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Reizvoller als RioMit Olympiasieger Julius Brink durch Köln-Rodenkirchen

Lesezeit 6 Minuten
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Der Beachvolleyball-Olympiasieger Julius Brink.

Rodenkirchen  – Rehkeule? Kann er nicht. Die hat Julius Brink noch nie geschmort, gibt der Beachvolleyball-Olympiasieger von London 2012 zu, als er im Delikatessen-Fachgeschäft von Johannes Wagner an der Hauptstraße in Rodenkirchen steht.

„Versuch’s doch einfach mal, Du probierst doch auch sonst gern Neues aus“, kitzelt Wagner den Ehrgeiz seines Kunden. Und das wirkt. „Wie geht das denn?“, hakt Brink gleich nach. Er überlegt, was er abends für seine Frau und sich zubereiten soll. Warum mal nicht mit etwas Neuem überraschen? Ochsenbäckchen und Pulled Beef hat er auch schon hinbekommen.

Wagner schlägt ihm die Nuss vom Reh aus eigener Jagd im Ahrtal vor, „das Fleisch lässt du 40 Minuten im Bräter garen, ein paar Zwiebelchen dran, Lauch dazu und einen Schuss Rotwein – aber vom guten, hörst du?“ Brink nickt. „Dann holst du’s aus dem Ofen, lässt es fünf Minuten in Alu ruhen und hast das Fleisch perfekt.“

Der Traum vom Eigenheim

Seit zwei Jahren ist Brink Stammkunde bei Wagner, da ist der frühere Hochleistungssportler mit seiner Frau Verena nach Rodenkirchen gezogen. Vorher haben sie in Braunsfeld gelebt.

Im Kölner Süden konnten sie den Traum vom Eigenheim verwirklichen, Verena ist Architektin, hatte beim Umbau das Sagen. „Das ist auch so, wenn wir zusammen im Baumarkt sind“, erzählt Brink und haut sich schmunzelnd selbst in die Pfanne: „Ich frage nach irgendwelchen Materialien oder Werkzeugen, beschreibe das umständlich. Sie hört sich das eine Weile an, schreitet aber irgendwann ein, sagt, was ich eigentlich will; und der Verkäufer ist erleichtert.“

Unkompliziert wirkt Brink, wie er da die Treppen am Fuße der Rodenkirchener Brücke zum Rheinufer hinunterläuft, sich für den Fotografen immer wieder umdreht, professionell lächelt, auch für die Spaziergänger, die sich das Spektakel anschauen. Wie er beim Bummel zu den Verkäufern hineinwinkt ins Ladenlokal von La Estancia. Das ist der argentinische Fleischimporteur an der Hauptstraße („das Black Angus – da sag ich nur: hmm!“).

Tische signieren im Sommershof 

Authentisch kommt auch seine Überraschung herüber, als Laleh Bavil ihn im Bistro Le Quartier im Sommershof erkennt und ihn bittet, einen der Tische im Geschäft zu signieren. „Wie? Ich soll auf einen Tisch schreiben“, fragt Brink. „Ja, bitte“, ermuntert sie ihn und zückt einen schwarzen Edding. „Auf welchen denn?“, will Brink wissen. Bavil deutet auf einen am Fenster. „Und dann mitten drauf?“ Sie nickt. Er schreibt, der Stift quietscht übers Holz.

Lieblingssaft: eine sonnenaufgangsorange Mischung

Gemeinsam posieren sie noch für ein Selfie. „Danke“, freut sich Bavil, die das Bistro mit ihrem Mann Parvazi führt. Ob sie Beachvolleyball-Fan ist? „Nein“, gesteht sie, „Julius war mal Gast bei uns, da hat mein Mann mir gesagt, wer das ist. Dann hab ich ihn gegoogelt – und fand das ziemlich cool.“ Sagt’s, läuft zum Saftautomaten und besorgt Brink seinen Lieblingssaft: eine sonnenaufgangsorange-rote Mischung aus Apfel, Granatapfel, Möhre und Orange. „Den hole ich mir schon mal gerne auf die Hand, wenn ich am Rheinufer spazieren gehe“, berichtet der Ausnahmesportler.

Durchs Schaufenster ist zu sehen, wie nebenan bei Bischoff, dem Fachhändler für „Bad, Bett und Tisch“, die Kunden den Angebotsständer für die Bademäntel durchstöbern. „Der Saft“, bleibt Brink beim Thema, „ist so lecker, den mag schon unser 14 Monate alter Sohn.“

Mit dem im Kinderwagen am Rheinufer 

Den Kleinen schiebt er gern im Kinderwagen am Rheinufer entlang. Dorthin führt ihn sein Weg – inklusive Saft oder Espresso im Bistro – meist ganz automatisch. „Das ist etwas, was wir in Braunsfeld vermisst haben“, erzählt er, als er aufs Rheinufer deutet, „da haben wir zwar in Köln gelebt, aber vom Rhein hast du nichts mitbekommen. Hier erleben wir ihn aber täglich, wenn wir wollen“.

