Konzert im Gebäude 9Schnipo Schranke enttäuschen in Köln

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Daniela Reis (l.) und Friederike Ernst

Daniela Reis (l.) und Friederike Ernst

Köln – Es ist noch gar nicht so lange her, dass sich die beiden Frauen in Frankfurt ziemlich langweilten. Und nicht so recht wussten, wie es mit ihren Leben zwischen Musikhochschule, Handkäse und Appelwoi (doch, so viel Klischee muss hier sein) weitergehen sollte.

Dann aber zogen Friederike Ernst und Daniela Reis in den coolen Norden, sind seitdem Wahl-Hamburgerinnen, fanden in Rocko Schamoni einen klugen Förderer und veröffentlichten als Schnipo Schranke (benannt nach dem kulinarischen Evergreen „Schnitzel mit Pommes, garniert mit Mayonnaise und Ketchup“) ihr durchaus unterhaltsames Debütalbum „Satt“.

Da haben wir den Angebersalat

Und nun? Haben wir den Angebersalat. „Ey, du da in der ersten Reihe mit deinem Tocotronic-T-Shirt – wie peinlich ist das denn, Digger?!“, spricht Daniela Reis in das gut gefüllte Gebäude 9. Gut, diese schlichte Grußadresse kann der Unsicherheit geschuldet sein.

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Man kann sie mit mangelnder Bühnenerfahrung erklären. Reis und Ernst, beide in der zweiten Hälfte ihrer Zwanziger, sind als Populärmusikerinnen Berufsanfängerinnen. Was aber schnurz ist. Plump und doof wirkt diese Publikumsanmache allemal, und live will der Stolper-Pop, den Schnipo Schranke auf „Satt“ ganz hübsch anschubsen, im Gebäude 9 nicht so recht in Gang kommen.

Um musikalischen Dilettantismus charmant zu inszenieren, muss man viel über Musik wissen. Und kann dann all das weglasssen, was man für seinen Sound nicht braucht. Das Gebaren der legendären Band Trio fußte auf diesem Ansatz, es ist noch heute die Basis des Schaffens von Stereo Total. Was Schnipo Schranke indes auf die Bühne bringen, ist spätestens nach dem dritten Song ermüdend. Ein Beat gleicht dem anderen, Keyboard- und Schlagzeugspiel sind niedlich – aber Niedlichkeit an sich ist kein Verdienst.

Besuch der Dilettanten

Von Rudi Carrells goldener Showbiz-Regel – „Wenn du was aus dem Ärmel schütteln willst, musst du vorher etwas reintun“ – wissen Schnipo Schranke, live unterstützt von Reis’ frisch angetrautem Ehemann, rein gar nichts. Es ist der Besuch der Dilettanten, den Köln im Gebäude 9 empfängt, und irgendwie verpuffen die schlaumeiernden Texte von Schnipo Schranke, in denen sie offensiv von der Lust und Last mit der Liebe und schonungslos von den Schrecken und der Schönheit zwischenmenschlicher Verbindungen künden.

„Ich würd dich gern mal treffen/ doch ich werf immer daneben/ denkst du, das Bügeleisen kann man wieder kleben? aus „Tot“ ist ohnehin eine Lustigkeitseinlage auf Kabarett-Niveau. Danach geht’s immerhin so explizit zur Sache, dass auch Charlotte Roche von den beiden Ladies etwas lernen könnte.

Schnipo Schranke bringen Geschlechterstereotypen auf das Thementablett, sie singen über Intimhygiene und Penetrationsphantasien, und sie verbinden im Song „Schrank“ Naturromantik mit dem maskulinen Süden: „Die Sonne hängt jetzt tief wie dein weiches Prachtgemächt“.

Mit ihrem Miniaturhit „Pisse“ – „Ich bin doch nur ein Mädchen/ wenn auch unrasiert/ brauche Liebe, brauche Halt/ und einen, der mich knallt“ – sind dann aktuelle Feminismus-Debatten final erledigt. Das ist gut so, und auch, dass Schnipo Schranke von sich und für ihre Generation singen, ist prima. Nur als Live-Band, da sind sie alles in allem doch peinlich. Ganz ohne „Digger“. Echt jetzt.

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