KunstprojektChristo lässt Stege über den Iseo-See schweben

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Christo Gemälde

Ein dahliengelber Steg führt zur Privatinsel San Paolo.

Erst waren nur die weißen Kunststoffstege verankert. 220 000 zusammengeschraubte Blöcke aus Polyethylen bildeten einen drei Kilometer langen schwimmenden Ponton auf der dunkelblauen Wasseroberfläche.

Doch seit Donnerstag ist Christos neues Kunstwerk vollständig: Ein leuchtend gelbes Band, das sich in merkwürdiger Geometrie über den Iseo-See in Oberitalien zieht. Der eigentliche Clou war erst ganz zuletzt dazugekommen, als die 16 Meter breiten Stege mit 100 000 Quadratmetern Stoff bezogen wurden, der zwischen goldgelb und orange changiert. 600 Helfer arbeiteten zwei Tage daran. Präzise gesagt handelt es sich bei dem Farbton um ein „Dahliengelb“, wie der deutsche Stoff-Hersteller Setex aus Nordrhein-Westfalen klargestellt hat.

The Floating Piers

„The Floating Piers“ - schwimmende Stege

„The Floating Piers“, heißt das Großprojekt, mit dem sich der Land-Art-Künstler Christo nach mehreren Jahren Pause zurückmeldet. Es ist dieses Mal keine Kunst nur zum Anschauen. Ab Samstag werden die Stege zwei Wochen lang für Flaneure geöffnet. Wer darüber läuft soll das Gefühl haben, über das Wasser zu wandeln, wünscht sich Christo. Einen religiösen Bezug hat seine Kunst aber nicht. Es geht um einen alten Traum der Menschheit. Vor allem aber um die sinnliche Erfahrung, wie er in vielen Interviews betont hat.

Die Wellenbewegungen des Sees sollen im Stoff fühlbar sein, wenn man barfuß läuft. „Es wird nicht nur schön aussehen, es wird sich auch ziemlich sexy anfühlen. Als ob man auf einem Wasserbett spaziert“, verspricht Christo.

Künstler Christo auf dem „Floating Piers“

Künstler Christo auf einem der „Floating Piers“.

Außerdem erlaubt der Spaziergang auf den „Floating Piers“ ganz unterschiedliche Blickwinkel auf die Landschaft rund um den Iseosee, auf die bewaldeten Berge, die hübschen kleinen Dörfer, die Ufervillen. Christos Stege führen von der Ortschaft Sulzano am Festland zur Monte Isola, der größten Seen-Insel Europas mit einem 450 Meter hohen Berg und weiter zu der kleinen vorgelagerten Privatinsel San Paolo, die der Familie des Waffenherstellers Beretta gehört.

Die Idee für „Floating Piers“ hatte Christo, erst vor wenigen Tagen 81 Jahre alt geworden, schon vor einem halben Jahrhundert. Gemeinsam mit seiner 2009 verstorbenen Frau Jeanne-Claude wollte er sie in den 70er Jahren auf dem Rio de la Plata in Argentinien umsetzen. Nun könnte nur noch das Wetter Probleme machen. Seit Tagen ist der Norden Italiens von Regen und Gewittern geplagt.

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