Universität KölnNeuer Fall von wissenschaftlicher Täuschung

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Die astronomische Uhr am Hauptgebäude der Uni Köln.

  • Wegen klarer Anzeichen von bewussten Manipulationen distanziert sich die Uni Köln einer Wissenschaftlerin.
  • Sechs Publikationen soll die Biophysikerin zurückziehen. Sie war bis 2015 an der Hochschule beschäftigt.

Köln – Ein neuer Fall von Manipulation einer wissenschaftlichen Arbeit hat an der Kölner Universität für Aufsehen gesorgt. Wie die Hochschule jetzt mitteilte, hat sie eine bis 2015 für sie tätige Biophysikerin aufgefordert, sechs Publikationen zurückzuziehen.

Die Kölner Universität distanzierte sich außerdem von den Schriften aus dem Fachbereich Genetik. Bei einer Arbeit sei nicht nachvollziehbar, ob und – wenn ja – von wem die notwendigen Wiederholungsmessungen für die statistische Auswertung von Experimenten durchgeführt wurden. Bei den anderen „liegen klare Anzeichen von bewussten Manipulationen und Täuschungen vor“, so die Uni.

Die Biophysikerin war jahrelang für die Kölner Hochschule tätig, unter anderem am Exzellenzcluster Cecad. Hier erhielt sie einen Forschungspreis für ihre Arbeiten zum Thema „Mitochondrien“. Eingeschritten wegen möglicher Manipulationen war die Universität, weil sie Mitte 2015 einen Tipp aus der Wissenschaftsszene erhalten hatte. Anschließend hatte die Hochschule eine wissenschaftliche Kommission beauftragt, ein Fachgutachten anzufertigen.

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Enormer Imageschaden

Der Arbeitsvertrag mit der Wissenschaftlerin sei unabhängig von der Untersuchung 2015 gelöst worden. Die Forscherin hatte einen anderen Arbeitgeber gefunden. Schwerer als das Verdikt der Uni wiegt wohl der Imageschaden für die Wissenschaftlerin: „Wenn man das einmal gemacht hat, hat man vermutlich ein schwieriges Standing in der Community“, so Uni-Sprecher Patrick Honecker.

Manipulationen in wissenschaftlichen Arbeiten stehen spätestens seit der Plagiatsäffäre des früheren Verteidigungsministers Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) immer wieder im Fokus der Öffentlichkeit. Zahlreiche Politiker sind seitdem in Verdacht geraten beziehungsweise überführt worden, im Rahmen ihrer Doktorarbeiten von anderen Autoren abgeschrieben zu haben – darunter Ex-Bildungsministerin Annette Schavan und Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (beide CDU). Während Guttenberg und Schavan der Doktortitel von den Hochschulen in Bayreuth und Düsseldorf aberkannt wurde, durfte von der Leyen ihn behalten. Die ermittelnde Hochschulkommission in Hannover sprach von einem minderschweren Plagiatsfall.

Die „absolute Ausnahme“

Der Fälle waren von der Internetplattform Vroniplag ins Rollen gebracht worden. Auf deren Homepage sind derzeit gut 170 Plagiatsfälle dokumentiert – außer Berlin stehen vor allem die Hochschulen in NRW im Mittelpunkt. Allein an der Uni Münster wurden zwei Dutzend Fälle von möglichen Täuschungen aufgelistet. Aber auch an den Universitäten im Rheinland gibt es Fälle von Betrug. So wurde 2012 dem FDP-Politiker Bijan Djir-Sarai der Doktortitel von der Universität Köln aberkannt. Die Bonner Universität entzog den FDP-Politikern Georgios Chatzimarkis und Margarita Mathiopoulos ebenfalls die Titel.

Uni-Sprecher Honecker geht davon aus, das Schummeln unter Wissenschaftlern die „absolute Ausnahme“ ist. Damit der Betrug künftig noch seltener als in der Vergangenheit stattfindet, setzt die Uni Köln unter anderem Antiplagiatssoftware ein, die Zitate in Arbeiten vergleicht. Das mache aber nur Sinn bei Arbeiten, deren Aufgabenstellung stark standarisiert sei, so Honecker. Die Hochschule setzt daher mehr Vertrauen in die Kontrolle der Doktoranden durch Wissenschaftler der Graduiertenschulen, Forscherteams und Promotionsprogramme. Schon die Bewerbung in einem solchen Programm gleiche einem Casting, in dem die Bewerber ihre Arbeiten ausführlich darstellen müssten.

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