Flüchtlinge in NRWDas Land baut die Zelte ab

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Kinder spielen im Flüchtlingsdorf in Köln-Chorweiler, das inzwischen geräumt ist.

Kinder spielen im Flüchtlingsdorf in Köln-Chorweiler, das inzwischen geräumt ist.

Köln – Nordrhein-Westfalen baut angesichts geringer Flüchtlingszugänge zahlreiche Notunterkünfte ab. Nach Angaben des Innenministeriums sind Zehntausende Notplätze gestrichen worden. Weitere sollen folgen. Gleichzeitig werden feste Unterkünfte ausgebaut. Das Land weist wöchentlich nur noch jeder zehnten Kommune Flüchtlinge zu. Betroffen sind vor allem Städte und Gemeinden, die Kontingente noch nicht erfüllt haben.

Vor einem Jahr, als die Flüchtlingszahlen ihren Höhepunkt erlebten, wurde überall im Land improvisiert. Hauptsache, die Neuankömmlinge hatten ein Dach über dem Kopf. Jetzt werden die Zelte wieder abgebaut: Statt 43.000 Menschen (wie im November 2015) nimmt NRW pro Monat nur noch rund 4800 auf; etliche Erstaufnahme-Einrichtungen stehen leer und werden geschlossen.

Nie voll ausgelastet

Einige wie die in Dortmund erlebten Zeiten mit dreifacher Überlegungen, andere, wie die beiden imposanten weißen Leichtbauhallen unmittelbar neben dem Kraftwerk in Niederaussem, waren auf fast 1000 Menschen ausgelegt, wurden aber nie voll ausgelastet. Sie wurden erst fertiggestellt, als die größte Not vorbei war.

In Niederaussem jedenfalls ist das Wohnzelt längst wieder abgebaut, an das nagelneue Registrierungszentrum erinnern allenfalls noch ein paar Balken. Der Chef über die weißen Zelte, die das Malteser Hilfswerk betreute, ist mit dem 100-köpfigen Team (Betreuer, Sanitäter, Sicherheitsleute) weitergezogen: Jörg Thiel führt jetzt ein Flüchtlingszentrum im rechtsrheinischen Köln, keines unter der Ägide des Landes, sondern eines im Auftrag der Stadt Köln.

Helfer und Flüchtlinge ziehen um

Die übrigen Maltesermitarbeiter werden jetzt in der Flüchtlingsarbeit der Gemeinden eingesetzt, „arbeitslos wird von denen keiner“, so Thiel. Die Flüchtlinge, die die Erstaufnahme-Einrichtungen des Landes verlassen haben, verschwinden ja nicht – sie ziehen nur um. Sie werden an die Kommunen übergeben, die ihnen dann längerfristig ein Dach über dem Kopf bieten müssen. 35.000 Plätze in Landesunterkünften werden noch bereit gehalten, falls sich die Lage an den EU-Grenzen wieder verändert, so Innenminister Ralf Jäger.

10.000 weitere Plätze sollen NRW-weit als „Reserve“ erhalten bleiben, bei denen man quasi „nur wieder das Licht einschalten muss“. Hinzu kommen 5000 Plätze an asphaltierten Flächen mit Wasser- und Stromanschlüssen, die schnell mit Containern „wiederbelebt“ werden können. Derzeit gibt es etwa 50.000 Erstplätze, von denen rund 16.000 belegt sind – in Hoch-Zeiten waren es mehr als 80.000. Die Zahl der Notplätze soll bis Anfang Januar 2017 noch auf 13.000 halbiert werden.

1200 Flüchtlinge pro Woche

Nach Angaben der landesweit zuständigen Bezirksregierung Arnsberg kamen zuletzt noch etwa 1200 Flüchtlinge pro Woche nach NRW. Zu den Herkunftsländern zählen weiterhin Länder wie Syrien, Nigeria, Aserbaidschan, Irak, Eritrea, Guinea, Afghanistan, Iran, Tadschikistan und Albanien.

Als Folge der geringen Zuweisungen haben auch Städte Notunterkünfte geschlossen und verstärkt Plätze in festen Einrichtungen ausgebaut. Das ergab eine Befragung in Großstädten. Turnhallen sind fast überall zurückgegeben worden. Traglufthallen oder Zeltdörfer stehen auf dem Prüfstand.

Rückgabe noch nicht abgeschlossen

In Köln allerdings ist die Rückgabe der Turnhallen noch nicht abgeschlossen. Aktuell leben 13.452 Geflüchtete in städtischen Unterkünften, davon rund 2500 in Hallen, so Stadtsprecherin Sabine Wotzlaw. Von 27 Anlagen sind drei im Sommer zurückgegeben worden, drei sollen noch im Oktober folgen – bis zum Jahresende sollen weitere drei bis vier Hallen wieder für den Schul- und Vereinssport freigegeben werden.

Die Millionenstadt hatte bis zum Sommer noch ein Defizit bei der Flüchtlingsaufnahme, weil sie im Herbst 2015 Spitzenzahlen von wöchentlich bis zu 500 Zugängen nicht bewältigen konnte. Derzeit nimmt Köln pro Woche 60 bis 80 Menschen auf. Die Stadt will nicht noch einmal ins Minus rutschen. Köln bevorzugt wie viele andere Kommunen feste Unterkünfte und Wohnungen. Flüchtlinge wohnen aber auch in Hotels, Leichtbauhallen und Containern mit abgeschlossenen Wohneinheiten.

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