Abo

Zeichen für ZivilcourageHeißt der Bahnhofsvorplatz bald Freya-von-Moltke-Platz?

Lesezeit 3 Minuten
Neuer Inhalt

Der Bahnhofsvorplatz vor dem Kölner Dom.

Köln – Die Übergriffe in der Silvesternacht 2015 haben dem Ort weltweit eine zweifelhafte Bekanntheit verschafft – 14 Monate später steht die Stadtpolitik vor der Frage, ob der Bahnhofsvorplatz einen neuen Namen bekommen soll. Der Bezirksvertretung Innenstadt liegt der Antrag eines Bürgers vor, die Fläche in Freya-von-Moltke-Platz umzubenennen. Innenstadt-Bürgermeister Andreas Hupke (Grüne) unterstützt den Vorschlag. „Wir können damit das Zeichen setzen, dass eine mutige Frau und große Tochter dieser Stadt angemessen gewürdigt wird.“

Die Juristin Freya von Moltke, 1911 im Deichmannhaus gegenüber des Bahnhofs geboren, gehörte wie ihr 1945 von den Nazis ermordeter Ehemann Helmuth James Graf von Moltke zu einer Widerstandsgruppe gegen den Nationalsozialismus. Auf dem Familiengut Kreisau entwickelte der aus Freunden, Bekannten und Vertrauten bestehende Kreis Ideen für den Wiederaufbau eines demokratischen Deutschlands nach dem Untergang des NS-Regimes.

„Umbenennung fördert Image der Stadt im In- und Ausland“

Die Eingabe, den seit jeher namenlosen Platz vor dem Hauptbahnhof nach der Widerständlerin zu benennen, stammt von dem Kölner Historiker und IHK-Geschäftsführer Ulrich Soénius. Er gehört dem Kuratorium der Freya-von-Moltke-Stiftung an, zu dessen Mitgliedern unter anderem die frühere evangelische Landesbischöfin Margot Käßmann und die Fernseh-Journalistin Sandra Maischberger zählen. „Ich bin davon überzeugt, dass mit der Umbenennung das Image Kölns national und international eine enorme Verbesserung erfahren wird“, schreibt Soénius in seinem Antrag.

Eine solche Entscheidung würde davon zeugen, welche Bedeutung Köln „der Weltoffenheit, der Toleranz und der Völkerverständigung widmet“. Darüber hinaus werde der Platz selber, auf dem sich bereits eine Gedenktafel für Freya von Moltke befindet, „durch die Benennung nach einer international bekannten Persönlichkeit, die in Köln geboren wurde, aufgewertet“.

„Ein Zeichen für Zivilcourage und wider das Vergessen“

Bezirksbürgermeister Hupke spricht von einem „Zeichen für Zivilcourage und wider das Vergessen“. Er hofft, dass möglichst viele Menschen der Stadtgesellschaft die Forderung unterstützen. Weil der zentrale Platz zu Füßen des Doms für die gesamte Stadt von Bedeutung ist, werden letztlich nicht die Bezirkspolitiker die Entscheidung treffen, sondern der Rat. „Eine breit angelegte Diskussion kann der Sache nur dienlich sein“, findet Hupke.

Der Vorschlag erfüllt auf jeden Fall den parteiübergreifenden Wunsch, die Frauenquote auf den Straßenschildern zu erhöhen. Rund 600 der 5500 Straßen sind nach Männern benannt, nur 40 nach Frauen. „Grundsätzlich finde ich es gut, wenn Straßen und Plätze weibliche Namen bekommen“, sagt CDU-Ratsfrau Birgitta Nesseler-Komp. „Den Bahnhofsvorplatz nach Freya von Moltke zu benennen, wäre ein tolles Zeichen.“

Freya von Moltke

Als Tochter des Kölner Bankiers Carl Theodor Deichmann wuchs Freya von Moltke (1911 bis 2010) anfangs im Deichmannhaus gegenüber dem Bahnhof, später im Severinsviertel auf. 1931 heiratete die promovierte Juristin Helmuth James Graf von Moltke und zog auf dessen Familiengut Kreisau in Schlesien.

Die promovierte Juristin unterstützte die als Kreisauer Kreis bekannt gewordene Widerstandsgruppe um ihren Mann und Peter Yorck von Wartenburg. Die Gruppe entwickelte Ideen für den Wiederaufbau eines in Europa fest verwurzelten demokratischen Deutschlands nach dem Ende des Nationalsozialismus.

Ihr Mann wurde wie andere aus dem Kreis auch von den Nazis inhaftiert und ermordet. Nach Kriegsende ging sie mit ihren beiden Söhnen nach Südafrika. 1960 zog sie dann nach Vermont (USA). Der Familiensitz Kreisau wurde zur internationalen Begegnungsstätte für europäische Verständigung. (adm)

KStA abonnieren