WohnungsbauStadt Köln will Wettrennen um den höchsten Preis stoppen

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Neubau der Genossenschaft Erbbauverein im Agnesviertel.

Neubau der Genossenschaft Erbbauverein im Agnesviertel.

  • Zurzeit entsteht überwiegend teurer Wohnraum in Köln. Die Stadt will das mit einem neuen Konzept für die Grundstücksvergabe unterbinden.
  • Künftig soll nicht wie bislang der Höchstbietende den Zuschlag erhalten, sondern derjenige, der die Vorgaben der Stadt am besten erfüllen und umsetzen will.
  • Die Konzeptvergabe erlaube der Stadt eine feine Justierung bei der Vergabe von Wohnungsbauprojekten.

Köln – Wenn ein Investor in Köln Grundbesitz kaufen will, um dort neue Wohnungen zu bauen, muss er sehr tief in die Tasche greifen. Bauland ist ein äußerst rares Gut in der wachsenden Stadt, und die Interessenten liefern sich regelrechte Bieterschlachten.

In der Folge entsteht zurzeit überwiegend teurer Wohnraum, den sich bei weitem nicht jeder leisten kann. Die Verwaltung will deshalb mit einem neuen Instrument das Wettrennen um den höchsten Preis stoppen – zumindest bei den eigenen städtischen Grundstücken. Durch die „Konzeptvergabe“ soll sichergestellt werden, dass nicht wie bislang der Höchstbietende den Zuschlag erhält, sondern derjenige, der die Vorgaben der Stadt am besten erfüllen und umsetzen will.

17 Grundstücke für die Direktvergabe

Die Stadt hat jetzt die ersten 17 Grundstücke ausfindig gemacht, die gemäß dieser Idee möglichst schnell mit etwa 850 Wohnungen bebaut werden sollen. Als Maßgabe gilt, das 40 Prozent Sozialwohnungen, 40 Prozent Wohnungen für Flüchtlinge sowie 20 Prozent frei finanzierte Wohnungen entstehen müssen. Von dem Modell sollen vor allem die Kölner Wohnungsgenossenschaften, das städtische Wohnungsbauunternehmen GAG sowie die Wohnungsgesellschaft der Stadtwerke (WSK) profitieren – sie sollen die Grundstücke per Direktvergabe zum Verkehrswert kaufen können. Private Investoren müssen hingegen an einem Bieterwettbewerb teilnehmen und ein Konzept für ihr Projekt vorlegen. Den Zuschlag erhält derjenige mit dem besten Gebot.

Auf diese Weise sollen Genossenschaften, GAG und WSK gestärkt werden, da sie im Wettstreit mit finanzkräftigen Investoren sonst oft das Nachsehen haben. Die Stadt verzichtet dafür auf einen Teil der möglichen Einnahmen , da die meisten Grundstücke beim Verkauf den von einem Gutachter festgesetzten Verkehrswert übertreffen.

Zumal zu den jetzt zur Verfügung gestellten Flächen auch solche in guter Lage zählen, wie etwa am Gustav-Heinemann-Ufer in Bayenthal oder am Melaten-Friedhof in Lindenthal. Gleichwohl weist die Stadt daraufhin, dass es sich um Flächen handelt, deren Bebauung aufgrund von Anforderungen an Arten-, Landschafts- und Denkmalschutz einen unverhältnismäßig hohen Aufwand bedeutet. Deshalb hatte die Verwaltung sie für den Bau vorübergehender Flüchtlingsunterkünfte als ungeeignet eingestuft.

Hamburg gilt als Vorreiter der Idee

„Diese 17 Flächen sind ein erster Aufschlag, mit dem wir jetzt Erfahrungen sammeln müssen“, sagte Baudezernent Franz-Josef Höing dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Die Konzeptvergabe erlaube der Stadt eine feine Justierung bei der Vergabe von Wohnungsbauprojekten. Man könne etwa Vorgaben machen, die über das kooperative Baulandmodell – das 30 Prozent Sozialwohnungen bei Projekten vorschreibt, aber Spielraum für Ausnahmen lässt – hinausgehen. Um die Konzeptvergabe umsetzen zu können, will die Stadt beim Liegenschaftsamt vier und beim Stadtplanungsamt zwei neue Stellen schaffen.

