Abo

Neusser StraßeDie „Mayersche“ kommt nach Nippes

Lesezeit 4 Minuten
Die neue Filiale der Bücherkette "Mayersche" wird bald eröffnet. (Bild: Michael Bause)

Die neue Filiale der Bücherkette "Mayersche" wird bald eröffnet. (Bild: Michael Bause)

Nippes – "Ein Stück Nippes und Sie sind dabei." Die Marketing-Experten der Bücherkette "Mayersche" haben früh erkannt, dass sie alles tun müssen, um dem Eindruck entgegenzutreten, dass hier ein böser Konkurrent von außen in einem intakten Viertel einen Fremdkörper platziert.

Die Eröffnung der fünften Kölner Filiale des Aachener Unternehmens auf der Neusser Straße 226 soll als Bereicherung empfunden werden. Man habe sich ganz bewusst für Nippes entschieden, weil es ein "sehr attraktiver und vielfältiger" Stadtteil sei, lobt Unternehmenssprecherin Simone Thelen: "Gemischte Kultur, freundliche offene Menschen, nah an der City und trotzdem gemütlich." Einen besseren Slogan hätte auch ein Nippeser nicht erfinden können.

Die Strategie des Filialisten ist klar: Wer sich in einer gewachsenen Struktur breitmacht - nur wenige Meter von einem der alt eingesessenen Buchläden entfernt - muss vorsichtig agieren, um sich bei der potenziellen Kundschaft nicht unbeliebt zu machen. Wie glatt das Parkett ist, hat die "Mayersche" gemerkt, als sie ein Programm für eine Eröffnungsparty zusammenstellen wollte. Die Kneipe "Kornbrenner" sagte als Caterer ab. "Als kleine Kneipe müssen wir den eingesessenen Einzelhandel unterstützen", sagt Chefin Patty Robinson.

Alles zum Thema Einzelhandel Köln und Region

Und auch mit dem Kabarettisten Heinrich Pachl kam man nicht zusammen. Das "Schmerzensgeld" für den Job als Moderator sei wohl zu hoch gewesen, sagt er. Natürlich hätte er in der Moderation "fröhlich" auf die Konkurrenzsituation hingewiesen, sagt der Nippeser. Die "Mayersche" hat die Party im Vorfeld der eigentlichen Eröffnung am 17. November abgesagt.

Drei Buchläden gibt es zurzeit an und in der Nähe der Haupteinkaufsstraße des Viertels, einer ist auf Kinderliteratur spezialisiert. Der große Konkurrent glaubt, dass es trotzdem "noch Bedarf für eine Buchhandlung" gibt. Die Eröffnung sei "keine Kampfansage, sondern eine Chance fürs Veedel, die kulturelle Landschaft noch zu erweitern", so Sprecherin Thelen.

Ein Verdrängungswettbewerb

Das sehen nicht alle so. Die Eröffnung der "Mayerschen" sei ein Beispiel für ein Grundproblem: Ein Verdrängungswettbewerb, bei dem der inhabergeführte Einzelhandel auf der Strecke bleibe, führe zu einer immer größer werdenden Uniformität der Viertel, heißt es bei der IG Vorort, die als Dachorganisation die Kölner Interessengemeinschaften in den Stadtteilen vertritt. So wie sich heute schon die Einkaufsstraßen der Innenstädte immer mehr angleichen, würden sich dann auch die Stadtteilzentren ähnlicher. Großbäckereien, Schreibwaren-, Drogerie- und Optikerketten sowie Bücher-Filialisten beförderten das austauschbare Einerlei. Die Interessengemeinschaften beklagen überall das gleiche Phänomen: Mit den Filialisten lassen sich schwerer Aktionen durchführen, von denen der Ort profitiert - egal, ob es um Straßenfeste oder die Weihnachtsbeleuchtung geht. "Die Stadtteile verlieren so an Individualität", sagt Jürgen Strahl, Vorsitzender der IG Vorort. "Man muss sich bemühen, die Vielfalt aufrecht zu erhalten. Aber erzwingen lässt sich das nicht."

Die Nippeser Buchläden reagieren auf den Start der "Mayerschen" im Viertel mit demonstrativer Gelassenheit. "Die Vielfalt und Individualität unseres Sortiments kann wohl kaum von einem uniformen Sortiment eines Filialisten übertroffen werden", sagt Christiane Blut von der Buchhandlung Blücherstraße. Dorothee Junck vom Buchladen an der Neusser Straße sagt trotzig: "Wir freuen uns über die Konkurrenz."

Investitionen, um den neuen Nachbarn zu trotzen

Weil aber Zweckoptimismus nicht ausreicht, hat Junck auch investiert, um dem neuen Nachbarn zu trotzen: Die Fassade wurde gestrichen, die Fläche vergrößert, ein Testleserkreis gegründet und die Aktivitäten im Internet wurden erweitert. Außerdem will man sich weiter als Kulturveranstalter im Veedel profilieren. Die existierenden Buchläden setzen auf ihre Verwurzelung im Stadtteil und die Treue der Kundschaft. Da Bücher überall das gleiche kosten, wird nicht der Preiskampf darüber entscheiden, wer am Ende bleibt. Das geht nur über den Service oder die Kundenbindung.

Das weiß auch die "Mayersche". Übers Internet wurden die Nippeser gefragt, was sie sich denn wünschen. Nicht jede Antwort war ein begeisterter Willkommensgruß. Aber "die überwiegende Mehrheit" der Teilnehmer freue sich auf die Filiale, so Thelen. Sie kündigt eine "hohe Aufenthaltsqualität, eine freundliche und moderne Atmosphäre und eine kompetente Beratung" an. Die inhabergeführten Läden haben die Herausforderung angenommen. Die nächsten Monate werden spannend.

KStA abonnieren