Ratten am ChlodwigplatzAnwohner im Kölner Süden sauer über öffentliche Müllberge

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Müll auf dem Platz vor der Fahrradbox am Bahnhof Rodenkirchen.

Müll auf dem Platz vor der Fahrradbox am Bahnhof Rodenkirchen.

Rodenkirchen – Hingeworfene Plastiktüten, vergammeltes Verpackungsmaterial mit und ohne Essensresten, überquellende Mülleimer – das ist gefundenes Fressen für Ratten.

Wenn es dunkel wird, schlüpfen sie aus Gebüsch und Gemäuer, tauchen aus den Kanälen auf, treiben sich herum und finden oft reich gedeckten Tisch.

Horst Ahlers hat sie neulich auf dem Chlodwigplatz gesehen und der „Kölner Stadt-Anzeiger“ hat darüber berichtet. Seitdem haben sich auch Bürger aus dem Kölner Süden gemeldet und ihren Unmut geäußert über zu viel öffentlichen Müll und über „Rattus Norvegicus“, die Wanderratte, die auch mitten in Rodenkirchen gesichtet wird.

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In einer Wohnstraße krochen die pelzigen Säugetiere nach starkem Regen aus dem Gully und tummelten sich dreist auf dem Bürgersteig. So hat es die Anwohnerin Marita Beutel in einem Leserbrief geschrieben.

Ratten kommen auch am Sürther Bahnhof aus der Hecke, wenn die alte Frau mit den silbernen Haaren in aller Früh wieder einmal Brotreste für die Tauben verstreut hat, wie Bahnfahrer oftmals beobachten. Und sie huschen über die Straße am „Feldrain“ hinüber ins Sürther Feld und verursachen ein Schaudern bei dem, der sie zufällig sieht.

„Im Dunkeln gehe ich schon nicht mehr raus“, sagt die 65-jährige Viktoria Große, die in der Nähe des Forstbotanischen Gartens an der Schillingsrotter Straße wohnt. Wirklich schlimm sehe es dort an der Straße manchmal aus oder auch am nahen P&R-Platz der KVB.

Beschwerde erfolglos hängengeblieben

Benutzte Einmalwindeln lägen dort im Gebüsch und sonst noch allerhand dreckiges Zeug. Viel Müll sehe sie auf dem Vorplatz eines Supermarktes oder auf dem Maternusplatz. Zurzeit sei es zwar vergleichsweise sauber in Rodenkirchen. „Wahrscheinlich wurde wegen des verkaufsoffenen Sonntags extra gereinigt“, vermutet sie.

Aber noch in der vergangenen Woche drehte sich ihr am Nibelungenweg der Magen um: „Mindestens 30 volle Hundekottüten lagen in der Früh verteilt auf der Straße, die dann am Nachmittag platt waren“, sagt sie. Beim Bezirksamt sei ihre Beschwerde erfolglos in der Warteschleife hängengeblieben. Es sei kein Wunder, wenn Ratten angelockt würden.

Kita flüchtete vom Müll am Kölnberg

In Meschenich ist vor geraumer Zeit die Kita vom Kölnberg weggezogen – wegen der vielen Ratten und des Mülls, der von den Hochhäusern ins Kindergartengelände geworfen wurde.

Martin Möller fährt täglich mit dem Fahrrad auf der Alten Brühler Straße an der Hochhaussiedlung vorbei. Vor allem totgefahrene Nager sehe er dort häufig, und er ärgere sich besonders über einen unappetitlichen Müllhaufen am Rande eines Feldes.

Bauschutt, alte Reifen, Plastikverpackungen liegen dort. „Der Haufen wird einfach nicht weg geräumt“, kritisiert Martin Möller, obwohl er sich seit drei Wochen dafür einsetze. Beim Ordnungs- und Gesundheitsamt, bei der AWB habe er angerufen.

Das Problem sei, so habe man es ihm erklärt, dass der Haufen auf einem privaten Grundstück lagere. Insofern sei der Eigentümer fürs Entfernen zuständig. Der weiß offensichtlich nichts von dem Problem.

Rodenkirchen für die AWB „unproblematisch"

Der AWB-Sprecher Wilfried Berf erklärt, dass die Abfallwirtschaftsbetriebe private Grundstücke grundsätzlich nicht aufräumen. Das könne und dürfe mit öffentlichen Mitteln nicht finanziert werden.

Den besagten Haufen kenne er nicht. Dennoch werde er einen Mitarbeiter rausschicken, versprach er. Der solle kontrollieren, ob der Abfall am Straßenrand liegt oder auf Privatgrund – wobei das manchmal  Ermessenssache ist.

Insgesamt ist Rodenkirchen für die AWB „einer der am wenigsten problematischen Bezirke in Köln“, betont Wilfried Berf. Von der Qualität und Sauberkeit schneide der Bezirk gut ab. „Da gibt es ganz andere Fälle“, sagt er.

Anwohner beschweren sich seit Jahren

Dennoch nennt auch er zwei Brennpunkte, wo besonders intensiv, also mehrmals in der Woche gereinigt und Müll gesammelt wird. Das ist zum einen der Kölnberg, zum anderen das Rodenkirchener Rheinufer im Sommer.

Anwohner der Uferstraße beschweren sich seit Jahren über das unverschämte Verhalten zumeist jugendlicher Mitbürger, die am Rheinufer ihre Partys feiern.

Nach lauen Nächten seien die Rheinpromenade und der Strand regelmäßig vermüllt, lauten die Vorwürfe. Leere Dosen, zerbrochene Flaschen, Kippen, Plastik, verschmutztes Papier und Grillreste seien die ekligen Hinterlassenschaften.

„Wir haben ständig Sorge, dass wir auf Scherben treten“, sagen zwei Anwohnerinnen, die oft sehr früh am Rheinufer joggen – noch bevor die AWB den größten Dreck wegräumt.

„Picknick-Reinigung" an Wochenenden

Zusätzliche Mülleimer wurden deshalb am Rheinufer aufgestellt, und bei Bedarf führt die AWB eine extra „Picknick-Reinigung“ an Wochenenden durch. Doch manchmal ist selbst das noch zu wenig.

Wenn es nun wieder kühler wird, nimmt auch der Grad der Vermüllung ab. Ob die AWB-Mitarbeiter schon viele Ratten am Rheinufer gesehen haben? – „Das ist nicht unser Thema“, sagt der AWB-Sprecher, wenngleich er weiß, dass verschmutzte Flächen die Nager anziehen.

Alle zwei Monate wirft eine Ratte übrigens bis zu sieben Junge. Experten schätzen, dass in einer Stadt mindestens so viele Ratten wie Menschen leben.

Anpassungsfähiger Krankheitsüberträger

Wanderratten sind kräftig gebaute Tiere mit stumpfer Schnauze und dickem Schwanz. Das Fell ist graubraun bis braunschwarz. Sie sind dämmerungs- und nachtaktiv. Ratten schwimmen, tauchen und klettern gut.  Die Reproduktionsrate ist hoch.

Probleme entstehen durch Fraß an Nahrungsmitteln, durch Verschmutzung mit Kot und Urin und  Verschleppung von Keimen. Die Wanderratte ist Wirt des Rattenflohs, dem die Übertragung der Pest zugeschrieben wurde.

Die kleinere Haus- oder Schiffsratte gilt in NRW als ausgestorben. Sie wird europaweit von der stärkeren Wanderratte verdrängt.

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