Keyboard-LegendeKeith Emerson mit 71 Jahren gestorben

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Emerson

Der britische Keyboarder Keith Emerson nimmt im März 2010 in Frankfurt am Main im Kaisersaal des Römers am Vorabend der Musikmesse den Applaus des Publikums entgegen, nachdem er den Frankfurter Musikpreis 2010 überreicht bekam.

Irgendwann, so gegen Ende der 1960er, hörte die Rockmusik auf, ein einfaches Tanzvergnügen zu sein. Auch als dröhnender Hintergrund für den jugendlichen Krawall war sie sich zu fein geworden. Stattdessen forderte sie Aufmerksamkeit und Bewunderung, ja Andacht: Virtuosen betraten die Bühne; Bands wie King Crimson, Genesis und Yes gaben jetzt den Takt vor. Das war die Zeit von Keith Emerson. Der Keyboarder der Band Emerson, Lake and Palmer überragte seine Mitspieler – Greg Lake und Carl Palmer – deutlich. Wie sonst nur John Lord von Deep Purple entdeckte er für das Tasteninstrument vollkommen neue Einsatzmöglichkeiten im Rock.

Der Musiker als Klangforscher

Der hieß jetzt Progressive Rock, eine Musik, so Emerson, „die fortschreitet. Pop-Songs bestehen aus Wiederholung. Progressive Musik aber nimmt ein Riff, kehrt sein Inneres nach Außen und erkundet so sein Potenzial“. Bei Emerson türmten sich die Gerätschaften auf der Bühne, Effektgeräte, Synthesizer und Kabelgewirr: Der Musiker verstand sich als Klangforscher, der Hammondorgel gewann er einen neuen, aggressiven Sound ab und mit dem Synthesizer führte er einen unerhörten, seinerzeit als „unecht“ wahrgenommenen Ton in die sich ja eher rustikal verstehende Rockmusik ein. Jazzimprovisationen und Klassiketüden ergänzten das Repertoire des Alleskönners.

 Keith Noel Emerson wurde 1944, in dem britischen Städtchen Todmorden geboren. Die Familie floh vor den deutschen Bombenangriffen nach Südengland, der Junge wuchs im beschaulichen Seebad Worthing auf und lernte das Klavierspiel. Mit 14 Jahren war er in der Gegend bereits eine kleine Berühmtheit, galt als Wunderkind. In den 1960ern zieht es ihn dann nach London, er gründet 1967 gründete die Gruppe The Nice, ein Fusion-Projekt, das Jazz, des Blues und Rock mit klassischen Elementen verbindet – gewissermaßen die Blaupause für die 1970 gegründeten Emerson Lake and Palmer. Von jetzt an wurde richtig geklotzt.

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Auch in den Charts erfolgreich

Die drei Virtuosen übten sich in technischer und stilistischer Gigantomanie, ihre Musik enthielt Elemente aus Bartók, Janácek, Bach, Orff oder Tschaikowski – die Bühnenaufbauten waren kolossal und die PA-Anlage selbstverständlich die größte und beste ihrer Zeit. Jedes Album der Gruppe erreichte bis zur Auflösung 1978 in England und den USA hohe Chartpositionen. Singleauskopplungen wie „Lucky Man“ (1970), „I believe in Father Christmas“ (1977) oder „Fanfare for the Common Man“ (1977) wurden Welthits. Dann war der musikalische Höhenflug vorbei.

Die Wiedervereinigung 1992 blieb künstlerisch unbefriedigend, nämlich bloße, vollkommen leerlaufende Könnerschaft. Keith Emerson wandte sich anderen Projekten zu, seit 2004 war er mit einer eigenen Band unterwegs und machte sich ansonsten mit mehreren Klavierwerken und Filmmusik einen Namen. Nun ist er im Alter von 71 Jahren an seinem Wohnort im kalifornischen Santa Monica gestorben. Seine langjährige Lebensgefährtin fand Emerson in der Nacht tot auf. Die Polizei geht davon aus, dass er sich erschossen hat.

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