Interview mit Christoph Fey„Köln ist eine Fernsehhauptstadt“

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In Köln spricht auch Ran Telem, der als Produzent maßgeblich an der Entwicklung der israelischen Serie „Hatufim“ und an deren amerikanischer Adaption „Homeland“ (Foto) beteiligt war.

In Köln spricht auch Ran Telem, der als Produzent maßgeblich an der Entwicklung der israelischen Serie „Hatufim“ und an deren amerikanischer Adaption „Homeland“ (Foto) beteiligt war.

Herr Fey, in diesen Tagen kommen Kreative aus vielen Ländern in Köln zusammen, um die Entertainment Master Class zu besuchen. Was hat es damit auf sich? Die Entertainment Master Class ist 2008 von führenden Köpfen des Fernsehens gegründet worden. Die Formate sind immer globaler geworden und gute Ideen und Talente können überall herkommen, auch aus dem kleinsten Dorf und nicht nur aus den Fluren der großen Networks. Die Projekte sind zudem größer geworden, und das Geld muss man von überall besorgen.

Sie sahen Handlungsbedarf? Irgendwann kam eine Frage auf: Wie kann es sein, dass wir alle kreative Organisationen sind, aber diesen Organisationen steht ein Buchhalter, ein Anwalt oder Banker vor? Und diejenigen, die eigentlich diese großartigen Werke entwickeln, sind nicht die, die ihr eigenes Geschäft führen. Ist das nicht ein Geburtshelfer in der kreativen Branche? Müssten nicht die Kreativen ihre eigene Industrie leiten? Man hat aber gemerkt, dass es an den Filmschulen keine Ausbildung gab, die beide Seiten zusammenbrachte.

Wie wollten Sie das Problem lösen? Wir haben eine eigene Ausbildung geschaffen: Von der Industrie für die Industrie. Und es sollte nicht für Studenten sein, sondern für die, die in der Branche arbeiten. Dann hat man sich an die Idee der alten Meisterklassen erinnert. So ist die Entertainment Master Class entstanden. Es sollte eine Schule ohne Schüler und ohne Lehrer sein, wo diejenigen, die kommen, ihre Ausbildung selbst schaffen. Deshalb haben wir es ganz unakademisch und spielerisch geschaffen. Die wandert nun seit 2008 durch die Welt.

Und kommt immer wieder nach Köln. Warum und warum gerade jetzt? Wir sind natürlich nicht zufällig dann in Köln, wenn die Jury für den International Emmy hier tagt. Sie ist seit langem eine Verbündete der Entertainment Master Class. Außerdem kommen wir nach Köln, weil die Film- und Medienstiftung NRW ein Gründungspartner ist. Unser Wanderzirkus zieht rund um die Welt – London, Tokio, New York, Berlin –, aber er beginnt in Köln.

Ist es schwer, Leute nach Köln zu holen? New York, London oder Tokio sind ja wahrscheinlich für viele interessantere Ziele. In gewisser Weise ja, aber die Leute, die in der Branche arbeiten, wissen, dass Köln eine Fernsehhauptstadt ist. Die wissen auch, dass Berlin das nicht ist. Wir machen ja keine Konferenz, sondern die Teilnehmer bewerben sich. Und wir haben auch Leute, die nach guten Leuten scouten. Da arbeiten wir eng mit der Film- und Medienstiftung zusammen, die wissen, wer Spannendes macht. Wir sind eine gemeinnützige Gesellschaft, wir können denen, die da sprechen, nicht viel zahlen. Es muss einen anderen Grund geben, warum die großen Köpfe kommen. Und der Grund ist, dass alle nach neuen Ideen und Talenten suchen. Sie kommen in einem geschlossenen, vertrauensvollen Kreis zusammen. So holt man gute Köpfe nach Köln.

Worum geht es in Köln? Das Thema in Köln lautet „Running Shows – The journey of three years in four days.“ Weil es drei Jahre dauert, bis aus einer guten Idee eine Serie wird. Wir machen das also chronologisch, vom ersten Moment, wo die Idee entsteht, bis zu dem, wo der Name in den Endcredits auftaucht. Wie kriegt man das ganze Paket zusammen? Von der Entwicklung über die Finanzierung bis hin zu den Geschäften.

Und alle reden frei drauflos? Bei uns gilt eine alte Regel: die Chatham House Rule, die stammt aus einem Diplomatieclub aus London, wo sich die Diplomaten frei austauschen wollten, auch über Geheimes: Alles, was du hörst, darfst du deinen Leuten erzählen, du darfst danach handeln, aber eins ist wichtig: Du darfst nie sagen, wer es dir gesagt hat. Das ermöglicht den Leuten, offen zu reden.

Zur Person

Christoph Fey arbeitet als Rechtsanwalt (Urheber- und Medienrecht). Er ist Managing Director der Entertainment Master Class. Zudem ist er Mitglied der International Academy of Television Arts and Sciences, die den International Emmy verleiht.

Können Sie ein konkretes Beispiel für ein Projekt nennen, das in einer Master Class entstanden ist? Da sind über die Jahre tolle Sachen bei herausgekommen, auch einige International Emmys. Das ist einer der Gründe, warum wir ein langes, freundschaftliches Verhältnis zu den Emmys pflegen. So ist zum Beispiel aus der Comedy Master Class „Benidorm Bastards“ entstanden, das einen International Emmy gewonnen hat. Das war ein junger belgischer Produzent, der eine schräge Comedy-Idee – alte Leute führen junge Leute hinters Licht – hatte, von der er wusste, dass er sie in Belgien nicht unterbringt. Damit ist Tim Van Aelst zur Entertainment Master Class gekommen. Dort ist „Benidorm Bastards“ entstanden. Das Format lief dann zuerst in Holland, ist in 40 Länder verkauft worden und hat Preise gewonnen.

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