StreamingdienstNetflix will mit Eigenproduktionen in Deutschland weiter wachsen

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Brad Pitt (l.) und Ben Kingsley spielen in der Netflix-Eigenproduktion „War Machine“ mit.

Brad Pitt (l.) und Ben Kingsley spielen in der Netflix-Eigenproduktion „War Machine“ mit.

Köln – Mit konkreten Zahlen hat es Netflix eigentlich nicht so. Der amerikanische Internet-Streamingdienst ist extrem verschlossen, wenn es darum geht, Zugriffs- oder Abonnentenzahlen für einzelne Länder oder Formate zu veröffentlichen. Aber vor einigen Tagen gab es etwas zu feiern. 100 Millionen Abonnenten hat Netflix nun in mehr als 190 Ländern. Diese schauen täglich mehr als 125 Millionen Stunden Filme, Serien und Dokumentationen.

In Deutschland, so mutmaßen viele Medienexperten, tut sich der Dienst allerdings vergleichsweise schwer. Während Amerikaner teure Kabelpakete kaufen müssen, wenn sie fernsehen wollen, kann man in hierzulande für wenig Geld viele Sender frei empfangen. Da ist die Hemmschwelle höher, ein monatliches Abo und sei es auch nur für rund zehn Euro abzuschließen.

Camper-Werbetour durch Deutschland

Zurzeit tourt ein Team von Netflix mit einem alten amerikanischen Camper durch Deutschland und macht Werbung für seine neuen Programme. Und die können sich sehen lassen. Im Mai starten die neuen Staffeln der Netflix-Originals „House of Cards“ und „Orange Is the New Black“, zudem wird der Film „War Machine“ mit Brad Pitt verfügbar sein, der von dem Streaming-Dienst produziert wurde. Allein 2016 hat Netflix rund sechs Milliarden Dollar in Eigenproduktionen gesteckt. Mehr als 1000 Stunden eigene Inhalte will der Konzern seinen Kunden bieten.

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Im Herbst soll dann auch die erste deutsche Eigenproduktion starten. „Dark“ heißt das Format über zwei verschwundene Kinder. Der Trailer erinnert ein wenig an „Stranger Things“, „Twin Peaks“ und die schwedische Reihe „Jordskott“. „Damit zeigen wir, dass wir aktiv am Markt sind und hier auch produzieren“, sagt Patrick Sebastian Henkel, Media Relations Manager für Deutschland, Österreich und die Schweiz. Man investiere in lokale Talente und Kreative. Für Netflix geht es darum, mit seinem Gesamtangebot Anreize zu liefern, ein Abo abzuschließen. Da ist die wichtigste Währung Aufmerksamkeit. Wenn etwa aktuell über „Tote Mädchen lügen nicht“ heftig gestritten wird, dann sei das, so Henkel, viel wichtiger als Quoten.

Steigender Umsatz

Wer nun allerdings hoffte, von den Netflix-Mitarbeitern bei ihrem Besuch in Köln konkrete Zahlen über Abonnenten oder Abrufe in Deutschland zu erfahren, wurde enttäuscht. „Wir reden prinzipiell nicht über Zuschauerzahlen“, sagte Henkel: „Wir sind nicht an Werbeeinnahmen gebunden, die Zugriffszahlen interessieren uns daher nicht so sehr.“ So ähnlich drückte es vergangene Woche auch Konzernchef Reed Hastings aus. Er forderte Investoren auf, weniger auf die Abo-Zahlen und mehr auf das Umsatzwachstum zu schauen. Der Umsatz des Unternehmens legte im ersten Quartal 2017 um rund 35 Prozent auf 2,64 Milliarden Dollar zu. Der Überschuss erhöhte sich von 28 Millionen auf 178 Millionen Dollar.

Auch über das Profil seiner Nutzer schweigt sich das Unternehmen aus. Es ist lediglich zu erfahren, dass sich Männer und Frauen ungefähr die Waage halten. Dabei weiß Netflix bestens über seine Kunden Bescheid. So hält der Konzern genau fest, wann bei einer Serie der Punkt ist, an dem die meisten Zuschauer dran bleiben. Wenn Mitglieder eine Serien-Staffel zu Ende sehen möchten, schauen sie sich diese etwas länger als zwei Stunden pro Tag an.

Und auch was sie anschauen, wenn alle verfügbaren Folgen der Lieblings-Reihe angeschaut sind, ist für Netflix interessant. Je besser das Nutzungsverhalten bekannt ist, desto passgenauer können andere Formate vorgeschlagen oder in langfristiger Sicht produziert werden. So hält man seine Nutzer bei Laune – und mit dem Versprechen, nie mehr an Sendetermine gebunden zu sein, wie Patrick Sebastian Henkel betont: „Bei uns ist immer 20.15 Uhr.“

Kooperation mit chinesischem Streamingdienst

Nachdem Netflix keine Behörden-Erlaubnis für den Start in China bekommen konnte, geht der Streamingdienst jetzt eine Kooperation mit einem lokalen Anbieter ein.

Der Service iQiyi aus dem Internet-Konzern Baidu werde einige Netflix-Eigenproduktionen ins Programm nehmen, sagte Netflix-Manager Robert Roy dem Branchenblatt „Hollywood Reporter“ in dieser Woche. Angaben dazu, welche Inhalte genau und wann in China gezeigt werden, gab es zunächst nicht. Während Netflix aktuell rund 100 Millionen Kunden weltweit hat, kommt iQiyi auf fast eine halbe Milliarde Nutzer. Netflix ist seit Anfang 2016 bis auf China, Nordkorea und wenige andere Länder überall auf der Welt verfügbar. (dpa)

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