AKP-Abgeordneter bei „Anne Will“„Selbstverständlich“ ist Erdogan lupenreiner Demokrat

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AKP-Abgeordneter Mustafa Yeneroglu

  • Anne Will stellte am Sonntagabend dir Frage: „„Erdoğans Durchmarsch - Wer stoppt den Boss vom Bosporus?“

Berlin – Einen Seitenhieb auf Alexander Gaulands (AfD) Äußerung, wer in Deutschland wen gerne als Nachbarn habe oder eben nicht, konnte sich am Sonntagabend auch Anne Will nicht verkneifen: 83 Prozent der Deutschen wollten nicht neben dem türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdoğan wohnen, behauptete sie zu Beginn ihrer Sendung.

„Nee, so ging die Umfrage nicht“, schob sie dann schnell hinterher: Aber 83 Prozent der Deutschen sagten, Erdoğan sei kein Demokrat – in der Türkei genieße der Mann hingegen viel Rückhalt. Es stellten sich deshalb die Fragen: Wer versteht hier eigentlich wen nicht und wer setzt wen unter Druck? Diese Fragen sollten unter dem Titel „Erdoğans Durchmarsch - Wer stoppt den Boss vom Bosporus?“ diskutiert werden.

Eingeladen hatte Anne Will dazu drei Politiker: Norbert Röttgen (CDU), Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses des Bundestags, die Bundestagsabgeordnete Sevim Dağdelen, Sprecherin für Internationale Beziehungen der Linken-Fraktion, und AKP-Abgeordneten Mustafa Yeneroğlu. Zudem saßen Christiane Hoffmann, stellvertretende Leiterin des Hauptstadtbüros des „Spiegel“, und der Politikwissenschaftler und Türkei-Experte Burak Çopur mit am Tisch im Studio in Berlin.

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Kritik an Resolution des Bundestages

„Selbstverständlich“ sei Erdoğan ein lupenreiner Demokrat sagte AKP-Mann Yeneroğlu gleich zu Beginn. Eine Präsidialdemokratie werde die politische Stabilität in der Türkei erhöhen. Die Frage, ob das, was 1915 im Osmanischen Reich den Armeniern angetan wurde als Völkermord zu bezeichnen sei, wollte der Politiker, der lange Generalsekretär der umstrittenen Organisation Millî Görüş war, zunächst nicht eindeutig beantworten. Es handele sich um einen juristischen Begriff, sagte er. „Ich habe doch von Anfang an Nein gesagt“, erklärter er dann auf Nachfrage.

Die Journalistin Hoffmann kritisierte, die zu der Frage geplante Resolution des Bundestags. Sie sei für die Aufarbeitung der Geschichte in der Türkei „kontraproduktiv“ und werde „überhaupt nichts“ helfen. Der Umgang mit Völkermord gehöre in den Internationalen Strafgerichtshof und nicht in das Parlament. Das sah Röttgen ganz anders: Das Eintreten für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit als „Gardinenpredigt“ zu denunzieren sei nicht akzeptabel. Auch Linken-Abgeordnete Dağdelen kündigte an, der Resolution zuzustimmen und das ebenfalls ihrer Fraktion zu empfehlen.

„Ich fand das schon bizarr, dass Abgeordnete das Parlament entmachten“, kommentierte Dağdelen die Aufhebung der Immunität von rund einem Viertel der Abgeordneten im türkischen Parlament. Das sei ein „probates Mittel von faschistischen Diktaturen“.

„Kein internationaler Konflikt ist bis jetzt mit Gewalt gelöst worden“, warnte Politikwissenschaftler Çopur in Bezug auf die militärischen Auseinandersetzungen in den kurdischen Regionen der Türkei. Röttgen kritisierte, dass der Konflikt mit der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei von der türkischen Regierung „unverhältnismäßig militärisch beantwortet und geführt“ werde.

Diskutierte wurde nicht nur im Studio, sondern auch im Netz – etwa über die Armenien-Resolution:

Kritik gab es unter anderem an Ex- Millî-Görüş-Generalsekretär Yeneroğlu:

Zustimmung bekam der Mann hingegen für seinen Vorschlag, sich darum zu bemühen, ein Interview mit Erdoğan zu vermitteln:

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