Konzert in der Lanxess-ArenaUdo Lindenberg rockt mit Hut und Haltung

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Der Deutsch-Rocker will noch lange auf der Bühne stehen.

Köln – Wenn Udo Lindenberg auf der Bühne zusammensackt und auf die Knie fällt, und das macht er (alte James-Brown-Schule) nicht nur einmal binnen drei Konzertstunden, dann landet er in der Lanxess-Arena weich. Aus dem Oberrang lässt sich ziemlich gut beobachten, dass ein diskreter Helfer Lindenberg jeweils zum richtigen Zeitpunkt ein Kissen hinlegt. Es wäre ja auch zu blöd, und überhaupt nicht Rock’n’Roll-like, würde ein profaner Meniskusschaden der triumphalen Deutschlandtour Lindenbergs ein vorzeitiges Ende setzen.

Nein, Lindenberg wirkt topfit, passt auf seinen Körper inzwischen gut auf, und singt ihm sogar ein reumütiges Dankeschön („hab dich super-hart geschunden“) fürs Nicht-Kaputtgehen. Er ist ja auch oft genug hinab gestiegen in den „Kneipenkeller der Erleuchtung“, und die Sorgen, Lindenberg könnte der nächste Juhnke werden, waren so weit hergeholt nicht.  

Lindenberg will noch lange rocken

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In der Lanxess-Arena feiert Udo Lindenberg mit rund 15000 Fans und den Gästen Peter Brings und Gentleman.

Vor drei Wochen ist der Panik-Onkel 70 Jahre alt geworden, und wenn er die gut 15.000 Fans am Freitagabend nicht angeflunkert hat, peilt er seriös die 100 an. In seinem unnachahmlichen Udo-Gequassel schwärmt er von Lou Reed, Lemmy, Prince und David Bowie im Rock’n’Roll-Himmel: „Die bereiten da ne richtig geile Band vor, yeah. Irgendwann kommen wir nach, yeah. Aber das hat noch Zeit, yeah.“

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Mitte der 1990er-Jahre wären solche Immer-weiter-Aussagen Lindenbergs als Drohung aufgefasst worden. Vor seinem Comeback-Album „Stark wie Zwei“ im Jahr 2008 hatte Udo mindestens 15 Jahre lang Schallplatten hingeschludert, an denen selbst treue Fans verzweifelt waren. Inzwischen ist er der übers Wasser gehende Altkanzler der deutschen Rockmusik. Zu seinen Konzerten pilgern Menschen, die ihn schon 1980 in der Kölner Sporthalle gesehen haben (damals noch ohne Hut!), und jüngere Fans, die den Eindruck gewinnen müssen: Udo war schon immer da.

Mit diesem Status singt Lindenberg inzwischen Songs, die Sinatras „I did it my way“ variieren, nur nicht in der Vergangenheitsform: „Ich mach mein Ding“ und das neue Stück „Plan B“. Und weil er eben derart stur sein Ding durchzieht, wirken manche Songtitel („Coole Socke“) wie Fundstücke aus dem „Museum für seltsame Jugendsprache“, Abteilung 70er-Jahre.

Gastauftritt von Peter Brings

In dieser Dekade hat Lindenberg sein Panikorchester zusammengestellt („43 Jahre betreutes Rocken“ sagt er dazu) und es zeigt Udos Sinn für Nachhaltigkeit, dass der harte Kern der Band (Drummer Bertram Engel, Gitarrist Hannes Bauer und Bassist Steffi Stephan) auch 2016 noch immer an Bord ist. Akzente setzen live aber eher die vier Bläser, die Klassiker wie „Andrea Doria“ und „Honky Tonky Show“ furios anschieben.

Der Set mit kurzen Gastauftritten von Peter Brings („Cello“) und Gentleman („Bunte Republik Deutschland“) bringt ein Wiedersehen mit dem Außerirdischen „Gerhard Gösebrecht“, den ein kleines Ufo auf dem Laufsteg ausspuckt. Auch singt Lindenberg, die wohl doch nur vordergründig coole Socke, sein schönstes Liebeslied, „Bis ans Ende der Welt.“

Doch es ist ein polterndes politisches Stück, das die Besucher besonders elektrisiert: „Sie brauchen keinen Führer“ ist 30 Jahre alt und wirkt wie eine brandaktuelle Diagnose deutscher Befindlichkeiten. Die zentralen Textzeilen („Keine braune Uniform/Die Klamotten sind jetzt bunt/doch die gleiche kalte Kotze/schwappt ihnen wieder aus dem Mund“) sind der Klartext, der manchen Leitartikel über Pegida und die AfD komplett abgeht. „Heute gehen die falschen Leute auf die Straße“, beklagt Lindenberg und in diesem Moment ist er eben nicht die lässige Quasselstrippe mit den elastischen Beinen, sondern ein Mann mit Hut und Haltung.     

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