KonzertDie Musik weitet sich zur Szene

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Drei Tänzer rennen, springen, schliddern, kriechen zwischen drei Instrumentalisten umher. Ihre Bewegungen scheinen immer wieder auf Kollisionskurs zu Violine und Cello zu gehen. Doch Angst um die kostbaren Instrumente ist fehl am Platz. Denn alle perfekt einstudierten Gesten und Aktionen sind präzise im Raum platziert als Bestandteile einer ungewöhnlichen Verbindung von Kammer- und Ballettmusik. Die beiden Werke des Abends verbinden Instrumentales und Choreographisches zu einer sich wechselseitig beleuchtenden Einheit.

Die Veranstaltung der Bernd-Alois-Zimmermann-Gesellschaft in der Alten Feuerwache kombinierte identisch besetze Werke von Michael Denhoff und Bernd Alois Zimmermann. In Denhoffs 3. Klaviertrio "Schwarzes Ballett" von 1995 erscheinen die drei Musiker des "Ensemble uBu" wie die Tänzer Yves Ytier (für die Choreographie verantwortlich), Magdalena Öttl und Antonia Stäcker barfüßig. Vor dem schwarzen Boden und Bühnenvorhang treten so sämtliche Spiel- und Tanzaktionen als Klänge und Gesten eines Dialogs hervor. Die Tänzer greifen instrumentale Spielweisen auf, indem sie Klavieranschläge, Auf und Abstriche nachzeichneten. Und am Ende bemächtigen sie sich gar selbst der Instrumente.

Der Tanz droht sich zuweilen vor die Musik zu drängen. Doch dann nehmen sich die Tänzer wieder zurück, indem sie etwa die aufgesprungene Geigerin wieder auf deren Stuhl zum Weiterspielen zwingen. Die Musik weitet sich zur Szene, und umgekehrt leitet das Sehen zum Hören zurück. Als Pendant zu Denhoffs "Schwarzem Ballett" treten in Zimmermanns "Ballet blanc", dem Klaviertrio "Présence" von 1961, alle Akteure weiß gewandet und mit fantastischen Kopfbedeckungen auf. Geigerin Anna Neubert hat mit ihrem Bogen einen Florett-Kampf auszufechten, Cellistin Esther Saladin wird mit demselben Bogen zum Ritter geschlagen und Pianist Christoph Stöber lässt das Spiel seiner Hände durch eine dritte zum "main de trois" ergänzen.

Verklammert wurden beide Werke durch pantomimische Vor- und Zwischenspiele des paradoxerweise stummen "Speakers" Leonard Spies. In Kostüm und Szenerie von Sophia Spies erschien er wie ein Herr mit Melone aus René Magrittes surrealistischen Gemälden. Der rundum gelungene Konzert- und Tanzabend weckt Vorfreude auf die im Zeichen von Zimmermanns 100. Geburtstag stehende Spielzeit 2017/18. Werke des Kölner Komponisten prägen die WDR-Konzertreihe "Musik der Zeit", das Programm des Gürzenich-Orchesters und das Festival "Acht Brücken". Im April 2018 veranstaltet zudem die BAZG an der Hochschule für Musik und Tanz Köln ein Symposion und bringt die Oper Köln "Die Soldaten" auf die Bühne. Man darf gespannt sein.

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