„Polizeiruf 110“-KritikDramatischer Krimi zum Jubiläum – Neues Team macht Spaß

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Im Jubiläumsfall hat es mal wieder eine Geiselnahme im „Polizeiruf 110“ gegeben.

Der Fall

Der Jubiläums-Polizeiruf „Endstation“ (Regie: Matthias Tiefenbacher) zum 45. Geburtstag der Reihe beginnt überraschend heftig: Die Schläge treffen Marco unerwartet im Morgengrauen. Erst im Gesicht, als der 12-Jährige auf dem Boden liegt auch am restlichen Körper. Anschließend taumelt der Junge blutverschmiert durch die Straßen von Magdeburg. Vor dem Polizeirevier bricht er zusammen. Wenig später ist er tot.

Kriminalobermeister Mautz (Steve Windolf) ist vom Tod des Jungen zutiefst erschüttert, packt seine Bürosachen in braune Pappkisten und hängt seinen Beruf an den Nagel: „Ich bin raus!“ Kriminalkommissarin Doreen Brasch (Claudia Michelsen) muss daher zunächst alleine ermitteln. Marco hat mit seinem Bruder Sascha (Nino Böhlau) in einer Pflegefamilie gelebt. Dort scheint alles zu offensichtlich in Ordnung: Die Eltern arbeiten tagsüber, die Kinder gehen zur Schule, abends sitzt die Familie beim Abendessen. Doch hinter der Fassade der Patchwork-Großfamilie bröckelt es. Sascha und die anderen Kinder scheinen einiges zu verbergen – für einen Krimi vielleicht sogar zu viel auf einmal. Zudem stoßen die Ermittler auch noch auf eine Einbruchserie in der Nähe des Tatorts. Da Marco eine goldene Taschenuhr dabei hatte, könnte ein Zusammenhang bestehen.

Der Neue

Hauptkommissar Dirk Köhler (Matthias Matschke) gibt sein Bestes, um bei der Aufklärung zu helfen, doch Brasch macht ihrem neuen Partner den Einstand schwer. Die unterschiedlichen Arbeitsweisen der beiden scheinen zu Beginn nicht wirklich miteinander kompatibel zu sein. Brasch ist eher der Typ Einzelkämpferin: Verlässt häufig das Büro ohne ihren Partner zu informieren, fährt lieber alleine Motorrad als gemeinsam im Auto, raucht selbstgedrehte Zigaretten und gönnt sich nach Dienstschluss den ein oder anderen Schnaps, während sie ihre Gedanken sortiert.

Köhler hingegen nimmt Vorschriften immer etwas genauer und würde gerne alle Informationen mit seiner Kollegin teilen. Bei einer Befragung platzt dem Familienvater dann aber auch einmal der Kragen. Anschließend nähern sich die beiden Partner in langsamen Schritten an. Und spätestens als Köhler ein Messer in den Bauch bekommt, begreift Brasch, dass sie einen neuen Partner und deshalb auch Verantwortung für ihn hat.

Die Auflösung

Schon als Sascha im Zimmer seines verstorbenen Bruders wie wild auf das Gesicht seiner leiblichen und drogenabhängigen Mutter einschlägt, lässt sich erahnen, wie viel Wut in diesem Jungen steckt. Und so stellt sich zur Mitte des Krimis tatsächlich auch heraus, dass er seinen kleinen Bruder so heftig zusammengeschlagen hat, dass dieser an den Folgen einer Hirnblutung starb. Marco wollte der Polizei von den Einbrüchen erzählen, die die Geschwister im Auftrag eines Bekannten ihrer leiblichen Mutter begangen haben. Sascha benötigte das gestohlene Geld, um mit der von ihm schwangeren Pflegeschwester Bella (Janina Fautz) abzuhauen. Dieser Plan scheitert letztendlich, weil seine Pflegemutter ihn im Streit erschlägt. Zuvor hatte sie von den Einbrüchen und dem Liebesverhältnis mit ihrer leiblichen Tochter Bella erfahren.

Fazit

„Endstation“ ist ein dramatischer Krimi, in dem Autor Stefan Rogall in einer Familie viele verschiedene Abgründe öffnet. Die Stimmung wird passend dazu von Kameramann Hanno Lentz in düsteren Bildern transportiert. Die Geschichte ist zwischendurch dennoch ein bisschen von Details überladen. So erscheint der Krimi um die Patchwork-Großfamilie aus den beiden Eltern, den beiden Pflegesöhnen Marco und Sascha (von einer drogenabhängigen Mutter), dem anderen Pflegekind Nadine (Luzie Ahrens), das an einer Entwicklungsstörung leidet, und der leiblichen Tochter Bella, die ein Verhältnis mit ihrem Pflegebruder Sascha hat und ein Kind von ihm erwartet, letztendlich doch sehr konstruiert. Das Ermittlerduo Brasch und Köhler hingegen machte zunehmend Spaß und könnte sich mit seinen Eigenheiten auch in Zukunft gut ergänzen.

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