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„Maischberger“ zu FreiburgYogeshwar demontiert AfD-Thesen zur Flüchtlingskriminalität

Lesezeit 3 Minuten
Ranga und AfD-Frau

AfD-Politikerin Alice Weidel mit Ranga Yogeshwar

  • „Angst vor Flüchtlingen: Ablehnen, ausgrenzen, abschieben?“ lautete das Thema bei Sandra Maischberger.
  • Zu Gast waren AfD-Politikerin Alice Weidel, Paul Ziemiak von der Jungen Union, der Freiburger Flüchtlingshelfer Hans Lehmann, Tübingens Grüner OB Boris Palmer, Politikwissenschaftlerin Gesine Schwan und Moderator Ranga Yogeshwar.

Talkshows kann man viel vorwerfen: Sie verkürzen, vereinfachen, der am besten zugespitzte Wortbeitrag kann schnell über das eigentlich bessere Sachargument gewinnen. Und doch können die Runden im Deutschen Fernsehen auch ein passender Ort sein, um einer Erkenntnis näher zu kommen. Ein Raum, in dem Argumente im direkten Gegenschlag aufeinandertreffen, Vereinfachungen sofort entlarvt werden. So geschehen am Mittwochabend bei Sandra Maischberger.

Dort legte man den Finger in die Wunde: „Angst vor Flüchtlingen: Ablehnen, ausgrenzen, abschieben?“ Aufhänger: Der Mordfall der Freiburger Studentin, der medienethisch gerade zur neuen Kölner Silvesternacht stilisiert wird. Als Tatverdächtiger wurde ein Flüchtling festgenommen. Sind Flüchtlinge krimineller?

„Die Migrantenkriminalität steigt“, sagt AfD-Politikerin Alice Weidel, und schiebt einen erschütternden Vorwurf nach: „Angela Merkel trägt Mitschuld an dem Tod der Freiburgerin.“ Kopfschütteln bei den anderen Gästen. „So ein dummes Zeug“, erwidert Paul Ziemiak, Vorsitzender der Jungen Union. „Diesen Tod zu missbrauchen, um daraus ganz billig politisches Kapital zu schlagen, ist einfach schlimm!“

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Flüchtlinge sind nicht krimineller als Deutsche

Dann folgt die Aufklärung. Einerseits: Die Kriminalität ist leicht gestiegen. „Es wird mehr geklaut“, sagt Ranga Yogeshwar. Das liege daran, weil viele Flüchtlinge von Armut betroffen sind. Andererseits fügt Boris Palmer, B’90/Grüne, an: Die Gruppe von Flüchtlingen beinhalte mehr junge Männer als die deutsche Gruppe, man müsse also Korrekturfaktoren nutzen, um Flüchtlinge und Deutsche zu vergleichen, wenn es etwa um Diebstähle und Drogendelikte geht. Bei Mord- und Sexualdelikten lässt sich überhaupt kein Unterschied ausmachen. Fakt ist und bleibt somit: Flüchtlinge sind nicht krimineller als Deutsche.

AfD-Frau Alice Weidel geht mit ihren Beiträgen unter

Soll man an Flüchtlinge, weil sie man sie hilfsbereit aufgenommen hat, einen höheren moralischen Standard anlegen? „Sollen sie etwa eine andere moralische Qualität als wir selbst haben?“, fragt Gesine Schwan. Ja, so sehen das zumindest Ziemiak und Palmer. Ziemiak, gerade vom CDU-Bundesparteitag kommend, will schnellere Abschiebungen.

Gleichzeitig geht es um die Flüchtlinge, die aus als sicher eingestufte Herkunftsländer kommen. „Auf Dauer können wir es nicht schaffen, diese große Anzahl an Flüchtlingen aufzunehmen“, sagt Ziemiak. Wie die Unternehmensberatung McKinsey ausrechnete, wird die Zahl der Ausreisepflichtigen bis Ende 2017 auf 485.000 Menschen steigen.

Schwan und Yogeshwar halten dagegen. „Wohin sollen sie denn abgeschoben werden?“, fragt Gesine Schwan mit dem Hinweis, das sei in vielen Fällen völlig unklar: „Fühlen sie sich sicherer, wenn 100.000 abgeschoben werden?“

Alice Weidel stieg in der Diskussion nur immer wieder ein, um nochmals die gleichen verdrehten Zahlen zu wiederholen und ging im Verlauf der konstruktiven Auseinandersetzung immer weiter unter.

Am Ende ist klar: Es gibt kriminelle Flüchtlinge, so wie es kriminelle Deutsche gibt. Wie man mit kriminellen Flüchtlingen umgeht, und ob es mehr Abschiebungen braucht, wird in der Politik weiter diskutiert. Der schreckliche Mordfall in Freiburg hat damit jedenfalls nichts zu tun.

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