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Zuwachs für die Kölner SkylineAm Colonius soll ein neuer Doppelturm entstehen

Lesezeit 7 Minuten
Colonius Luftaufnahme

Der Colonius.

Köln – Ein Haus, das höher ist als der Dom? Nicht vorstellbar. Aber der Maßstab, den die dritthöchste Kirche der Welt mit ihren 157,38 Meter Höhe setzt, lässt Raum für Hochhäuser von stattlichem Format.

Immerhin zehn Kölner Gebäude sind höher als 100 Meter, und 2019 soll ein weiteres hinzukommen, erstmals seit mehr als zehn Jahren. Am Funkturm Colonius, der mit 266 Metern die Kathedrale überragt, will ein Investor einen Doppelturm errichten, 130 Meter soll der Bau an seinem höchsten Punkt messen. Weil der Deutsche-Welle-Turm verschwindet (siehe Text unten), wird der Neuling das vierthöchste Haus der Stadt.

Hochhaus für Studenten und Berufseinsteiger

An der Kreuzung Innere Kanalstraße/Subbelrather Straße, wo heute noch ein schmuckloses Bürohaus am Rande des Grüngürtels steht, sollen künftig Studenten und Berufseinsteiger wohnen, 700 komplett möblierte Apartments sind geplant. Der Kölner Kapitalgeber Liqion und das auf sogenannte Mikroapartments spezialisierte Unternehmen I-Live aus Aalen wollen nach eigenen Angaben rund 100 Millionen Euro investieren und damit zur Entspannung des Kölner Wohnungsmarktes beitragen. 30 Prozent der zwischen 21 und 35 Quadratmeter großen Apartments sollen mit öffentlichen Mitteln gefördert und als Sozialwohnungen vermietet werden.

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Der von einer Jury in der vergangenen Woche gekürte Siegerentwurf stammt vom Wiener Architekturbüro Delugan Meissl. Der kleinere der beiden über einen Sockelbau verbundenen Türme soll 60 Meter hoch werden.

Von einer Skyline kann freilich nicht die Rede sein, jedoch ist ist Köln hinter Frankfurt am Main und etwa gleichauf mit Berlin Deutschlands Hochhausstadt Nummer zwei.  Weder Hamburg noch München können bei der Anzahl der Bauten jenseits der 100-Meter-Marke mithalten, in den kommenden Jahren dürfte die Hauptstadt wegen einiger geplanter Neubauten allerdings an Köln vorbeiziehen.

Ranking der Hochhäuser

Kölnturm, 148,5 Meter

Seit 2001 hat der Kölnturm im Mediapark die Spitzenposition unter  den Hochhäusern der Stadt inne. Trotz seiner unspektakulären Form ist der 43-stöckige Bürobau auf dem Gelände des ehemaligen Güterbahnhofs Gereon heute ein wichtiger Teil der Stadtsilhouette. Verantwortlich dafür ist die mit Emaille beschichtete Fassade, auf der Wolkenformationen und die Dächer der Altstadt samt Dom dargestellt sind. Entworfen hat das Hochhaus, dessen Fertigstellung sich nach Streitigkeiten um einige Jahre verzögerte, der Pariser Stararchitekt Jean Nouvel gemeinsam mit Christian Kohl (Essen). Bei Nacht fällt der Kölnturm durch eine Lichtinstallation an den oberen Stockwerken auf.

Colonia-Haus, 147 Meter

Bei seiner Eröffnung 1973 war der Wohnturm am Rheinufer in Riehl nicht nur das höchste Haus der Stadt, sondern – zumindest für drei Jahre – ganz Deutschlands. Einen Rekord hat der vom Kölner Architekten Henrik Busch entworfene Bau nach wie vor inne:  Mit seinen 373 Wohnungen auf 45 Stockwerken ist er das höchste Wohnhochhaus der Republik. 44 Jahre nach der Eröffnung macht die marode Fassade aus Waschbetonplatten dem Riesen und seinen Bewohnern zu schaffen. 2010 bröckelten erstmals Teile der Fassade ab, Platten drohen herunterzustürzen. Sie sollen durch eine Außenhaut aus Aluminium ersetzt werden. Seit 2015 steht das Colonia-Haus unter Denkmalschutz.

Deutsche Welle, 138 Meter

Noch nimmt der zwischen 1974 und 1980 errichtete Turm am Raderthalgürtel einen Podiumsplatz unter den höchsten Häusern der Stadt ein, aber seine Tage sind gezählt. Die Eigentümer des früheren Funkhauses der Deutschen Welle, die 2003 nach Bonn zog, wollen es am liebsten sprengen – und damit Geschichte schreiben. Noch nie ist weltweit ein derart hohes Gebäude gesprengt worden. Ob der von den Architekten der Planungsgruppe Stieldorf entworfene Turm einen solch spektakulären Abgang  bekommt, steht aber in den Sternen. Der Nachbar Deutschlandfunk ist gegen die Sprengung. Derzeit wird das Deutsche-Welle-Haus, das 700 Wohnungen weichen soll, vom Asbest befreit.

Uni-Center, 133 Meter

Hoch über der Kreuzung von Luxemburger Straße und Universitätsstraße sind seit der Fertigstellung 1973 viele der rund 2000 Bewohner Studenten. Über 968 Wohnungen verfügt das Uni-Center, das damit das bei weitem größte Wohnhaus der Stadt ist (wenn auch nur das zweithöchste). Einen Teil davon betreibt das Studierendenwerk als Wohnheim. In den unteren Etagen des von Werner Ingendaay entworfenen dreiflügeligen Turms sind Parkdecks und Geschäfte untergebracht, einst beherbergte das Uni-Center auch ein Kino. Im Herbst 1977 hatten Terroristen der Roten Armee Fraktion (RAF) eine Wohnung im Hochhaus gemietet, um die Entführung von Hanns Martin Schleyer vorzubereiten.

