Konzert in KölnAurora tritt im ausverkauften Gloria auf

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pic aurora koeln

Aurora bei einem Auftritt in Boston (Archivbild)

Köln – Natürlich wird an diesem Abend jede Erwartungshaltung erfüllt. Und jedes Klischee, das über die Frau im Umlauf ist, geht sowieso klar. Dafür verantwortlich: Die Hauptdarstellerin selbst. 19 Jahr, blondes Jahr. Das Kleidchen so weiß wie blütenrein und flitterflatterhaft, die Gestalt so klein wie zierlich. Aurora Aksnes heißt die Protagonistin des Abends, sie strahlt Mädchenhaftigkeit und Niedlichkeit in großen Portionen aus. Männer fahren ob eines solchen Erscheinungsbilds gerne sämtliche Beschützerinstinkte aus und wollen Frauen, wie Aurora nun mal eine ist, gerne rund um die Uhr warme Milch mit Honig kredenzen.

Und Mädchen wollen sich mit so einer gerne dauerhaft verschwestern. Beim Shoppen. Im gemeinsamen Dasein. Beim Tollen über Wiesen. Und Aurora? Steht vom ersten Moment des Konzerts im ausverkauften Gloria so auf der Bühne, dass man in jeder Sekunde denkt: Die will da stehen. Die will die Bühne ausfüllen. Die will uns ihre Lieder singen. Für einen Künstler ist eine solche Haltung zweifellos von Vorteil, für eine 19-Jährige mit erst einem Album ist sie alles anderes als selbstverständlich.

Gewagte Zugabe

„Mit Black Water Lilies“ legt Aurora los, dann geht es weiter mit „Winter Bird“ und „Under The Water“, und auch bei den anderen Songs ihres Debütalbums „All My Demons Greeting Me As A Friend“ bekommt man mehr als nur eine Ahnung davon, wer da gerade auf der Bühne steht. Eine, die gerne mit Pflanzen spricht. Eine, die gerne Tiere streichelt. Eine, die sich gerne in der Natur tummelt. Aurora gibt im Gloria die wild tanzende Waldfee, die beim Singen mehr als nur dezent überagiert und mit ihren Armen zappelig Geschichten in die Luft malt.

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Dabei erinnert sie in ihrer Entrücktheit mal an die frühe Björk, mal an das depressive Schneewittchentum von Lykke Li und macht zugleich klar: Hier bin ich, auf Bühnen will ich bleiben. Ich bin Neuling im Leistungskurs Esoterik – mal abwarten, ob ich’s zur Klassenbesten schaffe. Mädchenhaftigkeit und Niedlichkeit sind gute Zutaten, um eine Karriere zu starten; getragen wird sie von diesen auf Dauer nicht. Gut möglich, dass Aurora das schon ahnt. Für den Moment ist sie erfrischend sympathisch, von den Mechanismen der Musikindustrie komplett unverdorben und schafft es in den beiden besten Songs des Abends sogar anzudeuten, dass in ihr nicht nur Niedlichkeit wohnt. In „Running With The Wolves“ und „Conqueror“ steckt etwas Reibung und spinkst gar etwas Dräuendes um die Ecke.  

Als Zugabe wagt sich Aurora an David Bowies an „Life On Mars“. Daran kann man – nicht nur im Teenager-Alter – sehr schön scheitern. Aurora aber macht diesen großen Song für ein paar Minuten zu ihrem Lied, ist ganz bei sich und zugleich bei Bowie, dessen Werk sie möglicherweise durch ihre Eltern kennengelernt hat. Und wir? Schnallen auf dem Nachhauseweg den Esoterik-Gürtel um mindestens zwei Löcher weiter. Am Morgen nach dem Konzert am Abend davor ein Poesiealbum gekauft. In zwei Ecken getrocknete Pflanzen eingeklebt, in die anderen beiden ganz doll viel Liebe reingesteckt.

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