Trauer um StammgastSavoy überlegt, Suite nach Götz George zu benennen

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Götz George

  • Götz George war Stammkunde im Savoy, seit er 1996 für die Bubi-Scholz-Story in Köln drehte.
  • Er kam fast jedes Jahr, in die Orchideen-Suite, Blick auf den Hinterhof, auch wenn er in Düsseldorf oder Dormagen oder Bonn oder sonstwo im Umkreis drehte.

Köln – Götz George hat immer in der Orchideen-Suite gewohnt, das Appartement im ersten Stock mit Blick auf den Innenhof des Savoy war sein Zimmer. Er sah jahrzehntelang auf den Hinterhof von der Drogenhilfe und den Kaschemmen, ihn störte das nicht. „Herr George war ein Mensch, der seine Basis brauchte, seine Gewohnheiten, das ist ja bei vielen Schauspielern so, die ständig in Hotels wohnen“, sagt Gisela Ragge, die Chefin des Savoy. Sie klingt traurig, als sie das sagt, aufrichtig traurig. Götz George war Stammkunde im Savoy, seit er 1996 für die Bubi-Scholz-Story in Köln drehte. Er kam fast jedes Jahr, in die Orchideen-Suite, Blick auf den Hinterhof, auch wenn er in Düsseldorf oder Dormagen oder Bonn oder sonstwo im Umkreis drehte. Er fuhr am frühen Morgen oft mit dem Rad zum Dreh, abends ging er gern in die Sauna, „Herr George war sehr diszipliniert, er sah nicht umsonst mit 77 aus, wie er aussah“, sagt Ragge.

 Zum Text lernen „rumgetigert“

Auf Fremde mag er widerspenstig und ernst gewirkt haben. Journalisten, die im Foyer mit ihm sprachen, hatten oft Schweißausbrüche – wenn George merkte, dass die Frager schlecht vorbereitet waren, konnte er ungemütlich werden. „Er stellte an sich wie an andere sehr hohe Ansprüche“, sagt Gisela Ragge. „Er nahm nur Menschen ernst, die wie er ihre Arbeit ernst nahmen.“

Die Orchideen-Suite, diese knapp 70 Quadratmeter mit dem großen Bett und dem Whirlpool und der Aussicht auf den Hinterhof, der erst seit der Erweiterung des Hotels 2012 begrünt ist, waren Götz Georges Kölner Reich, wenn er für seine Rollen lernte. Anfangs war es noch ein großer Raum, erinnert sich Gisela Ragge, „als ich die Suite in einen Wohn- und Schlafbereich geteilt habe, war Herr George zuerst nicht begeistert, weil er beim Lernen gern rumgetigert ist und Platz brauchte. Er hat sich aber schnell daran gewöhnt“. Als der Innenhof zur Baustelle wurde, schlug Ragge ihm vor, in ein höheres Stockwerk umzuziehen, fern vom Lärm. George wollte in seinen Zimmern bleiben. „Er war eben eine treue Seele, er brauchte Beständigkeit.“

Neuer Name für Orchideen-Suite?

Die sonst eher zurückhaltende Hotel-Chefin schwärmt, wenn sie von dem am 19. Juni gestorbenen deutschen Großschauspieler spricht. Die leise Trauerfeier im engsten Familienkreis, ohne dass jemand davon wusste, „auch das passt zu diesem feinen, zurückhaltenden Menschen. Er ist eigentlich leise, er hat feine Umgangsformen“. George und Ragge haben sich bis zuletzt gesiezt – obwohl sie sich nahe waren. Oft haben sie gemeinsam frischen Minztee getrunken, George trank immer frischen Minztee, seit er bei einem Dreh in Marokko auf den Geschmack gekommen war, Gisela Ragge trinkt inzwischen auch oft frischen Minztee, längst hat der Tee es auf die Getränkekarte des Savoy geschafft. George war auch bei den Ragges daheim, als die Hotel-Eigner in Rodenkirchen ein Haus gebaut hatten, brachte er Brot und Salz mit. Als Gisela Ragge 60 wurde, rief George sie an. „Ich glaube, wir verstehen uns gut, weil wir beide sehr stark für unseren Beruf leben“, sagt sie. Sie spricht von Götz George noch oft im Präsenz, „es ist irgendwie nicht zu glauben, dass er weg ist jetzt“. Von Udo Jürgens, der auch ein paar Mal im Savoy war, könne sie abends die Lieder hören, da sei es leichter, ihn gedanklich zurückzuholen. „Bei Schauspielern ist es schwieriger, aber ich werde jetzt schon ab und zu einen alten Film mit Herrn George schauen.“

Ein bisschen verwundert, aber mehr nicht, habe sie, als er bei seinem letzten Besuch im Savoy im vergangenen Frühsommer erzählte, er wolle beruflich kürzer treten. „Einer wie er, da hatte ich immer gedacht: Der macht bis zuletzt.“ Gisela Ragge wollte für Götz Georges nächsten Besuch Sonnenblumen im Innenhof pflanzen lassen, „Sonnenblumen waren seine Lieblingsblumen“, über frische Sonnenblumen hat der Mann, der auch Füllfederhalter und gute Hemden schätzte, sich immer gefreut. Frau Ragge überlegt nun, die Orchideen-Suite umzubenennen – in Götz-George-Zimmer. Als Erinnerung an den Freund, den sie siezte.

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