RegattaKölnerin Lina Rixgens segelt alleine über den Atlantik

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Einmal quer über das große Meer: Kölnerin Lina Rixgens fühlt sich auf See wie zu Hause.

Köln-Lindenthal – Den Atlantischen Ozean überquert hat Lina Rixgens schon einmal. Damals war sie erst 15, besuchte das Gymnasium Kreuzgasse und war im Rahmen des Projektes "High Seas High School" mit anderen Schülern für ein halbes Jahr auf einem großen Segelschiff unterwegs. Im Oktober macht sich die inzwischen 23-Jährige erneut auf die Reise - diesmal ganz alleine.

Die Junkersdorferin will als erste deutsche Frau die Mini-Transat bestehen, eine Transatlantik-Regatta von der französischen Westküste bis in die Karibik. Bisher haben es nur zwölf Deutsche geschafft, im Ziel der Regatta einzulaufen.

Die Mini-Transat gilt als die anspruchsvollste Hochsee-Regatta der Bootsklasse. Die Herausforderung liegt darin, mehrere Wochen ohne viel Technik an Bord auszukommen - es gibt kein Satellitentelefon, keine permanente Versorgung mit Wetterdaten, keine elektronische Kursberechnung.

Zurechtfinden muss Rixgens sich ganz klassisch mit einer Seekarte aus Papier, einem Sextanten, Zirkel und Lineal. Und das ist gar nicht so einfach. "Wenn kein Land mehr zu sehen ist, sieht da draußen alles gleich aus", sagt die Seglerin.

Unterstützt wird sie lediglich von einem Autopiloten. "Der ist wichtig, damit ich schlafen kann", erklärt sie. Maximal 20 Minuten am Stück kann der das Steuer übernehmen und sie sich hinlegen, dann klingelt der Wecker wieder. Ein sehr anstrengender Schlafrhythmus, den es mehrere Wochen durchzuhalten gilt.

Segel-Trainingsgruppe in Frankreich

Um sich optimal vorzubereiten, zog die Rheinländerin Anfang des Jahres ins französische La Rochelle und schloss sich dort einer Trainingsgruppe an. Beim Medizinstudium in Belgien hat sie für zwei Semester pausiert. Stattdessen absolvierte sie auf ihrem Boot "Mini Doc" möglichst viele Regatten, die ähnliche Bedingungen haben wie die Mini-Transat.

Doch nicht nur körperlich, auch mental ist eine solche Regatta eine echte Herausforderung. "Es kann ziemlich einsam sein und man ist komplett auf sich allein gestellt", sagt Rixgens, "und man kann ja nicht zwischendurch aussteigen, wenn es einem zu viel wird." Bei der Transat hilft es ihr zu wissen, dass noch 80 weitere Segler unterwegs sind. Außerdem gleichen viele schöne Momente die Einsamkeit wieder aus: Etwa der Sonnenuntergang auf See, Delfine im offenen Meer zu sehen oder sich einfach von den Wellen treiben zu lassen.

"Das ist für mich ein Gefühl von Freiheit", sagt sie. Ihre Leidenschaft fürs Segeln hatte Rixgens schon im Alter von sieben Jahren auf dem Liblarer See nahe Köln entdeckt. Bald verbrachte sie die meisten Wochenenden auf dem Wasser, war im Jugend-Kader und segelte bei Europa- und Weltmeisterschaften mit. Um sich den Traum von der Solo-Regatta zu ermöglichen, hat sie zwei Jahre lang nach Sponsoren gesucht, die sie bei der Finanzierung unterstützen.

Die Anstrengung hat sich gelohnt: Von Anfang Oktober bis Mitte November wird sie jetzt auf dem Atlantischen Ozean unterwegs sein. Dass alles klappt und sie es bis ins Ziel schafft, dafür drücken ihr nicht nur Freunde und die Familie die Daumen. Eine ganze Schulklasse - die 6c an ihrer alten Schule, dem Gymnasium Kreuzgasse - unterstützt sie als Patenklasse.

Zwei Jahre Vorbereitung auf den Segeltrip

Lehrerin Sandra Abbas kennt Lina Rixgens von früher und ist begeistert von dem Projekt: "Sie geht ihren ganz eigenen Weg und ist damit ein tolles Vorbild für meine Klasse." Die Schüler werden Rixgens' Position täglich per GPS-Tracker verfolgen - wenn alles gutgeht, bis zum Zieleinlauf auf der Insel Martinique.

Nicht jeder darf teilnehmen

Die Mini-Transat ist eine sogenannte Einhand-Regatta, die seit 1977 regelmäßig alle zwei Jahre stattfindet. Sie startet an der französischen Westküste in La Rochelle und führt in diesem Jahr über Gran Canaria bis zur Karibikinsel Martinique. Rund 80 Segler aus allen Teilen der Welt gehen an den Start und wollen die 4000 Seemeilen lange Strecke in einen Zeitraum von etwas mehr als vier Wochen zurücklegen. Gesegelt wird auf Booten der Klasse Mini 650, die lediglich 6,50 Meter lang und nur 3 Meter breit sind.

Teilnehmen darf nicht jeder: Die Schiffs-Skipper müssen sich für die Regatta qualifizieren. Teilnehmen und am 1. Oktober bei der Mini-Transat starten dürfen nur diejenigen, die zuvor 1000 Seemeilen in bestimmten Regatten und weitere 1000 Seemeilen auf eigene Faust gesegelt sind. Erst 14 deutsche Segler haben in der Vergangenheit daran teilgenommen, zwölf von ihnen kamen im Ziel an. Die einzige Frau darunter startete vor rund 30 Jahren. Sie musste jedoch aufgeben und erreichte das Ziel nicht.

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