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KonzertAdele macht zwei junge Kölnerinnen überglücklich

Lesezeit 4 Minuten
Adele

Sängerin Adele bei ihrem Auftritt in der Hamburger Barclaycard Arena.

Köln – Adele Adkins ist schon da, als die 15.000 Zuschauer am Samstagabend in die ausverkaufte (und komplett bestuhlte) Lanxess-Arena strömen. Nicht persönlich; aber eine XXL-Nahaufnahme ihrer schwarz geränderten, geschlossenen Augen und der in Mascara getunkten Wimpern wird als Standbild auf die bühnenfüllende Leinwand projiziert.

Dass die Sängerin nicht mehr lange auf sich warten lässt, belegt um zehn nach Acht der umjubelte Auftritt eines Roadies, der eine Tasse für Adele auf der Bühne abstellt. Das Ablenkungsmanöver gelingt, denn während nun alle Blicke nach vorne gerichtet sind, geht das Licht aus, nun bewegen sich die riesengroßen Augen, nun klimpern die Wimpern auf der Leinwand, aus dem Off singt Adele die ersten Töne von „Hello“. Aber wo?

Adele in bodenlangem Lametta-Kleid

Dann ist sie plötzlich da, auf einer kleinen zweiten Bühne in der Hallenmitte, deren Boden sich überraschend geöffnet hat. Menschen ganz oben in der Lanxess-Arena könnten einen Augenblick lang denken, ihnen sei ein Weihnachtsbaum mit blonder Spitze erschienen, aber dieser Text soll sich ja nicht an Adeles bodenlangem Lametta-Kleid abarbeiten.

Alles zum Thema Phantasialand

Musikalisch ist die Engländerin, deren vorige Kölnshow im Frühjahr 2011 noch im – verglichen mit der Arena – winzigen Bürgerhaus Stollwerck stattfand, in Topform. Es gibt derzeit wohl kaum eine Pop-Sängerin, die live eine derart geschliffene Performance abliefert. Das fällt bei Stücken mit zurückhaltender Klavier-Begleitung („Hometown Glory“ vom Debütalbum „19“) besonders auf; diese phantastische Phrasierung, wo wirklich jedes Detail (etwa die Klick-Betonung der Worte „thick“ und „opaque“) stimmt.

„Shit“, „fuck“ und „crap“!

Aber Adele surft auch mühelos durch Songs mit voller Orchester-Breitseite (der James-Bond-Song „Skyfall“ und das monumentale „Set Fire to the Rain“). Bei diesem letzten Stück vor der Zugabe steht Adele wieder auf der kleinen Zentralbühne, und das Podium wird von oben drei Minuten lang eingeregnet. Kein Fake, wir sind ja hier nicht bei RTL, sondern echter Niederschlag! Das hat man so bislang auch nur bei Open-air-Konzerten gesehen.

Zwischendurch lockert sich die Anspannung, die Adele während des Singens anzumerken ist. Dass sie mit den Zuschauern unbefangen plaudert, garniert mit einer erfrischend dreckigen Lache und den einschlägigen englischen Füllwörtern „shit“, „fuck“ und „crap“ , nimmt dem Auftritt die perfektionistische Aura, und signalisiert den Fans: Ich bin eigentlich ganz bodenständig.

„Rolling in the Deep“ als Disco-Hymne

Aber natürlich hat Adele seit dem Megaerfolg von „21“ ein Luxusproblem. Worüber soll frau singen, wenn sie über den bösen Ex-Freund auf diesem Album eigentlich alles gesagt hat, und, mit neuen Mann und kleinem Sohn, in einer glücklicheren Lebensphase angekommen ist? So finden sich auf „25“ auch musikalische Leichtgewichte wie „Sweetest Devotion“, eines jener „Mein-Kind-hat-mein-Leben-verändert“-Liedchen, mit denen die Popgeschichte eher überversorgt ist. Das wird im Live-Set durch Perlen wie „Don’t You Remember“ – in einem von Allison Krauss inspirierten, beinahe spröden Country-Arrangement ­– mehr als kompensiert. Adele legt sogar in Textbausein-Zeilen wie „When Will I See You Again?“ eine emotionale Dringlichkeit, die auch in der größte Halle funktioniert.

Ganz zum Schluss, das ist identisch mit dem Stollwerck-Konzert vor fünf Jahren, kommt „Rolling in the Deep“. Noch so ein Fußtritt für den Verflossenen, ein Blues, der als Disco-Hymne mit fulminantem Bass-Anschub daherkommt und dem eine Zukunft als Partyklassiker bevorstehen dürfte wie Gloria Gaynors "I Will Survive". Es ist der ultimative Gegenschlag der schlecht behandelten Frau, und somit der bestmögliche Schlusspunkt für ein Konzert von Adele, die diese Erfahrung in eine Weltkarriere verwandelt hat.

Unvergessliches Ereignis für zwei Kölner Mädchen

Am Sonntagabend spielte Adele um 20 Uhr noch einmal in der Lanxess-Arena. Auch diese Show war ausverkauft. Für zwei Mädchen aus Köln wird dieser Auftritt unvergesslich bleiben. Adele holte sie auf die Bühne und machte ein Selfie mit ihnen. Die beiden erzählten der Sängerin, dass sie seit Jahren sparen, um auf dieses Konzert zu gehen – die Tickets kosteten zwischen 65 und 150 Euro.

Adele war wieder einmal in Plauderlaune. So erzählte sie, dass sie mit ihrem dreieinhalbjährigen Sohn das Phantasialand in Brühl besucht habe und er sich dort gegruselt habe. Die Lanxess Arena liebt sie für diese privaten Geschichten. (tom)

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