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Ausstellung in BonnAlte und neue Entwürfe im Bauhaus-Design

Lesezeit 4 Minuten
So farbenfroh wie das Bauspiel-Schiff von Alma Siedhoff-Buscher waren viele Bauhaus-Entwürfe.

So farbenfroh wie das Bauspiel-Schiff von Alma Siedhoff-Buscher waren viele Bauhaus-Entwürfe.

Bonn – Klubsessel B3 mit Stoffbespannung: 66 Reichsmark, Klubsessel B4 zusammenklappbar: 60 Reichsmark – so listete der Werbeprospekt „Das neue Möbel“ im Jahr 1928 Entwürfe von Marcel Breuer auf. Darunter auch den heute als Wassily-Stuhl weltbekannten Sessel B3.

Die Stahlrohrkonstruktion ist eine der Ikonen des Bauhauses. Doch die enge Verknüpfung ist Segen und Fluch zugleich. „Man kennt das aus Möbelhauskatalogen. Alles, was rechtwinklig, verchromt und mit schwarzem Leder bezogen ist, gilt heute als Bauhaus“, sagt Mateo Kries, Direktor des Vitra Design Museums in Weil am Rhein, das die im vergangenen Jahr im eigenen Haus gezeigte Ausstellung „Das Bauhaus. Alles ist Design“ nun in einer erweiterten Fassung in Kooperation mit und in der Bonner Bundeskunsthalle präsentiert.

Alt und neu nebeneinander

Diese Sicht auf das 1919 in Weimar von Walter Gropius gegründete Bauhaus, so Kries weiter, sei verkürzt. Das Design – ein Begriff, den man vor knapp 100 Jahren in Deutschland noch gar nicht benutzte – sei viel mehr gewesen. „Es ging um kollektive Gestaltung, um die Rolle des Designers in der Gesellschaft.“ Das sagt auch Jolanthe Kugler, Kuratorin der Ausstellung. Um das Bauhaus zu verstehen, müsse man zahlreiche Mythen beiseiteschieben. „Das Bauhaus als Epoche, als Institution und Schule, ist vorbei, aber als offene Experimentierplattform, die Neues zuließ, als produktive Uneinigkeit ist es ungeheuer lebendig.“

Aus diesem Grund sind in der Ausstellung alte und neue Entwürfe häufig direkt nebeneinander zu sehen. Neben Werken bekannter Bauhaus-Künstler wie Gropius, Breuer, Lyonel Feiniger, Paul Klee, Wassily Kandinsky und Marianne Brandt zeigt die Schau zahlreiche moderne Entwürfe. So stehen ein Armstuhl von Ludwig Mies van der Rohe aus dem Jahr 1927 und Stuhl und Tisch von Konstantin Grcic aus dem Jahr 2009 in erstaunlicher Eintracht nebeneinander.

Bauhaus ist nicht nur Stil

Doch es geht den Ausstellungsmachern um mehr, als nur zu zeigen, dass viele Entwürfe des Bauhauses heute noch modern wirken und Designer inspirieren. Sie zeigen anschaulich und mit beeindruckenden Exponaten, dass das Bauhaus in erster Linie eine Idee war, eine Lebensvorstellung, eine neue Art zu denken und weniger ein bestimmter Stil. Zumal es das eine Bauhaus gar nicht gab. In den unterschiedlichen Werkstätten waren Meister, Gesellen und Lehrlinge – Gropius lehnte die Begriffe Lehrer und Schüler ab – angehalten zu experimentieren, Grenzen zu überschreiten. Kunst und Handwerk sollten Hand in Hand agieren.

Die Ausstellung gliedert sich in vier Teilbereiche. Sie beginnt mit dem historischen und sozialen Kontext des Bauhauses, das nach dem Ersten Weltkrieg in einer Zeit großer Verunsicherung und Umbrüche gegründet wurde. Im zweiten Teil werden Designobjekte sowie ihre Entstehungsgeschichte zwischen Kunst, Handwerk, Technik und Industrie untersucht. Ein weiterer Bereich beschäftigt sich mit der Kommunikation des Bauhauses, von Typografie und Ausstellungen über experimentelle Filmkunst und Fotografie bis hin zur Schaffung jener Mythen, die das Bauhaus noch etwa umranken. Der letzte Teil beschäftigt sich mit dem Thema Raum.

Grundlegender Gedanke des Bauhaus war, dass Design immer den Menschen dienen sollte, nicht umgekehrt. Gut gestaltete Alltagsgegenstände, die sich jeder leisten konnte, waren das Ziel. Der Gegenstand solle „seinem Zweck dienen, das heißt seine Funktion praktisch erfüllen, haltbar, billig und schön sein“, so Gropius. Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass ausgerechnet eine weitere Bauhaus-Ikone eben diese Kriterien nicht erfüllt. Die ebenfalls präsentierte Wagenfeld-Tischlampe sei „nicht funktional, nicht billig, nicht haltbar, nur schön“, so Kuratorin Kugler.

Alles ist möglich

Der ganzheitliche Ansatz – Design ist alles und alles ist Design – lässt sich in der Ausstellung sehr anschaulich nachvollziehen. Von den damals besonders erfolgreich verkauften Spielzeugen und Tapeten, über Lampen, Möbel, Geschirr bis hin zu Schriftarten und Entwürfen für günstige Wohnungen – jeder Bereich des Lebens sollte abgedeckt werden. Denn auf die Frage: Was ist gestaltbar? gab es nur eine Antwort: Alles. Dabei ging es nicht nur um Ästhetik. Gute Gestaltung ist in der Lage, die Welt besser zu machen, davon war man am Bauhaus überzeugt. Wie das heute aussehen kann, zeigen moderne Entwürfe, wie die Hartz-IV-Reihe des Berliner Architekten Van Bo Le-Mentzel: Die Selbstbau-Möbel wie der 24-Euro-Sessel sind günstig und in 24 Stunden anhand eines Bauplans zu bauen.

Die Idee, aktiv an einer Umgestaltung der Gesellschaft teilzunehmen, ist heute wieder sehr aktuell, ist Kuratorin Kugler sicher. Stichworte wie „Social Design“ und „open design“ greifen diesen Ansatz auf. Zudem führe man heute eine ähnliche Diskussion wie am Bauhaus, so Mateo Kries. Die Digitalisierung werfe die Frage auf, welche Ästhetik ein neues Material verlange und wie neue Produktionsprozesse aussehen könnten. So bleibt die Erkenntnis, dass es weniger einige bekannte Entwürfe sind als vielmehr ein umfassender Anspruch an Gestaltung, der das Bauhaus auch heute noch aktuell sein lässt.

Die Ausstellung

„Das Bauhaus. Alles ist Design.“ ist vom 1. April bis 14. August in der Bonner Bundeskunsthalle zu sehen (Friedrich-Ebert-Allee 4, 53113 Bonn). Das Museum ist dienstags und mittwochs von 10 bis 21 Uhr geöffnet, donnerstags bis sonntags von 10 bis 19 Uhr.

Der Eintritt kostet 10 Euro, ermäßigte Tickets 6,50 Euro, Familienkarten 16 Euro.

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