„Die Idee ist aber nicht allein selig machend“, so Höing. Die Stadt habe in den vergangenen Jahren nur wenig neue Grundstücke hinzugekauft. Das soll sich ebenfalls ändern. „Wir wollen da wieder aktiver werden, damit wir besser steuern können, welche Art von Wohnungen gebaut werden“, sagte Höing. Darüber hinaus gebe es Überlegungen, auf Grundstücke ein Vorkaufsrecht für die Stadt einzuführen. „Ein Erbpacht-Modell mit Laufzeiten von 99 Jahren könnte ebenfalls interessant sein“, so Höing. In diesem Fall könnte ein Investor Wohnungen bauen, ohne dafür das Grundstück kaufen zu müssen. Auch das könnte ein Mittel sein, damit nicht zwangsläufig der Meistbietende erfolgreich ist.

Ein Blick in andere europäische Städte zeigt, wie erfolgreich eine Kommune sein kann, wenn sie sich mit eigenen Grundstücken in den Wohnungsbau einmischt. Hamburg gilt als einer der Vorreiter in Sachen Konzeptvergabe. Deshalb entstehen durchmischte Quartiere und Genossenschaften können auch in teuren Innenstadtlagen Sozialwohnungen bauen.

Musterbeispiele Zürich und Wien

In Zürich werden den Wohnungsgenossenschaften zentrale städtische Grundstücke – die noch seltener und teurer sind als in Köln – günstiger überlassen als Privatinvestoren. Der Verkehrswert wird dabei oftmals sogar unterschritten. Beachtliche 20 Prozent der 212.000 Wohnungen in Zürich gehören inzwischen gemeinnützigen Organisationen. Als weltweites Musterbeispiel für kommunalen Wohnungsbau hat sich die österreichische Hauptstadt Wien hervorgetan. Die Stadt besitzt 220.000 Gemeindewohnungen und hält den Mietpreis auf dem Wohnungsmarkt damit seit Mitte der 1920er Jahre niedrig. Um auch weiterhin Häuser bauen zu können, kauft die Stadt Wien regelmäßig Grundstücke hinzu.

Martin Frysch, Vorstand der Genossenschaft GWG Köln-Sülz, hält eine Direktvergabe städtischer Grundstücke zu guten Konditionen zwar für sinnvoll, übt aber dennoch Kritik am Vorstoß der Stadt. „Wenn die Grundstücke so schwierig zu entwickeln sind, wie die Verwaltung es selbst einschätzt, dann weiß ich nicht, wie wir das schaffen sollen“, sagt er. Genossenschaften würden nur über kleine Planungsteams verfügen. Zudem sei es schwer vorstellbar, unter solch widrigen Umständen nur 20 Prozent frei finanzierte Wohnungen zu bauen.

„Grundsätzlich finde ich es nicht schlecht, wenn mit städtischen Grundstücken die Interessen der Allgemeinheit gedeckt werden“, sagt Thomas Tewes vom Kölner Haus- und Grundbesitzerverein. Er verstehe aber nicht, warum die Flächen nur zum Verkehrswert an Genossenschaften, GAG und WSK verkauft werden sollen und nicht zu einem noch geringeren Preis. „Dann wäre der Anreiz wesentlich größer“, so Tewes. Er halte es zudem für falsch, zwischen Privatinvestoren und Wohnungsbaugesellschaften zu unterscheiden.

Diese 17 städtischen Grundstücke sollen bebaut werden

Gustav-Heinemann-Ufer, Bayenthal (50 Wohnungen) Giesdorfer Allee, Immendorf (40 Wohnungen) Piusstraße/Geleniusstraße (Lindenthal (40 Wohnungen)Seeadlerweg, Vogelsang (90 Wohnungen) Alpener Straße, Ehrenfeld (70 Wohnungen) Piusstraße/Vogelsanger Straße, Ehrenfeld (25 Wohnungen) Matthias-Brüggen-Straße, Bickendorf (40 Wohnungen)Neusser Straße, Weidenpesch (30 Wohnungen) Am Bilderstöckchen, Bilderstöckchen (90 Wohnungen), Anna-Longohr-Weg, Volkhoven (15 Wohnungen) Merianstraße/Volkhovener Weg, Volkhoven (15 Whg.)Merianstraße/Fühlinger Weg, Volkhoven (20 Wohnungen)  Ernstbergstraße, Blumenberg (130 Wohnungen) Auweiler Süd-Ost, Auweiler (150 Wohnungen) Quettinghofstraße, Roggendorf (30 Wohnungen) Wesselinger Weg, Langel (15 Wohnungen), Lützerathstraße, Rath/Heumar (15 Wohnungen).

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