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„Die Höhle der Löwen“Teleshopping-Königin Judith Williams über die Kunst der Deals

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Judith Williams

Judith Williams

Köln – Frau Williams, Sie sind von Anfang an bei „Die Höhle der Löwen“ dabei. Auch in der neuen Staffel werden sich viele Zuschauer fragen, wie ernst es Ihnen ist, wenn Sie einen Deal abschließen.

Ich nehme jeden Deal, den ich mache, sehr ernst. Ich war erst kürzlich mit den Gründern von „Little Lunch“ bei HSE24 bis spätabends auf Sendung und habe 30 Tonnen Brühe verkauft. Jeden Tag kommen Leute zu mir, die sagen: „Geh doch mit mir auf Sendung, mit dir verkaufe ich hundertmal so viel wie allein.“ Aber das mache ich nur für meine Gründer. Ich bin manchmal nachts bis 3 Uhr auf, um Dinge für sie zu erledigen, setze alle meine Kontakte für sie ein. Wir schwitzen, bluten, lachen und weinen gemeinsam. Das ist wie eine Familie, die wächst.

Dennoch wird immer wieder bekannt, dass in der Sendung geschlossene Deals nicht zustande kommen.

Wenn es in der Show zum Deal kommt, überprüfen anschließend meine Experten das Unternehmen auf versteckte Risiken. Das kostet bereits viel Geld, auch ein Grund, warum wir Investoren den Deal natürlich zum Abschluss bringen wollen. In einigen Fällen, wenn die Lage der Firma anders ist als sie in der Show dargestellt wurde oder die Gründer unsere Unterstützung nicht annehmen wollen, müssen wir allerdings den Deal leider und mit schwerem Herzen doch noch absagen. So wie im richtigen Wirtschaftsleben auch, nur dass in „Die Höhle der Löwen“ die Erfolgsquote weitaus höher ist.

Gibt es andere Gründe für geplatzte Deals?

Bei der Unternehmensprüfung haben wir Einblick in alle Geschäftszahlen und Verträge. Aus diesem Grund sind wir, auch wenn der Deal platzt, natürlich zur Verschwiegenheit verpflichtet. Wir wollen den Gründern ja nicht schaden. Grundsätzlich geantwortet gibt es zahlreiche Gründe, warum ein Deal nach der Show noch platzen kann. Wenn wir aus unserer Erfahrung heraus zum Beispiel dem Gründer eine Strategie präsentieren, wie das Unternehmen schnell wachsen und am Markt erfolgreich sein kann, aber der Gründer ganz andere Pläne hat, merkt man sehr schnell, dass diese Zusammenarbeit nicht funktionieren kann. Wenn wir dann einen Deal absagen, ist das auch zum Schutz des Gründers, der damit die volle Kontrolle über seiner Firma behält und die Chance hat, einen Investor zu suchen, der seinen Weg mitgeht.

Sie können ja auch außerhalb der Show in Start-ups investieren. Was macht für Sie den Reiz von „Die Höhle der Löwen“ aus?

Der Reiz für mich ist das, was ich menschlich und auch unternehmerisch lerne. Ich wachse mit jedem Start-up. Sogar Carsten Maschmeyer oder Frank Thelen erfahren Dinge, die sie vorher nicht wussten. Und ich liebe es, aus meiner Komfortzone rauszugehen. Das ist auch etwas, das ich jedem empfehle. Wer etwas erreichen möchte, muss aus der Komfortzone raus. Denn nur außerhalb kann man vorwärtskommen und erfahren, welche Kraft in einem steckt. Das macht mir extrem viel Spaß, und ich lerne so viel von diesen jungen Gründern. Es macht das Leben bunter.

Wie viel macht bei Ihrer Entscheidung die Persönlichkeit des Gründers und wie viel das Produkt aus?

Die Persönlichkeit macht extrem viel aus. Ich würde bei einem schwachen Produkt mit einem starken Gründer wahrscheinlicher investieren als bei einem starken Produkt mit einem schwachen Gründer. Das Produkt kann ich austauschen, den Gründer nicht.

Ist einer der Gründe für den Erfolg der Show, dass sie zeigt, dass der Weg zum Erfolg oft steinig ist?

Ja, jeder Mensch liebt eine Winner-Story, vor allem, wenn jemand vorher schon mal hingefallen ist und dann wieder aufsteht. In unserer Gesellschaft wird jemand, der Misserfolg hat, leider schnell in eine Schachtel gesteckt: „Klappe zu, du bleibst da jetzt für den Rest deines Lebens.“ Viele von uns kennen dieses Gefühl und deshalb ist die Sympathie der Zuschauer für die Sendung so groß, weil DHDL zeigt, dass nach jedem Misserfolg auch ein Erfolg kommen kann – wenn man an sich glaubt und hart arbeitet.

Sie sind Amerikanerin. In den USA geht man anders mit Misserfolg um.

Das ist eine Mentalitätsfrage. In den USA sagt man: „Ok, ist passiert.“ Wie ein Kratzer, der nach ein paar Tagen wieder weg ist. In Deutschland ist das anders. Im Gegenzug sind die Amerikaner aber manchmal auch zu leichtfertig. Ein Zwischending wäre gut. Was ich in Amerika sehr liebe und gerne in Deutschland stärker hätte, ist die Begeisterung. Seid doch mal richtig froh! Seid doch mal glücklich und zeigt es! Ich glaube, dass „Die Höhle der Löwen“ ein bisschen helfen kann, diese Mentalität zu ändern. Und ich sehe, dass sich auch in Deutschland die Mentalität langsam ändert. Ich bin deshalb ganz begeistert von der Generation, die nachwächst. Die jungen Leute haben viel weniger Barrieren im Kopf, sie wollen lernen, teilhaben, anpacken. Die sind sehr unkompliziert. Die gehen mit Misserfolg anders um.

Sie selbst waren Sängerin, aufgrund einer Erkrankung wurde Ihre Stimme stark beeinträchtigt. Dann gingen Sie zum Teleshopping und wurden schließlich Unternehmerin. Hilft Ihnen dieser Bruch im Umgang mit den Gründern?

All das hat ja in Köln in meiner kleinen Wohnung im Klingelpütz stattgefunden. Dieser Bruch ist für mich im Nachhinein extrem wichtig gewesen, weil er mich sehr geerdet hat und mir Dankbarkeit gegeben hat für alles, was ich heute habe. Wer noch nie einen Bruch im Leben hatte, hat etwas verpasst. Und man muss so einen Bruch auch annehmen und daraus lernen. Dann wird es viel leichter. Ich habe das selbst erlebt, und das hat mich gefestigt für alles, was danach kam. Es hat mir die Angst genommen. Deshalb würde ich jedem Mut machen, der in einem Umbruch ist. Ein anderer Morgen wird kommen. Wenn eine Tür zugeht, geht eine andere Tür auf.

Zur Person

Judith Williams (45), Tochter eines US-Opernsängers, studierte in Köln klassischen Gesang. Ihre Karriere wurde Ende der 90er Jahre jäh unterbrochen: Eine Tumorbehandlung kostete ihr die Stimme. Williams sattelte um, verkaufte auf dem Shoppingkanal QVC Cremes und Kleider und machte Millionen.

Seit 2014 ist sie eine der Investoren in der VOX-Sendung „Die Höhle der Löwen“. Die vierte Staffel startet am 5. September, ausgestrahlt wird immer Dienstags ab 20.15 Uhr.

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