Stadt sucht Immobilien-ChefKeiner will den Wohnungsbau in Köln leiten

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7000 neue Wohnungen bräuchte die Stadt jedes Jahr.

7000 neue Wohnungen bräuchte die Stadt jedes Jahr.

Köln – Der Druck auf dem Kölner Wohnungsmarkt ist immens. Theoretisch müssten jedes Jahr 7000 neue Wohnungen gebaut werden, um den Bedarf der Interessenten zu erfüllen – doch dieses Ziel wird regelmäßig deutlich verfehlt.

Um die Abläufe innerhalb der Stadtverwaltung zu verbessern, wollen Oberbürgermeisterin Henriette Reker und Baudezernent Franz-Josef Höing eine neue Wohnungsbauleitstelle einrichten. Mit diesem Instrument sollen unter anderem die Genehmigungsverfahren und die Vergabe von städtischen Grundstücken beschleunigt werden. Doch trotz der spürbaren Dringlichkeit geht es nicht voran. Nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ gibt es erhebliche Probleme, einen Chef für die Leitstelle zu finden.

Stelle seit einem Jahr unbesetzt

Die Stadt hat die Stelle, dotiert mit der Besoldungsgruppe A16 (je nach Erfahrungsstufe zwischen 5200 und 6600 Euro pro Monat), bereits im Februar 2016 öffentlich ausgeschrieben – bislang ohne Erfolg. Dabei sollten die Bewerbungen bis spätestens zum 20. Mai 2016 eingereicht werden. Gesucht wurde jemand mit umfassenden Kenntnissen in den Bereichen Stadtentwicklung, Architektur, Wohnungswesen oder Immobilienwirtschaft.

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Dem Vernehmen nach gab es zwar in einer ersten Runde eine Hand voll Interessenten, die in die engere Auswahl kamen, aber sie genügten entweder den Anforderungen nicht oder sie waren selbst nicht interessiert genug, den Job tatsächlich zu übernehmen. „Das Verfahren blieb im ersten Anlauf ohne Ergebnis“, sagte Stadtsprecher Gregor Timmer auf Anfrage. Es werde weitergeführt und laufe derzeit noch.

Wohnungsbau soll vorangetrieben werden

Der städtische Spitzenposten eines Wohnungsbaukoordinators ist also bis jetzt noch immer vakant, obwohl die Oberbürgermeisterin die personellen Voraussetzungen dafür bereits vor mehr als einem Jahr geschaffen hat. So ist es wenig überraschend, dass vonseiten der Stadtverwaltung zurzeit kaum noch über die Wohnungsbauleitstelle geredet wird.

„Das ist jetzt aber gut im Werden“, sagte Baudezernent Franz-Josef Höing dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Geplant sei, eine kleine, eingeschworene Gruppe zu formen, die mit bestimmten Befugnissen ausgestattet werden soll, um den Wohnungsbau voranzutreiben. Die vier bis fünf Mitarbeiter sollen zum Teil von Außen kommen und zum Teil aus den Reihen der Verwaltung stammen. Sie sollen planungsrechtliche, bauordnungsrechtliche und wohnungswirtschaftliche Aufgaben erfüllen, über eine juristische Expertise verfügen und Ansprechpartner für die Vertreter der Immobilienwirtschaft sein.

Keine Wundertruppe, die alle Probleme sofort aus der Welt schafft

„Eine Frage wird sein, wie wir die Rahmenbedingungen für einen preisgedämpften Wohnungsbau schaffen“, so Höing. Es handele sich aber keineswegs um eine Wundertruppe, die mit leichter Hand alle Probleme lösen werde. „Die Leitstelle soll werben, moderieren und entscheiden“, sagte Höing. Es gehe darum, die Immobilienunternehmen durch die Strukturen der Verwaltung zu führen und nach neuen Ansätzen für den Wohnungsbau zu suchen.

Spitzenvertreter der Immobilienwirtschaft und der Maklerbranche warten bereits voller Ungeduld auf die lange angekündigte Leitstelle. Darüber hinaus kritisieren sie, dass diese beim Baudezernenten und nicht direkt bei der Oberbürgermeisterin angesiedelt wird.

Wie kann es sein, dass das so lange dauert?

„Wenn das funktionieren soll, muss ein solcher Koordinator auch die Möglichkeit haben, über Dezernatsgrenzen hinweg Entscheidungen treffen zu können“, sagt Thomas Tewes, Geschäftsführer des Haus- und Grundbesitzervereins. Es genüge nicht, wenn der Wohnungsbau nur moderiert werde. „Herr Höing kündigt die Leitstelle bereits seit zwei Jahren an – wie kann es sein, dass das so lange dauert“, so Tewes.

Dem Vernehmen nach befindet sich die Stadt zurzeit in guten Gesprächen mit neuen Bewerbern für den noch unbesetzten Chefposten. Möglicherweise soll die Leitstelle bereits in den kommenden Wochen die Arbeit aufnehmen – notfalls zunächst auch ohne einen Leiter.

Vorbilder in Berlin und Hamburg

In Berlin gibt es bereits seit Mai 2013 eine Wohnungsbauleitstelle, die über alle Bauaktivitäten in Berlin informiert ist. Das Team befördert Projektentwicklungen, beschleunigt die Abstimmung zwischen Behörden, aktiviert Flächenpotenziale für den Wohnungsneubau, berät und moderiert. Bei schwierigen Wohnungsbauvorhaben organisiert die Leitstelle Vermittlungsrunden, um Konflikte zu lösen.

In Hamburg wurde sogar schon im Mai 2010 die Stelle eines Wohnungsbaukoordinators eingerichtet. Er und sein Team sollen Wohnungsbaupotenziale ausschöpfen, Wohnungsbauzahlen steigern, Planverfahren beschleunigen sowie Wohnbauflächen sichern. Bei Verzögerungen im Plan- und im Genehmigungsverfahren werden Lösungsansätze und Entscheidungsvorschläge ausgearbeitet.

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