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UnfallmarkierungenFrische Spuren auf dem Asphalt

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Die Markierungen, die von Beamten der Kölner Polizei nach einem Unfall am Ort des Geschehens vorgenommen werden, wirken oft sehr martialisch.

Die Markierungen, die von Beamten der Kölner Polizei nach einem Unfall am Ort des Geschehens vorgenommen werden, wirken oft sehr martialisch.

Köln – Wenn man im Büro von Achim Schulze-Schwanebrügger sitzt und sich der Leiter des VU-Teams der Kölner Polizei durch einen Haufen Powerpoint-Präsentationen klickt, bekommt man schnell den Eindruck, dass es kaum etwas gefährlicheres gibt, als auf den Straßen in und um Köln unterwegs zu sein. Da sieht man zu grotesken Gebilden verformte Autowracks, blutige Airbags und Trümmerfelder so lang wie Fußballplätze. Der 57-Jährige zeigt mit dem Finger aus dem Fenster uns sagt tatsächlich: „Da draußen ist es viel gefährlicher als zum Beispiel nachts in der U-Bahn.“

Diese Haltung ist wohl kein Wunder nach gut 40 Jahren bei der Polizei. Seit 2005 leitet Schulze-Schwanebrügger die damals neu gegründete Spezialeinheit zur Aufnahme schwerster Unfälle, 1800 Mal wurden er und seine 15 Kollegen seitdem zu Einsätzen gerufen, in Köln, Leverkusen und auf den Autobahnen des Regierungsbezirks. Sie kommen, wenn jemand schwer verletzt wurde oder gestorben ist.

Spezialgerät im Wert von 100.000 Euro

Dann rückt die Truppe mit ihrem 125 000-Euro-Spezialgefährt an, sichert Spuren, macht Fotos und beginnt manchmal vor Ort mit ersten Vernehmungen. Aus dem Unfall- wird dann ein Tatort: „Wir stellen die Fragen, die noch nicht gestellt wurden“, sagt Schulze Schwanebrügger.

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Die Unfälle werden rekonstruiert, mit modernster Technik können Abläufe sichtbar gemacht werden, die selbst Beteiligte oft kaum nachvollziehen können. Für die Staatsanwaltschaft eine große Entlastung − und auch eine Möglichkeit, Kosten zu sparen. Früher kam zu jedem Unfall ein Sachverständiger dazu, der für seine Arbeit nachts oder am Wochenende schnell mal 1.000 bis 1.500 Euro in Rechnung stellte. Heute werden nur noch so genannte Vermeidbarkeitsgutachten erstellt.

Sprühkreide verschwindet nach Regengüssen

Unvermeidlich ist auch, dass die Beamten die Unfallstellen für ihre Arbeit stundenlang sichern und mit allerlei Markierungen versehen. Dazu wird Sprühkreide verwendet, die nach ein paar Regengüssen wieder verschwindet. In langen Trockenphasen wie derzeit bleiben sie dagegen auf dem Boden. „Vielleicht hat das ja sogar einen psychologischen Effekt auf die Verkehrsteilnehmer“, hofft Achim Schulze-Schwanebrügger. Schließlich steht jede Markierung für ein Unglück, bei dem mehr passiert ist als ein kleiner Blechschaden.

Das weiß auch der Leiter des VU-Teams. Wenn der Polizist heute durch die Stadt fährt, verbindet er viele Stellen mit Unfällen, zu denen er gerufen wurde. Kein leichter Job: 400 Tote haben die Beamten seit 2005 gesehen, die Leichen müssen bis zum Schluss der Unfallaufnahme liegen bleiben. Dazu kommen unzählige Verletzte. „Wir müssen schon auf uns aufpassen“, sagt der Hauptkommissar, psychologische Betreuung und Nachsorge gehört für das Team dazu. Trotzdem gibt es immer mal wieder Kollegen, die die psychische Belastung nicht verarbeiten können. Sie müssen sich versetzen lassen.

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