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Twitter-Chef Dorsey spricht auf DmexcoDer Mann, der Donald Trump erst möglich machte

Lesezeit 3 Minuten
Twitter-Chef Jack Dorsey

Jack Dorsey, Chef und Gründer von Twitter

Köln – Ob er nicht ziemlich frustriert wäre, würde Donald Trump im November tatsächlich US-Präsident werden, will Sir Martin Sorrell von Twitter-Mitgründer und Geschäftsführer Jack Dorsey wissen. Dorsey hat in der Vergangenheit immer wieder Kandidaten der Demokraten unterstützt. Doch kein anderer Politiker weiß Dorseys Kurznachrichtendienst so effektiv zu nutzen wie der große Vereinfacher Trump.

Doch Sorrells Frage zielt gar nicht auf politische Bauchschmerzen ab. Der Brite hat eine kleine Firma, die Einkaufskörbe herstellte zum weltweit größten Werbekonzern WPP umgebaut. Wenn Trump dank Twitter Präsident werden kann, hakt Sorrell nach, warum schafft es Twitter dann nicht endlich Geld zu verdienen?

Dorseys Antwort fällt erwartbar schwammig aus. Twitter nehme die lange Sicht. Wenn man sich darauf konzentriere, dem Kunden die bestmögliche Erfahrung zu bieten, werde sich auch alles Übrige von selbst zum Besten wenden.

Die Bühne in der der KölnMesse, in der die dmexco, die Fachmesse für digitales Marketing und Werbung zum öffentlichen Gespräch geladen hat, erinnert an die Kommandozentrale eines riesigen Raumschiffs. Doch der Twitter-Chef hat im letzten Moment seinen Flug storniert, Sorrell steht allein auf der Brücke, Dorsey ist auf einem großen LED-Bildschirm via Skype aus San Francisco zugeschaltet.

Twitter stellt neue Video-Apps vor

Und da mag man eines der bedeutendsten Sozialen Netzwerke gegründet haben, die salbungsvollen Sätze werden trotzdem auf holprigen Datenwegen zerhackt, bis irgendwann, zum Amüsement des voll besetzten Auditoriums die Meldung „Problem mit der Internetverbindung“ aufpoppt. Wenn es einen Grund für die Abwesenheit gab, dann diesen: Am selben Tag hat Twitter neue Video-Apps für die TV-Dienste von Apple, Amazon und auch für Microsofts X-Box vorgestellt, für die man unter anderem auch die Rechte an einigen Donnerstagabend-Spielen der National Football League eingekauft hat.

In Zukunft, so Dorseys Idee, soll so ein Football-Spiel – oder eine Wahl oder in Deutschland der „Tatort“ – nicht mehr über einen zweiten Bildschirm kommentiert werden, die Unterhaltung und die Unterhaltungen über die Unterhaltung sollen zu einer kontinuierlichen, nahtlosen Erfahrung verschmelzen.

Haben soziale Medien einen Sättigungsgrad erreicht?

Dorsey und Sorrell kennen sich mit global gefragten Inhalten aus, der Twitter-Chef sitzt im Vorstand von Disney, der Werbemann gilt als einer der mächtigsten Männer im Hintergrund der Formel 1. Dienst vereinfachen

Bleibt die Frage, ob die Sozialen Medien nicht langsam einen Grad der Sättigung erreicht haben, an dem Schluss ist mit den astronomischen Zuwachsraten der vergangenen Jahre? „Wir müssen den Dienst weiter vereinfachen, damit mehr Menschen verstehen wie und warum man ihn nutzt“, antwortet Dorsey. Letztlich gehe es bei Twitter um möglichst schnelle Antworten auf die Fragen „Was passiert in der Welt?“ und „Was geschieht in meiner Umgebung?“

Außerdem hätten viele Firmen, Konzernleiter oder Politiker noch nicht erkannt, wie menschlich sie wirken, wenn sie persönlich ins große Twitter-Gespräch einsteigen. Dorsey nennt den Tesla-Chef Elon Musk als leuchtendes Beispiel. So muss er wenigstens nicht noch einmal über Donald Trump sprechen. Zur Beruhigung: Trump folgen zwar ansehnliche 11,5 Millionen Menschen auf Twitter, die Popsängerin Katy Perry aber bringt es auf 92,7 Millionen Fans.

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