Treueeid verlangtErzbistum Köln verschärft Gangart gegenüber Theologen

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Generalvikar Dominik Meiering (l.) und sein Vorgänger Stefan Heße.

Generalvikar Dominik Meiering (l.) und sein Vorgänger Stefan Heße.

  • Erstmals seit Jahrzehnten verlangt Generalvikar Dominik Meiering einen schriftlichen Nachweis über die Ableistung eines speziellen Glaubensbekenntnisses von den Theologen an der katholisch-theologischen Fakultät der Universität Bonn.
  • Erst nach einer Anfrage des Kölner Stadt-Anzeiger nahm das Kölner Erzbistum diese Forderung wieder zurück.
  • Nicht nur im Erzbistum wird nach dem harten Vorgehen Merierings die Frage laut, wie dieser Kurs zu dem Ruf der Liberalität und Offenheit passe, den sich Kardinal Woelki erworben hat.

Köln/Bonn – Nach der Ablehnung eines wiederverheirateten geschiedenen Kandidaten für das Rektorenamt der Katholischen Fachhochschule NRW (KatHO) im Januar hat das Erzbistum Köln auch gegenüber der katholisch-theologischen Fakultät der Universität Bonn die Gangart verschärft.

Erstmals seit Jahrzehnten verlangt Generalvikar Dominik Meiering einen schriftlichen Nachweis über die Ableistung eines speziellen Glaubensbekenntnisses, der „Professio fidei“ . Neue Professoren sollten zusätzlich zu einem „Treueid“ verpflichtet werden.

Diese Forderung zog das Erzbistum aber am Montag zurück.

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„Professio fidei“ für katholische Amtsträger

Die „Professio fidei“ (Glaubensbekenntnis) für katholische Würdenträger besteht aus mehreren Elementen. Der erste Teil ist das auch als „Credo“ bekannte „Nizäno-Konstantinopolitanum“, eine Sammlung der zentralen christlichen Glaubensüberzeugungen aus dem Jahr 381. Im weiteren bezieht sich die Professio auch auf spätere kirchliche Dogmen sowie auf Aussagen des Lehramtes. Darunter fallen nicht nur Lehren mit Anspruch auf „Unfehlbarkeit“, sondern das Bekenntnis zielt letztlich auf eine Totalidentifikation mit allem, was Rom als „verbindlich“ deklariert. Ein Dissens darf allenfalls intern, aber nicht öffentlich deutlich werden. (jf)

Befremden von Kirchenrechtsexperten

Schriftliche Belege, die der Bonner Dekan an den Verwaltungschef von Kardinal Rainer Woelki zu übermitteln habe, sind seit den Zeiten Norbert Feldhoffs (Generalvikar von 1975 bis 2004) und auch seiner Nachfolger Dominik Schwaderlapp und Stefan Heße nicht eingefordert worden. Es sei in Köln guter Brauch gewesen, das Vorgehen ins Ermessen des Dekans zu stellen, hieß es.

Den neuen Wind aus Köln hat nun als erster der Moraltheologe Jochen Sautermeister abbekommen, der im Mai seine Antrittsvorlesung halten soll. Das Erzbistum bestätigte den Vorgang und argumentierte, der Nachweis der „Professio“ folge nur den Gepflogenheiten, die im Erzbistum etwa auch für Pfarrer gelten. Der Dekan der Bonner Fakultät, Ulrich Berges, war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

Auf den Ärger der Professorenschaft wie auch auf das Befremden von Kirchenrechtsexperten stieß das Kölner Vorgehen aber nicht nur wegen des ungewohnten Rigorismus im Umgang mit der „Professio“, sondern vor allem wegen einer Missachtung römischer Bestimmungen zum Treueid.

Zwar sieht das katholische Kirchenrecht generell vor, dass bestimmte führende Amtsträger das durch Papst Johannes Paul II. 1989 eingeführte „Iusiurandum“ schwören müssen.Dieser Treueid verpflichtet zur Einhaltung aller bestehenden und künftigen Kirchengesetze.

„Versehen der Verwaltung“

Just von diesem Eid sind Theologen an staatlichen Universitäten aber durch ein „Akkommodationsdekret“ des Vatikans von 1983 zur Anpassung universaler Normen an die deutsche Situation befreit. 

Dies räumte das Erzbistum am Montag auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ ein. Es handele sich um ein „Versehen der Verwaltung“, sagte Bistumssprecher Michael Kasiske und fügte hinzu: „Der Treueid wird nicht gefordert werden.“ Für manchen Theologen stellt schon die Ableistung der „Professio“ selbst („Ich verspreche ... so wahr mir Gott helfe und diese heiligen Evangelien, die ich mit meinen Händen berühre“) ein Problem dar, weil Jesus in den genannten Evangelien seinen Jüngern das Schwören verbietet.

Zudem sehen Hochschullehrer ihre wissenschaftliche Freiheit eingeschränkt, wenn sie schwören müssen, dass sie „alle Lehren meiden werden, die dem Glaubensgut widersprechen“ oder „in christlichem Gehorsam“ dem „Folge leisten werden, was die Bischöfe als authentische Künder und Lehrer des Glaubens vortragen oder als Leiter der Kirche festsetzen“.

Im Hintergrund der Vergatterung stehen innerkirchliche Streitfragen wie der Ausschluss der Frauen von den geistlichen Ämtern, die Verurteilung homosexueller Praxis und das Verbot der künstlichen Empfängnisverhütung.

Nicht nur im Erzbistum wird nach dem neuerlich harten Vorgehen des Generalvikariats gegen die Wissenschaft im Raum der Kirche die Frage laut, wie dieser Kurs zu interpretieren sei und wie er zu dem Ruf der Liberalität und Offenheit passe, den sich Kardinal Woelki durch sein Agieren speziell in gesellschaftspolitischen Fragen erworben hat. Da sich die beiden jüngsten Streitfälle an diffizilen Rechtsfragen entzündet haben, kommt auch die Kompetenz des Generalvikars, eines promovierten Kunsthistorikers, ins Spiel. Insider spekulieren darüber, ob Meiering sich einseitig auf seine Justiziarin Daniela Schrader verlässt, die als strenge Vertreterin ihres Fachs gilt.

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