Tüv Rheinland, 112 Meter

Auch der Tüv-Turm in Poll entstammt den 70er Jahren, der goldenen Ära des Kölner Hochhausbaus. Anders als viele andere Türme dieser Ära ist der markante Bau im Rechtsrheinischen technisch aber auf dem neuesten Stand. Jüngst ist die aufwendige Sanierung des Riesen abgeschlossen worden, für die das Tüv-Hochhaus zeitweise einen noch höheren Nachbarn bekam. Der mit  130 Metern höchste Baukran Deutschlands samt 60 Meter langem Auflieger half dabei,  Fenster, Fassadenteile, Haustechnik, Aufzüge und Brandschutzanlage zu erneuern. Schlagzeilen machte der Turm, als die Feuerwehr im November 2016 zwei Arbeiter rettete, die von einer Arbeitsbühne aus 80 Meter Höhe abzustürzen drohten.

Ringturm, 109 Meter

Der Rundumblick aus dem sagenumwobenen Penthouse im 26. Stock muss atemberaubend sein, seine Bewohner haben durch die hohen Fensterscheiben die gesamte Stadt im Blick. Die Familie Gerling soll die Räume hoch über dem Ebertplatz selbst genutzt haben. Den Ringturm mit der noblen Adresse Theodor-Heuss-Ring 1 hatte der Versicherungskonzern bauen lassen, bis 2011 blieb er im Besitz des Unternehmens. Seitdem ist der Bau, der einst zehn Etagen mit Büros beherbergte, zum reinen Wohnhochhaus umgebaut worden. Charakteristisch ist weniger seine graue Aluminiumfassade, die aus der Ferne eher anmutet wie Beton, sondern die auffällige siebeneckige Form.

Justizzentrum, 105 Meter

Ob der Riese an der Luxemburger Straße Sitz von Amts- und Landgericht bleibt, ist seit Jahren ungewiss. Fest steht, dass das 1981 eröffnete dreiflügelige und bis zu 23 Stockwerke zählende Haus erheblich mit Asbest belastet ist, was eine teure und zeitaufwendige Sanierung erforderlich macht. Das Land als Eigentümer prüft daher, ob die Justizbehörden in einen Neubau nebenan ziehen könnten – oder sogar in ein von einem Privatinvestor errichtetes Gebäude anderswo in der Stadt.  Rund 1200 Beschäftigte arbeiten  im Hochhaus, das nach dem Plan von Architekt Henrik Busch, der auch das Colonia-Haus entwarf,   für 127 Millionen Mark auf dem Areal des früheren Güterbahnhofs Sülz entstand.

LVR-Turm, 103 Meter

Hunderttausende haben seit 2006 den Blick auf Dom und Altstadt von der Aussichtsplattform des LVR-Turms genossen – und vermutlich vergessen, dass der Bau des 2006 eröffneten Bürohauses Auslöser eines vielbeachteten Streits war. Weil ursprünglich weitere Hochhäuser rund um den Deutzer Bahnhof geplant waren, führte die Unesco den Dom von 2004 bis 2006 auf der sogenannten Roten Liste der gefährdeten Welterbestätten. Begründung: Die Türme  auf der anderen Rheinseite gefährdeten die  „visuelle Integrität des Doms und seine stadtprägende Wirkung“.  Der Turm wurde  vom  Kölner Büro Gatermann+Schossig entworfen  und sollte in ersten Planungen deutlich höher werden.

Herkules-Hochhaus, 102 Meter

Eine klassische Schönheit mag es nicht sein, ein Wahrzeichen der Stadt ist das Herkules-Hochhaus in  Ehrenfeld ohne Zweifel. Zehntausende kommen auf ihrem Weg von Norden oder Osten in die Stadt täglich vorbei am Turm mit der schillernd-bunten, vor einigen Jahren sanierten  Fassade. Einst hatte der Kölner Verkehrsverein das Gebäude wegen seines vermeintlich verwahrlosten Zustands mit der „Sauren Zitrone“ für besonders misslungene Bauten ausgezeichnet. Neben 427 Wohnungen beherbergt das 1972 fertiggestellte Herkules-Hochhaus ein Schwimmbad in der 31. Etage. Unter den Bewohnern, die die Lage mitten in der Stadt schätzen, sind traditionell viele Studenten.

Deutschlandfunk, 102 Meter

Nach Jahrzehnten im Schatten des großen Nachbarn steht das Haus des Deutschlandfunks am Raderthalgürtel vor einer Zukunft als Solitär. Der für das kommende Jahr geplante Abriss des 35 Meter entfernten Deutsche-Welle-Hauses wird dem Kapitel des Mini-Hochhausensembles ein Ende setzen. Die Frage ist nur, wie plötzlich dieses Ende kommt. Die vom Investor gewünschte Sprengung haben die Verantwortlichen der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt, die Ende der 70er Jahre aus einer Villa in Marienburg an den Raderthalgürtel zog, jüngst abgelehnt. Sie fürchten eine Beeinträchtigung des 24-stündigen Sendebetriebs und Schäden durch Steinflug und Staub.

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