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Mannsfelder Straße in Raderberg78 Wohnungen müssen neuem Gebäudeensemble weichen

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2020 sollen die ersten Häuser in der Mannsfelder Straße abgerissen werden.

2020 sollen die ersten Häuser in der Mannsfelder Straße abgerissen werden.

Raderberg – Nachbarschaftlich gemütlich, fast familiär geht es vormittags auf der Mannsfelder Straße im Norden von Raderberg zu. Leni Wilke plaudert mit ihren Nachbarinnen. Es geht um Frisuren, Hunde, Familie und Klamotten. Doch nicht immer sind die Gespräche zwischen den langen Häuserreihen so unbeschwert. Für großes Entsetzen hatte vor zwei Jahren eine Ankündigung der Genossenschaft Grundstein gesorgt.

Sie stellte die Zukunft ihrer Häuser auf der Nordseite – Baujahr 1921 bis 1923 – zur Debatte. Man denke über eine Sanierung oder einen Abbruch nach, so die Ansage damals. „Hier wohnen so viele Ältere“, sagt Wilke, selber 72 Jahre alt. „Ich habe mich anfangs sehr aufgeregt. Wer zieht schon gerne um in dem Alter?“ Und schnell stellte sich heraus, dass sich eine Sanierung nicht rechnet. 78 Wohnungen sind betroffen.

Nun gibt es einen Entwurf für einen Neubau mit 95 Wohnungen auf vier Geschossen. Eine Jury hat ihn im April ausgewählt. Ihr gehörten Stadtplaner, Vertreter der Stadtverwaltung, der Genossenschaft und Politiker an. Preisgünstig, vernünftige Qualität und eine verträgliche Verdichtung des Viertels – so das Urteil. Für Letzteres hatten sich die Politiker im Bezirk ausgesprochen. Ein Nachbarschaftscafé im Erdgeschoss gehört zum geplanten Ensemble, ebenso ein kleiner Platz. Eine Kastanie wird integriert. Das Eckhaus an der Einmündung zur Kreuznacher Straße bleibt erhalten und wird saniert. 30 Wohnungen werden mit öffentlicher Hilfe finanziert und als Sozialwohnungen vermietet. Aufzüge, Balkone, seniorengerechte Wohnungen und Gemeinschaftsgärten gehören zur Ausstattung. 16 Millionen Euro soll das Vorhaben kosten.

Die Pläne des Kasseler Architekturbüros Baufrösche wurden den Mietern, die gleichzeitig Mitglieder der Genossenschaft sind, bereits vorgestellt. „Ich bin sehr froh, dass wir endlich etwas Konkretes anbieten können“, sagt Joseph Bündgens vom Vorstand. Er verteidigt das Vorgehen. Ein „möglichst breiter Konsens“ sei das Ziel gewesen.

Doch die Entwicklung des Kölner Wohnungsmarktes bestimmte zunächst den Ton der scharfen Auseinandersetzung. Viele fürchteten, ihr angestammtes Viertel verlassen zu müssen. Es gibt Mieter, die in den Häusern geboren sind, sagt Thomas Wollmann, Sprecher einer Mieterinitiative. Die Interessengruppe wurde als Reaktion auf die Ankündigung vor zwei Jahren gegründet. „Für viele geht damit ein Stück ihrer Kindheit verloren“, sagt er. Die Bemühungen des Vorstands in der Zwischenzeit fänden aber die volle Anerkennung der Mieter.

„Wir haben den Zeitdruck rausgenommen“, sagt Bündgens. Allen sei garantiert worden, dass sie bis zum 31. Dezember 2019 in ihren Wohnungen bleiben können. Erst dann sollen die Häuser in zwei Abschnitten abgebrochen werden. Jeder Mieter habe zudem die schriftliche Zusage, in eine der neuen Wohnungen zurückziehen zu können – zu vergünstigten Mieten. Sie wird mit voraussichtlich acht Euro immer noch deutlich über dem liegen, was die Mieter der rund 1000 Wohnungen der Genossenschaft heute durchschnittlich zahlen: 5,40 Euro. Auch Umzugsbeihilfen sollen die Kosten für die Mieter begrenzen.

2022 könnten die neuen Gebäude fertig sein. Mieterin Leni Wilke sieht das Ganze inzwischen mit etwas mehr Ruhe. Das liege vor allem daran, dass sie wohl direkt aus ihrer alten Wohnung in eine neue „rüberrutschen“ könne. Sie wohnt nämlich in dem Abschnitt der Häuserzeile, der erst abgerissen wird, wenn ein Neubau den anderen Teil ersetzt hat. Für diejenigen, die im zuerst betroffenen Abschnitt wohnen, sei die Situation sicher schwerer. Wilke will sich nun die Pläne genau anschauen und im Büro der Genossenschaft noch ein paar Fragen los werden. „Ich habe da noch nicht richtig durchgeblickt“, sagt sie. Sie interessiert sich für die seniorengerechten Wohnungen. Wenn der Neubau fertig ist, wird sie 78 Jahre alt sein.

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