Kölner Dom533 Schritte zur Turmspitze

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Der neue Aufstieg auf den Südturm ist fertig. (Bild: Worring)

Der neue Aufstieg auf den Südturm ist fertig. (Bild: Worring)

Innenstadt – Frisch gestrichen. Zwei mit Maler-Krepp befestigte Zettel mit dieser Aufschrift an der Wand sind die einzigen Hinweise in der Tiefgarage darauf, welcher Ausgang zur neuesten Sehenswürdigkeit des Doms führt. Ein Bordstein bremst hier zwar Rollstuhl- und Kinderwagenfahrer immer noch. Doch die Aufzuggestaltung ist eindeutig: Dieser Lift fährt zwei Etagen hoch zur Domplatte oder eine zum neuen Eingang für die Südturm-Besteigung.

Der härteste Fitness-Test für Kölns-Fans muss auch weiterhin zu Fuß bewältigt werden. Doch Ausgangspunkt für ihn ist nicht mehr die Kathedrale selbst, in der bisher ein Holzverschlag als Kasse diente. Besucher gelangen nun über die Domplatte vor dem Dom Hotel entweder per Aufzug oder treppab zu einem unterirdischen Ticket-Schalter. Von ihm führt ein neuer Aufgang bis zur alten, steinernen Wendeltreppe. Und so haben Dom-Fans jetzt nicht mehr nur 509, sondern ganze 533 Stufen zu erklimmen.

Trauer um die alte „Bude“

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Gefühlte 533 Mal und öfter beantwortet Gerd Hübner die Frage nach der Anzahl der Stufen am Tag wie automatisch - und trotzdem gern und charmant. Der 51-Jährige ist Turmwächter und verkauft die Eintrittskarten für den einzigen Aufstieg, der in Köln garantiert von Dauer ist.

Hübners neuer Arbeitsplatz ist modern und ansprechend. Und doch trauert er ein wenig der alten „Bude“ hinterher, die diesen Dienstag in ihre Einzelteile zerlegt und für immer verschwinden soll. „Man hängt halt dran“, so der Ossendorfer ein bisschen wehmütig. „Man saß dort geschützter. Hier zieht's ein wenig.“

Doch ansonsten gibt es kaum was zu meckern. „Nur wenige eingefleischte Kölner fragen, ob das wirklich nötig war.“ Für einen ruhigeren Gottesdienstablauf sei es jedoch besser, überzeugt Hübner, „dass wir nun da raus sind“. Es sei „schon manchmal unangenehm“ gewesen, „wenn 15 Jugendliche schreiend die Treppe heruntergelaufen kamen“.

Jährlich besteigen mehr als 500 000 Besucher den Südturm. Sie haben nun mit dem neuen Zugangs-Bauwerk des Architekten Kaspar Kraemer neben einer direkten Verbindung von und zur Tiefgarage auch freien Zugang zu Ausgrabungen vor und neben der Kasse, für die kein Eintritt zu zahlen ist.

Der neue unterirdische Zugangsstollen führt durch Original-Dom-Fundament. Er liegt in einem 1994 entdeckten, 120 Quadratmeter großen und fünf Meter hohen Raum innerhalb des Südturmfundamentes unter dem Roncalliplatz. Hier wurde auch ein römischer Keller freigelegt. Die Eingang-Tunnel durch das an der dicksten Stelle 11,5 Meter messende Südturm-Mauerwerk war seit Januar gebohrt und gegraben worden. Nun sind sie eine zusätzliche Attraktion, vor der sich Touristen gegenseitig ablichten.

Attraktiv sind auf jeden Fall auch die neuen Toiletten, findet Erich Bauer, der sie bewacht und in Stand hält. Der 54-Jährige betreut eine moderne und, wie er garantiert, stets saubere Anlage. „Hier hat sich noch keiner beschwert.“ Ärgerlich ist für ihn lediglich der empfindliche und nach wenigen Tagen Publikumsverkehr ramponierte helle Sandstein-Boden. „Den kriegen sie nicht mehr sauber.“

Geduldig weist der Dünnwalder seinen Geschlechtsgenossen den Weg („Junger Mann, rechts entlang.“), weil das Männer-Piktogramm vom Eingang aus nicht zu sehen ist. Und er hält auch 50-Cent-Stücke zum Wechseln bereit, weil der Automat, der dies eigentlich tun sollte, noch nicht funktioniert. Doch Bauer sieht es gelassen und echt kölsch: „Der Dom ist ja auch nicht an einem Tag erbaut worden.“

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