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Hirnforscher bei „Hart aber fair“„Smartphones sind schlimmer als Nikotin“

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Spitzer

Hirnforscher Manfred Spitzer

Köln – Wer den Hirnforscher Manfred Spitzer zur Talkshow lädt, kann sich darauf verlassen, dass es nicht allzu harmonisch wird. Der umstrittene Ulmer Hirnforscher, der mit kulturpessimistischen Werken wie „Cyberkrank“ hervorgetreten ist, meint: Die Digitalära sei „weitaus schlimmer für die Menschheit, als es Nikotin je war“.

Er warnt ständig vor dem Suchtpotenzial von Smartphones und zitiert gern Untersuchungen, wonach Facebook depressiv machen kann. Und wenn man Spitzer mit einem Mann wie dem Bonner Unternehmer Frank Thelen konfrontiert, dann läuft die Diskussion munter und fast wie von selbst. Denn Thelen ist ebenfalls ein Mann der Zuspitzung, die dann schon mal in dem Satz gipfelt: „Zu wenig Internet tötet die deutsche Wirtschaft und tötet Deutschland.“ Diesmal war „Hart aber fair“ im Grunde ein Duell dieser beiden Männer.

Die Gäste:

Manfred Spitzer: Hatte zu jedem Aspekt des Themas Zahlen und Studien parat. In Südkorea verbrächten die Leute inzwischen 5,3 Stunden am Tag damit, aufs Handy zu schauen oder damit zu arbeiten, warnte der Professor. Und: „Wir können nicht zulassen, dass Apple und Google noch reicher werden dadurch, dass unsere Kinder im Kopf vermüllt und aufmerksamkeitsgestört werden“. Bei einem Smartphone-Verbot nehme die Leistungsfähigkeit der Schüler zu, das sei erwiesen. Er riet zum Buch im Unterricht. 

Alles zum Thema Hart aber fair

Frank Thelen: Der Bonner Internet-Unternehmer war Spitzers Antipode in der Runde. Sieht in Kindern, die das Programmieren nicht frühzeitig lernen, die „Analphabeten von morgen“. Tablets sollten auf keinen Fall verbannt werden aus dem Unterricht. Die Soft- und Hardware werde heute von US-Konzernen wie Apple und Google beherrscht. Deutschland drohe völlig den Anschluss zu verlieren.  „Wir verlieren hier ganz viele Arbeitsplätze, und die entstehen in den USA.“  Dabei würden wir zunehmend „von Maschinen gesteuert“, etwa in selbstfahrenden Autos. 

Leni Breymaier: Die Gewerkschaftsfrau von Verdi sieht nicht, wie die Dynamik der Digitalisierung aufzuhalten wäre, will die Entwicklung aber im Sinne der Arbeitnehmer steuern. Im Finanzdienstleistungsbereich drohten weitere 50 Prozent der Jobs wegzufallen.  

Duygu Gezen: Sie ist die erste Social-Media-Volontärin der ARD. Wenn sie im Bett liegt, wird das Smartphone rechts und das Tablet links platziert. Eigentlich legt sie es nur beim Duschen aus der Hand. Hatte bis auf solche Details aus ihrem Internet-affinen Leben eher wenig zur Diskussion beizutragen.

Ranga Yogeshwar: Für ihn ist das Handy zunächst mal ein „tolles Gerät, das ist Magie“. Das Smartphone sei nicht per se gut oder böse. Er  plädiert dafür, wegzukommen von der Konsum- zur Gestaltungshaltung. Kinder sollten Programmieren lernen, um die Zukunft aktiv zu gestalten -  aber auch „wissen, wie man auf einen Baum klettert“.

Überraschung am Ende der Sendung

Der Moderator

Plasberg führte souverän durch die Sendung, gab aber Spitzer zu viel Raum. Die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Arbeitswelt wurde entgegen Plasbergs Versprechen nur  gestreift.

Überraschung am Ende:

Die Kombattanten Spitzer und Thelen waren sich am Ende in einem Punkt verblüffend einig: Smartphones sollten für Kinder und Jugendliche erst ab 16 Jahren unbeaufsichtigt verfügbar sein.

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