„Appartment Plus“Neue Wohnungen für Obdachlose

Lesezeit 3 Minuten
Das neue Haus schließt eine Baulücke zwischen Goltsteinstraße und Koblenzer Straße.

Das neue Haus schließt eine Baulücke zwischen Goltsteinstraße und Koblenzer Straße.

Bayenthal – „Boarding Home für Obdachlose“ stand bis vor kurzem auf dem Baustellenschild vor dem Rohbau am nördlichen Ende der Goltsteinstraße. Statt das Vorhaben zu erläutern, sorgte der Begriff jedoch für ein wenig Verwirrung. „Die Bezeichnung ist schlecht gewählt“, gibt Marc Ruda zu. Der Kreisgeschäftsführer des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) betreut das Projekt. In einer Baulücke zwischen Goltsteinstraße und Koblenzer Straße lässt das DRK ein fünfgeschossiges Haus mit 16 Appartments errichten: „Appartment Plus“ lautet der Name, der für das Projekt inzwischen gefunden wurde.

„Normaler Wohnraum“ für Menschen, die auf dem regulären Wohnungsmarkt keine Chance haben, soll hier entstehen. Mitarbeiter des DRK werden im geplanten Begegnungsraum im Erdgeschoss eine Anlaufstelle für die Bewohner betreiben, die allerdings so selbstständig wie möglich leben. Seit Jahren sei das DRK mit diesem Anliegen unterwegs. „Wir sind froh, dass wir das Grundstück von der Stadt kaufen konnten“, sagt Ruda. Das neuartige Angebot baut auf dem Modell „Hotel Plus“ auf, das Unterbringung und Betreuung verbindet.

Gut gewählter Standort

Nach Schätzungen des Sozialamtes gibt es 1300 Kölner, die keinen festen Wohnsitz haben und aufgrund „besonderer Schwierigkeiten“ keine Wohnung finden.

Die Stadt ist verpflichtet, Unterkünfte anzubieten. Die Fachstelle Wohnen vermittelt Plätze in Hotels und Notunterkünften.

Das knappe Angebot auf dem Wohnungsmarkt treffe Wohnungslose besonders hart, sagt Jutta Eggeling, Leiterin der Begegnungsstätte Vringstreff in der Südstadt. „Wohnungslose konkurrieren mit Studenten, Lehrlingen und Geringverdienern um günstige Wohnungen“, sagt sie, „und werden dabei ganz nach hinten verdrängt“. In den vergangenen zwei Jahren habe sich die schwierige Situation weiter zugespitzt. (phh)

Bezirkvertreterin Friederike Haniel (CDU) hatte im Dezember eine Anfrage an die Verwaltung gerichtet, um zu erfahren, was auf dem Gelände geplant ist. „Viele Anwohner wussten einfach nicht, was da hinkommt“, sagt Haniel. Sie freut sich, dass die Lücke zwischen Goltsteinstraße und Koblenzer Straße endlich bebaut wird: „Das war eine unschöne und vernachlässigte Fläche.“ Auch „aus Sicht des Roten Kreuzes“ sei der Standort – mit öffentlichen Verkehrsmitteln gut angebunden und in einem „bürgerlichen Viertel“ gelegen – gut gewählt. Große Probleme erwarte sie nicht. Bayenthal könne das gut verkraften, so Haniel. Hartmut Hammer vom Bürgerverein Bayenthal-Marienburg befürwortet das Projekt ebenfalls: „Man kann die Leute nicht aus der Gesellschaft ausschließen.“ Wie bei jedem anderen Bauvorhaben sei die Belastung für die Anwohner aber so gering wie möglich zu halten, meint Hammer. „Wir brauchen diese Apartments für Menschen mit besonderen Schwierigkeiten“, erläutert Ulla Schmalz, Leiterin der Abteilung Psychiatrie beim DRK.

Wohnungslosigkeit sei oft verbunden mit psychischen Erkrankungen. Menschen mit Depressionen, sehr vereinsamte und isolierte Menschen, die manchmal „ein etwas merkwürdiges Verhalten“ an den Tag legen, hätten es besonders schwer auf dem freien Wohnungsmarkt, so Schmalz. „Die Menschen, die wir für die neuen Appartments im Blick haben, sind aber in stabiler Verfassung, da merkt man keinen Unterschied.“

Leidensspirale durchbrechen

Schmalz verspricht sich vom Neubau ordentliche, schöne Wohnungen. Wer einige Zeit wohnungslos war, finde meist keine Wohnung, weil Schufa-Einträge oder schlicht verschlissene Kleidung die Chancen bei der Suche zunichte machten. „Irgendwann ist uns der Kragen geplatzt“, erzählt Schmalz, „und wir haben beschlossen, selber zu bauen.“ Um die Spirale von Obdachlosigkeit, Vereinsamung und seelischen Leiden zu durchbrechen, seien die Plätze in den von der Stadt angemieteten Hotelzimmern nicht ideal, meint Schmalz. Das DRK schließt mit den Bewohnern des neuen Hauses ganz normale Standardmietverträge. „Wir sprechen hier nicht von irgendeiner Einrichtung. Wir schaffen Wohnraum“, betont Geschäftsführer Marc Ruda. In diesen Wochen wollen die DRK-Mitarbeiter eine erste Begehung des Hauses durchführen.

KStA abonnieren