NagerbefallIm Winter zieht es die Maus ins Haus

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Mäuse können sogar Fallen erkennen und meiden sie. (Bild: Jupiter)

Mäuse können sogar Fallen erkennen und meiden sie. (Bild: Jupiter)

Von wegen muxmäuschenstill. Auf leisen Pfoten kommen sie nicht daher. Sie rascheln, kratzen und nagen, das schnelle Trappeln hört man auf der anderen Seite der Wand, unterm Parkett, hinter dem Schrank. Nachts können einem die Aktivitäten der neuen Mitbewohner ganz schön auf die Nerven gehen. Aber zu Gesicht bekommt man sie kaum: die Hausmaus ist flink und versteckt sich blitzschnell, wittert sie Gefahr.

Wenn der Winter kommt, drängen Mäuse in wärmere Gefilde, sprich: in Keller, Haus, Wohnung - wo eben gerade ein Zugang möglich ist. Und der muss nicht groß sein: „Wo die Schnauze des Mäuschens durchpasst, da passt auch das Mäuschen durch“, sagt Ursula Bender. Seit fünf Jahren leitet sie die Desinfektionsstelle der Stadt Köln, seit 20 Jahren ist sie mit Schädlingsbekämpfung von Floh bis Ratte befasst. Genug Zeit, Kurioses zu sehen: Mäuse, die sich hinter der verklinkerten Wand durchquetschen, sich durch Dämmmaterial nagen und durch Gummidichtungen fressen. Mäuse, die sich unterm Estrich durchgearbeitet haben bis zum begehrten Küchenschrank.

Wissenschaftlich gesehen ist die Hausmaus sozusagen der perfekte Bewohner. „Sie hat sich optimal an diese Umgebung angepasst und finden fast überall einen Platz, um sich einzurichten“, sagt Heinz Mehlhorn, Leiter des Instituts für Zoologie II an der Universität Düsseldorf. Er gibt aber auch gute Gründe dafür, die Tiere aus dem Wohnbereich zu entfernen: Über den Kot können Krankheiten transportiert werden.

Jeder, der berufsmäßig gegen die Nager vorgeht, weiß um ihre Assimilierung. Adrian Nanu, Mitarbeiter beim Schädlingsbekämpfer Kohlhaas und Honecker in Hürth, nötigen die verblüffenden Strategien und das Adaptionsvermögen Respekt ab. Er kann von Hausmäusen erzählen, die sich entgegen ihrer bevorzugten Klimazone in Kühlhäusern einrichteten. „Machen Mäuse eine Köderfalle als Todesursache bei Artgenossen aus, kommt es vor, dass sie die Falle mit Schnipseln und Schrauben - was so herumliegt - zuschütten und unschädlich machen.“

Nagezwang für Zähne

Wenn jetzt im Herbst eine Maus Zuflucht in Wohnräumen sucht, macht sie sich zunächst nur verhalten bemerkbar. Wer nur Geräusche hört, aber noch keine Spuren gefunden hat und testen will, ob sich ein Tier in der Wohnung aufhält, dem rät Ursula Bender, Mehlbahnen auf den Boden auszusieben. Darin zeigen sich spätestens nach ein paar Tagen Spuren. Sind sie klein, rühren sie von einer Maus, sind sie größer und zeigen die Schleifspur eines nachgezogenen Schwanzes, ist es eine Ratte.

Nagespuren zählen mit zu den ersten sichtbaren Zeichen. „Futter brauchen die Tiere nur wenige Gramm pro Tag, aber nagen müssen sie immer wegen ihrer Zähne. Und das kann auch an Kartons passieren“, sagt Nanu. Was man sonst noch sieht, sind die Hinterlassenschaften. Drei bis acht Millimeter kleine Kotpillen finden sich in ruhigen Ecken. „Wenn man darauf stößt, den Kot erstmal entfernen und beobachten, ob sich neuer sammelt. So zeigt sich, ob die Maus noch aktiv ist“, sagt Bender. Wenn ja, lautet die erste Maßnahme, eine Schlag- oder Lebendfalle aufzustellen. Das tut man am besten nicht direkt, sondern nur nahe der Kotstelle. „Mäuse wie Ratten pflegen regelrechte Toiletten. Ihre Schlafplätze verunreinigen sie nicht “, sagt die Expertin. Weil Mäuse einen Raum nicht durchqueren, sondern möglichst an den Wänden entlang laufen, platziert man die Fallen zum Beispiel besser auf dem Weg zur Toilette.

Davon, Gift selbst auszulegen, rät Ursula Bender tunlichst ab. Gerade ein einzelnes Tier lässt sich normalerweise nach einigen Tagen mit Fallen fangen. „Bekommt man aber einen größeren Mausbefall nicht in den Griff, müssen Profis ran.“ Der Schädlingsbekämpfer legt zugriffssichere, mit Blutgerinnungshemmern bestückte Gift-Boxen aus. Werden sie über mehrere Tage aufgenommen, sterben die Tiere nach vier bis sechs Tagen an innerer Blutung. Ökologische Schädlingsbekämpfer gehen bei übersichtlicher Tierzahl zunächst auch nur mit Fallen vor. „Sie können einen wirklich großen Befall aber nur dezimieren“, sagt Bärbel Holl, Vorsitzende des Vereins zur Förderung ökologischer Schädlingsbekämpfung. Ist die Population zu groß, „geht das auch nur mit Gift.“

Zugänge verschließen

Tauchen immer wieder neue Mäuse auf, oder ist ein ganzes Haus betroffen, muss ganzheitlich vorgegangen werden. Denn haben sich größere Maus-Gruppen erstmal eingerichtet, gibt es Nachwuchs am laufenden Band. Ein Weibchen wirft bis zu acht Mal im Jahr, ein Wurf alle vier Wochen konnten Wissenschaftler aber auch schon beobachten. Der Hausschutz fängt in der Umgebung an. „Bodendeckende Bepflanzung an Wohnblocks sind beispielsweise bevorzugte Aufenthaltsorte“, so Holl.

Oberste Regel für konventionelle wie ökologische Maus-Vermeidung: „Man muss unbedingt herausfinden, wo die Tiere reinkommen“, sagt Adrian Nanu. Nur wenn versteckte Zugänge sicher wieder verschlossen werden, ist der Schutz dauerhaft. Winzige Schlupflöcher finden sich an den unwahrscheinlichsten Stellen: Unter Blech- und Wandverkleidungen hindurch, via Kabelkanäle oder enge Türspalten bahnen sich Mäuse ihren Weg. Manche werden mit Kartonagen oder im Kartoffelsack ins Haus gebracht. Auf Katzen als Abschreckung schwört Ursula Bender übrigens nicht. „Ich habe schon gesehen, wie die Katze schlief, während die Maus sich über ihr Futter hermachte.“

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