Reise durch AmerikaKölner reiste auf der Vespa bis Feuerland

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Alexander Eischeids schwer bepackte Vespa vor der berühmten Kirche Las Lajas im Süden Kolumbiens

Alexander Eischeids schwer bepackte Vespa vor der berühmten Kirche Las Lajas im Süden Kolumbiens

Im Süden Guatemalas, um den Lago de Atitlán, stürzte Alexander Eischeid auf einer sandigen Spur von seiner Vespa. Plötzlich kamen mehrere Banditen aus dem Gebüsch, bedrohten den Kölner mit Pistolen und raubten ihn aus. Dennoch betont der 37-Jährige, die Guatemalteken gehörten zu den friedlichsten und gastfreundlichsten Menschen, die er auf seiner Reise kennengelernt habe. Selbst die Räuber hätten ihm auf Nachfrage die Speicherkarte seiner Kamera, die einen emotionalen Wert für ihn habe, zurückgegeben.

Eischeid – Atze wie ihn seine Freunde nennen – ist auf seinem Motorroller 22 Monate lang durch 19 Länder gereist. Insgesamt legte er eine Strecke von rund 70000 Kilometer auf seinem Zweirad zurück. Über die USA, Kanada und Mexiko fuhr er quer durch Mittelamerika, ließ sich in Panama auf einem Segelboot über das San Blas Archipel durch die Karibik nach Kolumbien schiffen. Flog von Ecuador aus auf die Galapagosinseln und besuchte mit seiner Vespa die alte Inka-Stadt Machu Picchu in Peru, den Titicacasee, den riesigen Salzsee Salar de Uyuni in Bolivien. Über Chile und Nordargentinien kam er nach Paraguay, Brasilen und schließlich nach Feuerland.

Abschied mit Tränen

Finanziert hat sich der Handwerker durch Erspartes. Aber auch Handarbeit während der Reise. In Panama lernte er eine deutsche Auswandererfamilie kennen, in dessen Haus und Segelboot er Tischlerarbeiten durchführte. Dafür erhielt er kostenlos Unterkunft und reiste mit auf ihrem Boot nach Kolumbien. Im Schnitt gab er 600 bis 800 US-Dollar im Monat aus – das meiste für Benzin. Er campte häufig auf Privatgrundstücken, manchmal wurde er sogar bei den Familien eingeladen zu übernachten. Durch seinen Blog, den Eischeid während seiner Reise schrieb, erhielt er Spenden von begeisterten Lesern.

Die Liebe zum Reisen hat Eischeid mit in die Wiege gelegt bekommen. Seinen ersten Geburtstag feierte er im Wohnmobil seiner Eltern. Die Faszination für die kleine Vespa hat er vor 17 Jahren entwickelt. 1998 kaufte der gelernte Tischler seinen ersten Roller. 2006 machte er sich mit seinem Ersparten auf Weltreise, bei der er seine Leidenschaft zu Lateinamerika entdeckte. Danach entstand die Idee zur „Vesparicana“ – die Vereinigung seiner Leidenschaften, das Vespa fahren und Lateinamerika.

Fünf Jahre lang arbeitete Eischeid hart und lebte bescheiden. Er verkaufte sein Auto, hatte zwischenzeitlich keine eigene Wohnung, um seinen Traum zu verwirklichen. Von sich selbst sagt Eischeid, er sei ein knallharter Träumer, der aber konsequent an der Verwirklichung des Erträumten arbeitet. Das weiß auch seine Freundin Ulrike. Obwohl es Tränen gab, half sie ihm bei den Vorbereitungen zur großen Reise. Er kaufte eine gebrauchte Vespa, eine ursprünglich für die spanische Post gebaute – die Aufschrift „Correos“ (Post) beließ er auf der gelben Maschine. Mithilfe eines Mechanikers setzte er den Roller instand. Eischeid brachte zusätzliche Gepäckträger an, montierte das Windschild mit zwei Seitenspiegel an und baute ein von Hand einstellbares Federbein hinten ein.

Vespa vom Zoll beschlagnahmt

Im Sommer 2013 flog er dann mit seiner Vespa nach Nordamerika. Im Gepäck neben Zelt, Schlafsack und Wasserkanister als Glücksbringer einen Kölner Dom in Miniaturformat. Erster Halt war Vancouver – allerdings hier noch per Flugzeug. Probleme gab es gleich zu Beginn: Seine Maschine wurde vom Zoll beschlagnahmt, weil Eischeids Familie – ohne sein Wissen – dem Reisenden Fleisch und Bier in die Vespa-Kiste gelegt hatten. Die kanadischen Behörden waren über den Nahrungsimport nicht erfreut. Mit Geduld und Bußgeld bekam der Kölner sein Gefährt schließlich zurück.

Auf seiner Tour ist er vielen hilfsbereiten Menschen begegnet. „Die Leute wollten Teil meiner Reise sein, und sie sind es auch geworden“, sagt Eischeid. Mittellose Peruaner haben bei Reparaturen geholfen, ein Mexikaner teilte mit ihm seinen letzten Essenvorrat, einen selbst gefangenen Fisch, andere Vespa-Fahrer begleiteten ihn auf gefährlichen Strecken. Eischeid überquerte 5000 Meter hohe Pässe in den Anden, quälte sich über eine sandige Lagunenroute nach Chile. Er hat dabei acht Kolben verbraucht, drei Bremstrommeln und zwei Auspuffe. Eischeid erlebte mehrere Stürze, kämpfte einmal sogar mit einem Grizzly-Bären – zumindest um den Schlaf. Vorab hatte sich Eischeid bei ansässigen Rangern erkundigt, wie er sich zu verhalten habe, wenn er Bären antreffe. Mit Pfefferspray und lauter Hupe zur Abschreckung war er gewappnet und konnte dennoch die ersten drei Nächte kein Auge zumachen vor Angst. Bei jedem kleinsten Geräusch habe er befürchtet, einen Grizzly vor dem Zelt stehen zu haben.

Zurückgekommen ist er mit einem Frachtschiff, dass in Uruguay ablegte. Kaum in Köln, stieg der Tischler direkt wieder ins Berufsleben ein. Als Subunternehmer beschäftigt er sich mit dem Innenausbau von Booten und Großtransportern. Privat gibt es auch schon neue Reisepläne. Eischeid möchte mit seiner Freundin Ulrike eine Weltreise machen. Diesmal mit einem selbst gebauten Auto.

www.vesparicana.jimdo.com

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