Alle Welt dreht Kreise um seinen Büchertisch

Lesezeit 3 Minuten
Walther König

Walther König

Kurz vor Ladenschluss polterte die dunkle Limousine mit getönten Scheiben um die Ecke und kam genau vor der Tür zu stehen. Heraus sprangen zwei schwere Kerle, um die Wege zu blockieren, und in ihrem Gefolge ein halb vermummter Mann. An der Kasse stand gerade Walther Königs Ehefrau und dachte, ihr letztes Stündlein habe geschlagen. Doch es war nur Michael Jackson, der in Ruhe durch die Regale stöbern wollte. Der King of Pop blieb zwei Stunden und hinterließ eine lange Einkaufsliste.

Es ist wirklich nicht übertrieben, die Kölner Buchhandlung Walther König eine weltweite Institution zu nennen. In der Ehrenstraße geben auch heute noch Künstler und Sammler einander die Klinke in die Hand, um sich dicke Bücherpakete nach Hause schicken zu lassen. Diesen exzellenten Ruf verdankt die 1969 gegründete Fachbuchhandlung für Kunst neben ihrem exquisiten Sortiment vor allem der Tatsache, dass sie der inoffizielle Treffpunkt der Kölner Kunstwelt ist - und die schloss in den 1970er und 1980er Jahren den Rest der Welt tendenziell mit ein. "Mir hätte nichts Besseres passieren können", sagt Walther König, "als meine Buchhandlung damals in Köln aufzumachen. Ich habe überhaupt, privat wie geschäftlich, sehr viel Glück gehabt."

1969 hatte Peter Ludwig gerade seine Pop Art-Sammlung im Wallraf-Richartz-Museum gezeigt, und die junge Kunstmesse versetzte Köln in einen Höhenrausch. Händler, Sammler und Künstler zog es in Scharen in die Stadt, und alle wollten dann vor Ort mit Büchern, Neuigkeiten und Klatsch versorgt werden. Rund um Königs Büchertische gab es von allem mehr als genug: "Die Künstler brachten ihre Bücher mit und trafen ihre Leute", erinnert sich König: "Manchmal lagerten wir auch ihre Post."

Alles zum Thema Bars und Kneipen

Nach Köln war Walther König Ende 1961 gekommen, um in der Bücherstube am Dom eine Lehre als Buchhändler zu absolvieren. Da hatte er bereits ein Jurastudium in Münster hinter sich: "Ich jobbte nebenher in einer Buchhandlung und merkte, wie schön das ist. Die Scheine habe ich noch gemacht, um nicht zu kneifen." 1969 fand König dann einen Raum in der Breite Straße, um sich selbstständig zu machen: "Das war eigentlich eine illegale Kneipe."

Im Jahr zuvor hatte Walther König mit seinem nach New York emigrierten Bruder Kasper ein erstes Buch verlegt - "Objekte, benutzen" von Franz Erhard Walther wurde zur Keimzelle des mittlerweile international operierenden Verlags der Buchhandlung. "Ich hatte keine Ahnung, wie man Bücher macht", so König, "bin gegenüber zu Ernst Brücher, dem Gründer des DuMont-Buchverlags, gegangen und habe ihn nach ein paar Tipps gefragt. Im Wesentlichen hat Brücher dann dieses Buch gemacht."

Bald brauchte König niemanden mehr um Rat zu fragen - Verlag und die um etliche Filialen erweiterte Buchhandlung sind eine Erfolgsgeschichte, die auch die Islamische Revolution im Iran nicht aufhalten konnte. 1979 hatte Farah Pahlavi, die Ehefrau des persischen Schahs, bei König Bücher für 80 000 Mark gekauft: "Das ging alles in eine iranische Militärmaschine in Wahn. Ein paar Wochen später wurde der Schah gestürzt. Das Geld haben wir nie gesehen und sind daran beinahe pleitegegangen."

Seit drei Jahren führt Franz König, Königs Sohn, die Geschäfte von Buchhandlung und Verlag. Ein weiterer Glücksfall, findet König, der es durchaus zu genießen scheint, nur noch Gast im eigenen Haus zu sein. Jeden Samstag steigt er dennoch wie in alten Zeiten aus seinem kleinen Büro hinunter ins Getümmel: "Das Schönste ist, in der Buchhandlung zu stehen und mit den Leuten zu reden." Und wie hat sich der Imi mit den Kölnern arrangiert? "Wir Westfalen sind doch hier das Salz in der Suppe", sagt Walther König vergnügt.

KStA abonnieren