PsychologieDie Hälfte unserer Freunde mag uns nicht

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Freunde Symbolbild

Auf Selfies sieht immer alles nach Friede-Freude-Eierkuchen aus. (Symbolbild)

Die Menschen, die wir nach unserer eigenen Einschätzung zu unseren Freunden zählen, sind es oft gar nicht. Dass etwa die Hälfte unserer Freundschaften nicht auf Gegenseitigkeit beruht, scheinen wir aber zu verdrängen. Das ist das ernüchternde Ergebnis einer Studie des Massachusetts Institute of Technology zusammen mit der Universität Tel Aviv, das in der Online-Zeitschrift „Plos One“ veröffentlicht wurde.

Für die Studie forderten die Forscher 84 Studenten der israelischen Universität zwischen 23 und 38 Jahren auf, ihre Kommilitonen auf einer Skala von 0-5 zu bewerten. Dabei bedeutete 0 „Ich kenne diese Person nicht“, 3 stand für „Das ist mein Freund“ und 5 bedeutete „Das ist einer meiner besten Freunde“.

Nur etwas mehr als die Hälfte aller Freundschaften sind wechselseitig

Fast alle Befragten gingen davon aus, dass ihre Freundschaften auf Gegenseitigkeit beruhten, so die Beobachtung Forscher. In 94 Prozent der Fälle erwarteten sie, von denjenigen, die sie selbst als Freunde angeben, also mit einer 3,4 oder 5 bewertet hatten, ebenfalls als Freund nominiert zu werden. Tatsächlich aber waren nur etwas mehr als die Hälfte aller Freundschaften (54 Prozent) wechselseitig. Die Forscher vermuten, dass das schlechte Einschätzungsvermögen an unserem Selbstbild liegen könnte und wir unterbewusst eine Kränkung vermeiden möchten. Die Vorstellung, dass unsere Freundschaften nicht erwidert werden, würde schließlich unser Selbstbild in Frage stellen. Deswegen lassen wir den Gedanken nicht zu, dass unsere Freundschaften nicht auf Gegenseitigkeit beruhen könnten.

Ob Freundschaften tatsächlich wechselseitig sind, dafür sind etwa der soziale Status oder das Geschlecht entscheidend. Die israelischen Forscher fanden nun zwei weitere Indizien, die einen Hinweis auf die Art der Beziehung geben können: soziale Eingebundenheit und soziale Zentriertheit – je mehr Menschen man gemeinsam kennt, desto eher kann von einer gegenseitigen Freundschaft ausgegangen werden. Zudem suchten Menschen mit geringerem sozialem Status eher Kontakt zu Menschen mit höherem sozialem Status. Menschen mit einem höheren sozialen Status wählten aber nur wenige aus, mit denen sie befreundet sein wollen.

In einem weiteren Test wollten die Forscher herausfinden, wie sich Freundschaften auf Therapieerfolge auswirken. Einfluss aufeinander nehmen konnten vor allem die Studenten, die sich jeweils beidseitig als Freunde angegeben hatten. Wenn mich also ein Freund dazu bringen will, mit dem Rauchen aufzuhören, klappt das besser, wenn sich beide als Freunde definieren. (aho)

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