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Ozzy Osbourne„Eigentlich ist nichts normal an mir“

Lesezeit 4 Minuten
Ozzy Osbourne, eingerahmt von seinen Sabbath-Kollegen Geezer Butler (l.) und Tony Iommi

Ozzy Osbourne, eingerahmt von seinen Sabbath-Kollegen Geezer Butler (l.) und Tony Iommi

Mister Osbourne, Sie sind auf Abschiedstournee. In deren Rahmen wären Sie im Sommer bei „Rock am Ring“ aufgetreten, aber das fiel ja buchstäblich ins Wasser. Erinnern Sie sich?

Nein, keine Ahnung – ich erinnere mich nicht. Waren Sie da?

Ich nicht, aber meine Kinder – die waren sehr enttäuscht. Wie fühlt sich das eigentlich an, mittlerweile vor mehreren Generationen aufzutreten?

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Das ist wie auf einer Reise: Ständig begegnen einem neue Gesichter, alles ändert sich permanent – das ist spannend, aber auch ermüdend. Aber wissen Sie, was mich wirklich beschäftigt und auch schmerzt, ist, wie viele Dinge und erst recht wie viele Menschen verschwunden sind über diese fast 50 Jahre, die es Black Sabbath nun gibt.

Als selbsternannter Fürst der Finsternis haben Sie allerdings auch Band-Pausen eingelegt. Nicht ganz freiwillig.

Ja, 1979 haben Sie mich rausgeworfen. Ich konnte die Finger nicht von den Drogen und vom Alkohol lassen – da habe ich mein eigenes Ding gemacht und eine Solokarriere begonnen.

Eine Ihrer Tourneen haben Sie einmal unter das schöne Motto gestellt: „Ruhestand nervt!“ Gilt das nicht mehr?

Das habe ich damals, in den 90ern, wirklich gedacht. Ich hatte die Schnauze voll davon, um die Welt zu reisen – ich habe mich einfach zur Ruhe gesetzt und bin nach Hause gegangen. Aber was sollte ich dann tun? Ich hatte mich kurz davor wieder Black Sabbath angenähert, da wurde der Ruhestand nach ein paar Tagen langweilig. Aber jetzt sind wir alle älter geworden und krank.

Sie hören schlecht ...

Lassen Sie sich mal fast ein ganzes Leben lang diese Dezibel in die Ohren blasen. Und Tony Iommi hat Krebs. Wenn es nach mir ginge, könnten wir ruhig noch mehr Konzerte geben, aber Tony will nicht.

Fällt es Ihnen leicht, nun Abschied zu nehmen? Oder sind Sie traurig?

Ja, ich bin traurig – nein, vielleicht ist es eher das Gefühl, dass ich mich frage, wo all die Zeit geblieben ist? Wie ich eben schon sagte: So vieles gehört bereits der Vergangenheit an.

„Habe dermaßen blöde Fehler gemacht“

Als Sie damals aus dem „Ruhestand“ zurückkehrten, konnten Sie gar nicht genug arbeiten. Mit „The Osbournes“ haben Sie sogar eine Fernsehkarriere gestartet und sich in einer Soap lächerlich gemacht.

Hat aber Spaß gemacht. Und meinem Comeback geholfen ...

Gibt es Dinge, die Sie bedauern?

Oh, da gibt es viele. Ich habe dermaßen blöde Fehler gemacht in meinem Leben, die Drogen und das alles ...

Auf der Bühne haben Sie gerne mit satanischen Symbolen herumgespielt, einmal haben Sie sogar einer Fledermaus den Kopf abgebissen – Fürst der Finsternis eben. Welches Verhältnis haben Sie zum Tod?

Der Tod ist Halloween für mich. Eine Halloween-Party. Für Schwarze Magie habe ich nichts übrig, so etwas nehme ich nicht ernst. Die Welt ist wunderbar – was wir mit Black Sabbath inszenieren, das ist nur ein Horrorfilm, ein Spiel.

Mancher sieht das anders. Sie mussten sich sogar mit einer Klage auseinandersetzen, weil Ihr Song „Suicide Solution“ für Selbstmorde verantwortlich sein soll.

Wir haben bei Black Sabbath vielleicht die Tendenz, es ein bisschen zu weit zu treiben, auch die Sache mit der Schwarzen Magie. Aber es ist tatsächlich nur ein Horrorfilm, und wir spielen Rollen darin. Wir haben es immer aus dieser Perspektive gesehen.

Als Sie die Band Ende der 60er, Anfang der 70er Jahre gründeten, wer waren da Ihre Helden, musikalisch gesehen?

Led Zeppelin auf jeden Fall, The Who, Ten Years After, Jethro Tull. Wir waren ja eine Jazz-Blues-Band am Anfang.

Und aktuell? Sind Sie auf dem Laufenden?

Nein, das höre ich nicht. Ich höre nur das alte Zeug. Es gibt aber bestimmt tolle neue Bands.

Okay, die alten Zeiten: Damals, in Ihrer Jugend, waren Sie wie die Beatles im Star Club in Hamburg.

Wir hatten ungeheuer viel Spaß dort. Wir haben sogar mehr Konzerte dort gegeben als die Beatles. Ich hatte eine schreckliche Zeit hinter mir – nach der Schule musste ich in der Fabrik arbeiten, dann habe ich Autohupen gestimmt. Mein Chef machte diesen Job schon seit 30 Jahren und war taub wie ein Pfosten. Auch im Schlachthaus habe ich gearbeitet, das war noch der beste Job. Sie können sich vielleicht vorstellen, dass mir der Star Club dann wie das Paradies vorkam.

Wenn Sie die Entwicklung überblicken, die die Pop- und Rockmusik genommen hat – was denken Sie? Zum Beispiel über Punk?

In gewisser Weise waren wir auch Punk. Aggressive junge Typen, die ihre Eltern schocken wollen – was haben Johnny Rotten und die Sex Pistols anderes gemacht? Und mit wenigen Akkorden sind wir auch ausgekommen.

2010 wurde ihr genetischer Code geknackt. Ist so etwas nicht seltsam?

Es war interessant. Ich bin allergisch gegen Alkohol, ich bin allergisch gegen Drogen, eigentlich ist nichts normal an mir.

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