Und dann gibt es ein besonderes Kompliment für den Fluss. „Ich hab ja beruflich schon so einige Strände erlebt“, sagt Brink. Ob die Copacabana in Rio, den Brandenburger Strand in Westerland auf Sylt oder Miami Beach, er kennt sie alle. „Aber hier“, beschreibt er die Besonderheit des Rhein-Strands, „kannst du die Jahreszeiten verfolgen, den Wasserstand beobachten. Das hat einen ganz eigenen Reiz.“

Erster europäischer Olympiasieger im Beachvolleyball 

Der Frachter Wielingen stampft hinter Brinks Rücken stromaufwärts vorbei, macht die Szene noch ein bisschen rheintypischer. Ein Frachtschiff namens Marieke ist deutlich weniger angestrengt unterwegs. Ihr Weg führt stromabwärts, sie gleitet mit dem Strom dahin, muss nicht gegen seine Wucht kämpfen. Ein paar Möwen kreischen, das Wasser schwappt auf die Kiesel am Ufer, der Wind pfeift um die Boje, an der Brink entspannt fürs Foto posiert – nur bitte mit dem Wind aufpassen, damit die Haare nicht ins Gesicht fliegen.

Auf solche Dinge achtet der Mann. Julius Brink studiert Sportbusiness-Management in Düsseldorf. Sein besonderes Interesse gilt dem sogenannten Event-Bereich, mit sportlichen Erlebnissen kennt er sich durch seine frühere Aktivität natürlich aus. Als erster Europäer hat er mit seinem Doppel-Partner Jonas Reckermann den Olympiasieg im Beachvolleyball errungen und ebenso den Weltmeistertitel. Ganz zu schweigen von den drei Goldmedaillen bei Europa- und den fünfen bei Deutschen Meisterschaften.

„Bio erleben, Bio genießen“ am Maternusplatz

Dabei hatten sie ihn beim Mutter-Kind-Turnen von Bayer Leverkusen zunächst rausgeworfen. „Ich war zu hibbelig und hatte kein Ballgefühl, hat man meinen Eltern damals gesagt“, erzählt Brink. „Die Hand-Auge-Koordination hat irgendwie nicht gepasst.“ Was ihn nicht daran gehindert hat, im Alter von sechs Jahren mit den Bayer-Minis schon Deutscher Meister im Volleyball zu werden. Der Beachvolleyballer probiert auch andere Sportarten, hat schon am RTL-Promi-Tanzen „Let’s Dance“ teilgenommen. Und für den öffentlichen Küchendienst ist er gleichfalls zu haben, war beim Vox-Promi-Kochen „Grill den Henssler“ dabei.

Ein solcher Erfolg war bis dahin keinem Europäer vergönnt: Julius Brink holte mit seinem Doppelpartner Jonas Reckermann 2012 in London den Titel des Olympiasiegers im Beachvolleyball . Brink errang insgesamt drei WM-Medaillen.

Geboren wurde er in Münster, aufgewachsen ist er in Leverkusen. Brink studiert Sportbusiness-Management und hat wechselnde Medienjobs. Er lebt mit Frau und Sohn in Köln.

Während er weiterbummelt, berichtet er über seinen Einsatz für die ARD. Während der olympischen Spiele in Rio hat er die Rubrik „BRINKst du’s?“ gestaltet, Sportler getroffen, sie interviewt, Spielchen mit ihnen gespielt. Hockey-Olympiasieger Moritz Fürste hat Brink etwa zum Eierlaufen am Strand von Rio herausgefordert. „Es war spannend, Olympia mal aus dieser anderen Perspektive zu erleben“, sagt Brink und klingt nachdenklich dabei. „Mit etwas Abstand merkst du erst: Das ist ein Turnier wie jedes andere auch. Da sind dieselben Gegner, dein Sport ist natürlich derselbe. Nur der Hype ist ein ganz anderer – und dem erliegen viele. Mit dem Druck kommen sie nicht klar.“ Was Brink im Wettstreit gegen Fürste in Rio auf alle Fälle nicht passiert ist: Der Kölner besiegt den Hamburger klar mit 2:0 im Eierlaufen.

Und überhaupt: Es ist schwer vorstellbar, dass Brink irgendetwas aus der Ruhe bringen könnte. Er strahlt Gelassenheit aus, ist stets freundlich, höflich, lustig dabei, scherzt auch mit den Verkäufern am Marktstand des Bornheimer Biohofs Bursch. „Die sind donnerstags hier auf dem Maternusplatz“, sagt Brink. „Und die haben immer tolle Produkte dabei.“

Sven Körner vom Biohof lächelt, als er das hört. „Bio erleben, Bio genießen“ ist das Motto des Hofs, dessen Mitarbeiter Obst und Gemüse nach Demeter-Kriterien ökologisch produzieren. Brink verkaufen sie diesmal Zwiebeln und Lauch. Die braucht er ja noch, um am Abend die Nuss aus der Rehkeule zuzubereiten.

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