Totes Frühchen in Köln-HolweideKlage gegen Arzt erfolgreich

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Das Gericht entscheidet über den Frühchen-Prozess, den eine Mutter gegen das Krankenhaus Holweide, einen Arzt und eine Hebamme führt.

Das Gericht entscheidet über den Frühchen-Prozess, den eine Mutter gegen das Krankenhaus Holweide, einen Arzt und eine Hebamme führt.

Köln – 15.000 Euro Schmerzensgeld müssen das Krankenhaus Holweide und ein Arzt an die Mutter eines verstorbenen Frühchens zahlen. Das hat das Kölner Landgericht entschieden. Außerdem verpflichtet es die Klinik und den Mediziner dazu, alle materiellen Schäden wiedergutzumachen, die der Klägerin „aus der fehlerhaften geburtshilflichen Behandlung“  entstanden sind und die eventuell noch entstehen werden,  zum Beispiel die Kosten für eine psychologische Behandlung zu übernehmen, sofern die Krankenkasse sie nicht trägt.

Im Juni 2007 war  Mutter Melanie L. wegen eines Blasensprungs nach 22 Wochen und drei Tagen Schwangerschaft ins Perinatalzentrum der rechtsrheinischen Klinik gebracht worden.   Viel zu früh kam Säugling  Charlotte   zur Welt, 28 Zentimeter groß und  460 Gramm schwer. Im Krankenhaus war es  entsprechend einer ärztlichen Leitlinie gängige Praxis, Frühchen erst ab der 23. Woche plus einem Tag ärztlich zu versorgen. Nach knapp einer Stunde starb Charlotte, ohne die mögliche Maximalversorgung.

Behinderung wahrscheinlich

Die 25. Zivilkammer des Landgerichts wies die Klage gegen die Hebamme, die Melanie L. ebenfalls verklagt hatte, ab.  Die Klage gegen den Arzt und die Klinik dagegen hält sie für rechtens. Zwar gebe es angesichts der hohen Wahrscheinlichkeit lebenslanger schwerer Behinderungen keine generelle Verpflichtung, lebenserhaltende Maßnahmen einzuleiten bei Frühchen, die schon in der 23. Schwangerschaftswoche und somit an der Grenze zur Lebensfähigkeit geboren werden. Doch die Klinik und der Mediziner hätten es sträflich unterlassen, die Eltern eingehend zu beraten und in die Entscheidung einzubeziehen, den Säugling nicht zu behandeln. Einen Tag nach der Frühgeburt  brach Melanie l. zusammen; in den darauf folgenden Monaten bekam sie Panikattacken. Sie klagte mit dem Ziel, „dass diejenigen, die für den Tod meiner Tochter verantwortlich sind, zur Rechenschaft gezogen werden“.

Im Jahr 2012 scheiterte der Versuch einer außergerichtlichen Einigung.  Und statt, wie ursprünglich vorgesehen, im April 2015 endlich ein Urteil in dem sich lange hinziehenden Verfahren zu verkünden, gab die Zivilkammer ein zweites Gutachten in Auftrag zur Frage, ob und wie Charlotte anderswo behandelt worden wäre.

In diesem April  sahen sich die Prozessbeteiligten wieder. Der beschuldigte Arzt wiederholte, er sei davon ausgegangen,  ein derart verfrüht geborenes Kind habe keine Überlebenschance.  Einer der eingeschalteten Sachverständigen, ein Kinderarzt,  hatte die Überlebenschance  des Holweider Frühchens mit 30 Prozent angegeben.

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