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KunstAbgründe in knallbunt

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Mona Schwenker liebt kräftige Farben. (Bild: Arlinghaus)

Mona Schwenker liebt kräftige Farben. (Bild: Arlinghaus)

Bergisch Gladbach – Oft springt grelles Pink dem Betrachter ins Auge. Auf den ersten Blick wirken die Arbeiten der Künstlerin daher keineswegs trist, auch wenn sich menschliche Abgründe auftun.

Ein Beispiel ist ihr Acrylbild „Akzidentiell oder lang gehegter Plan“, das auf dem Schachbrett eine Dame mit klaffender Wunde zeigt. Diese Verletzung hat offenkundig mit dem König zu tun, der der Macho-Figur des Zorro gleicht und ein großes Z auf die Erde pinkelt. Doch auch hoffnungsvolle Zeichen lassen sich entdecken - Himbeerbonbons, ein Engel mit Kompass oder ein Luftballon, der Steine heben kann.

Die direkte, plakative Bildsprache, passt zu den großen Formaten, die Mona Schwenker wählt: Der Betrachter kann nicht unbeteiligt bleiben. „Das Zwischenmenschliche“ ist zentrales Thema in Schwenkers Arbeiten, die Sprachlosigkeit eines Paars zeigt sie anhand von leeren Kästen mit Anführungszeichen.

In einem weiteren Acrylbild ist eine nackte Frau als Zielscheibe von männlicher Begierde in Szene gesetzt, doch die Verehrer um sie herum sind emotional blockiert und tragen ein Gitter samt Vorhängeschloss vor dem Gesicht. „In meinen Bildern ist eigentlich super viel Schmerz und Traurigkeit“, sagt Schwenker dazu. Eine verspielte Zutat sind weiße Schnörkel und Kringel - die Künstlerin platziert sie seit Jahren auf jeder Arbeit: Sie durchbrechen die Schwere so mancher Bildaussage und sind zugleich Markenzeichen.

Ganz ohne bittere Gefühle ist auch Schwenkers neuestes Bild mit dem Titel „eins, zwei, drei, vier, fünf, Sex, Sex, Sex“. Da ist eine nackte Frau in Ekstase zu sehen, die sich ganz und gar fallen lässt: Von einem immensen männlichen Geschlechtsteil führt die Künstlerin eine Verbindung zum Gehirn der Frau, auf das ein Revolver gerichtet ist. Das steht für die Wucht einer sexuellen Begegnung, der Revolver lässt „Milch und Honig“ fließen - die Frau ist davon überströmt, aus ihrem Unterschenkel schlagen Flammen. „Das kann ja auch ganz schön sein“, sagt Schwenker dazu.

Die unverstellte Darstellung von Sexualität entspricht der kompromisslosen Herangehensweise der Künstlerin. „Ich mag es nicht, dass Leute die Themen nicht ansprechen“, sagt sie. Mit kleinlichen Bedenken hält sie sich nicht auf: „Ich folge jetzt meiner Intuition. Man stellt sich nicht mehr die Frage: Was ist richtig, was ist falsch?“

1969 in Köln geboren, machte Schwenker zunächst eine Ausbildung in der Reisebranche und sammelte Erfahrungen mit einem Sportgeschäft, ehe sie sich vor zehn Jahren für die Kunst als Beruf entschied. Künstlerisch aktiv war sie lange vorher, schon mit 17 Jahren beteiligte sie sich erstmals an einer Ausstellung - durch die Herkunft aus einer flämischen Künstlerfamilie lag das für sie nahe. Nach ihrem Start als hauptberufliche Künstlerin knüpfte sie rasch Kontakt zu Düsseldorfer Galerien, inzwischen interessieren sich auch Sammler für Schwenkers aktueller Arbeit. Seit 15 Jahren lebt die Künstlerin in Bergisch Gladbach, mit Sohn und Tochter wohnt sie in Schildgen. Ihr geräumiges Wohnzimmer ist zugleich Atelier - Leben und Arbeit will Schwenker nicht trennen. Sie sucht „Leben live“. Zu einem Arbeitstag gehören für sie Kochen, Musik, Kinder, Freunde oder das Entspannen in der Badewanne. In diesem Umfeld entstand auch Schwenkers neuestes Projekt - seit dem 1. Mai bemalt sie täglich eine Doppelseite des Kölner Stadt-Anzeiger, den Titel und die Rückseite des ersten Buchs. Das war eine spontane Idee, inzwischen pinselt Schwenker bereits routiniert ihre künstlerischen Kommentare zum aktuellen Geschehen. Sie folgt ihren Assoziationen zu einer Schlagzeile und setzt sie mit schnellen Strichen in ein Bild um. „In 20 Minuten muss es fertig sein“, sagt Schwenker. Die aktuell günstigen Wirtschaftsprognosen hat sie mit einer Wetterkarte bebildert, auf der neben einem Hoch bereits ein Tief lauert. Und zum Koalitionsvertrag der Politikerinnen Hannelore Kraft und Sylvia Löhrmann malte Schwenker Pommes mit Majo und Ketchup: „Die beiden kommen ja aus dem Ruhrgebiet“, war der Gedanke dazu. Mindestens ein Jahr will Schwenker ihr Projekt fortsetzen, ihren gemalten Kommentar stellt sie täglich ins Internet.

 www.monart-online.de

 www.artcologne.blogspot.com

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