückgelassen.

Während sein Verteidiger die kurze Erklärung vorliest, starrt Enes A. unentwegt auf den Boden vor seinen Füßen. Als die Richterin ihn nach seinen Personalien fragt, springt er nervös auf, um zu antworten. „Sie dürfen sitzen bleiben“, beruhigt ihn die Richterin.

Die Tat räume sein Mandant „an sich“ ein, sagt der Verteidiger. Eine ausführlichere Einlassung mit Hintergründen zum Geschehen wolle er aber erst am Donnerstag abgeben, kündigt der Anwalt an. Dafür bitte er um Verständnis. Es sei nicht despektierlich gemeint gegenüber der Familie von Anke S., habe aber „auch organisatorische Gründe“. Verteidigung und Angeklagter müssten sich am Mittwoch noch einmal zusammensetzen.

Das kurze Eingangs-Statement ist getragen von Reue und geprägt vom Versuch des Angeklagten, auf die Gefühle der Hinterbliebenen einzugehen. So erwarte sein Mandant nicht, dass die Familie des Opfers, die im Emsland lebt, die Entschuldigung annehme, sagt der Anwalt.

Ginge es nach Enes A., müsse auch der Bruder der Getöteten nicht als Zeuge vor Gericht erscheinen – es sei denn, die Familie wünsche das zur Verarbeitung. Der Bruder und Mitinhaber der Salatbar hatte die Leiche seiner Schwester am Morgen nach der Tat gefunden. Er erlitt einen Schock, wurde ins Krankenhaus gebracht. „Mein Mandant möchte keine Verteidigung, die das Leid der Familie noch weiter verstärkt“, betont der Anwalt.

Bruder des Opfers soll aussagen

Die Vorsitzende Richterin stellt aber gleich klar, dass die Kammer an der geplanten Aussage des Bruders festhalten will. Auch die ist für Donnerstag geplant, sie kann für das Gericht ein durchaus wichtiger Aspekt in der Gesamtwürdigung der Tat sein. Womöglich wird sie auch einen Einblick geben in die Qualen und die Trauer, die der Mord in die Familie von Anke S. gebracht hat.

In ihrer Anklageschrift lässt die Staatsanwaltschaft keinen Zweifel daran, dass Enes A. aus ihrer Sicht ein Mörder ist und eben kein Totschläger, was eine mildere Strafe zur Folge haben könnte. Oberstaatsanwalt Ulrich Bremer sieht das Mordmerkmal der Habgier als erfüllt an.

Enes A. habe das Geschäft an jenem Abend gegen 23 Uhr durch die offen stehende Eingangstür betreten. Zwar war die Salatbar da schon längst für Kunden geschlossen, aber Anke S. saß noch über der Warenbestellung für den nächsten Tag. A. habe Geld gefordert. Die 24-Jährige habe ihm das zugesagt, dann aber zu schreien begonnen. Daraufhin habe der Angeklagte ein Messer gezogen und elfmal zugestochen – in die Brust, in die Wange, in die Oberarme, in Knie und Hände, so der Staatsanwalt. Anke S. sei verblutet.

Für den Prozess sind acht Verhandlungstage angesetzt. Das Urteil wird am 8. September erwartet. Am heutigen Dienstag sagt unter anderem der Leiter der Mordkommission „MK Supa“ aus.

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