Grundschul-StudieSchlechtes Zeugnis für NRW

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Seltener geworden: Herr Lehrer, ich weiß was!

Seltener geworden: Herr Lehrer, ich weiß was!

Berlin/Düsseldorf – Die Viertklässler in NRW schneiden im bundesweiten Vergleich beim Lesen und in Mathe unterdurchschnittlich ab. Das geht aus der Studie IQB-Bildungstrends hervor, die die Kultusministerkonferenz (KMK) am Freitag in Berlin veröffentlichte.

„Das Ergebnis ist wenig erfreulich“, sagte NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) am Freitag in Düsseldorf. „Damit kann NRW nicht zufrieden sein. Ich bin es auch nicht“, fügte sie hinzu.

Zum Messzeitpunkt im Frühjahr 2016 erreichte NRW beim Lesen und in Mathe nur den 14. Platz im Vergleich der Bundesländer. In den Bereichen Zuhören und Rechtschreibung zählt Nordrhein-Westfalen zum Mittelfeld.

Als Konsequenz der schlechten Ergebnisse kündigte Gebauer einen „Masterplan Grundschule“ an. Ein erstes Maßnahmenpaket soll die Rechtschreibung verbessern. Bis zum Schuljahr 2018/19 soll ein „verbindlicher Grundwortschatz“ eingeführt werden. Geplant ist eine Liste von Lernwörtern, anhand derer die Regeln der Rechtschreibung gelernt werden sollen. „Ich bin überzeugt, dass wir es schaffen werden, aus dem Tal herauszukommen“, erklärte Gebauer.

„Schallende Ohrfeige für die rot-grüne Bildungspolitik“

Josef Hovenjürgen, Generalsekretär der CDU in NRW, fügte hinzu: „Die Ergebnisse sind eine schallende Ohrfeige für die rot-grüne Bildungspolitik der letzten Jahre.“ Die Untätigkeit der früheren NRW-Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne) habe die Aufstiegschancen der Kinder in NRW „massiv“ beschädigt.

Der Tag, an dem wichtige Bildungsstudien veröffentlicht werden, ist eben immer auch eine Art Zeugnistag für die Schulen, aber auch für die verantwortlichen Politiker. Das gilt auch und gerade für den repräsentativen IQB-Bildungstrend, für den mehr als 29 000 Schüler in rund 1500 Schulen in allen 16 Bundesländern teilgenommen haben.

Und das Ergebnis ist diesmal, wie die Präsidentin der Kultusministerkonferenz, Susanne Eisenmann, unumwunden sagt, nicht nur für NRW „ernüchternd“. Vergleicht man Deutschlands Viertklässler mit denen, die vor fünf Jahren in diese Klasse gegangen sind, zeigt sich: Die Trendentwicklung weist eindeutig nach unten.

Nur 62 Prozent der Viertklässler erfüllen die Regelstandards in Mathematik

Die Grundschüler von heute schneiden insgesamt schlechter ab in Mathematik, beim Zuhören und insbesondere auch in der Rechtschreibung. Die Lesekompetenz dagegen befindet sich auf einem vergleichbaren Niveau mit dem von vor fünf Jahren.

Will heißen: Viele Schüler sind an Aufgaben gescheitert, die auf der Grundlage von gemeinsamen Bildungsstandards der Bundesländer entwickelt wurden. Auf diese Standards hat sich die Kultusministerkonferenz verständigt, um einen Richtwert zu haben, welche Kompetenzen ein Schüler in der Regel erreichen sollte.

Die bundesweiten Ergebnisse im Einzelnen: Nur 62 Prozent der Viertklässler erfüllen die Regelstandards in Mathematik. Vor fünf Jahren waren es noch 68 Prozent. Auch im Fach Deutsch gibt es eine deutliche negative Entwicklung: Im Testbereich Zuhören schaffen nur noch 68 Prozent die Regelstandards – sechs Prozentpunkte weniger als vor fünf Jahren. Bei der Rechtschreibung ist die Zahl der Schüler, die den Erwartungen entsprechen, von 65 auf 55 Prozent gesunken. Beim Lesen hingegen liegt der Wert stabil bei zwei Dritteln der Schüler, die mindestens die Regelstandards erfüllen.

Dass sich beim Lesen die Werte der Grundschüler im Bundesschnitt nicht verschlechtert haben, wertet die Studienautorin Petra Stanat vom Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB) als einen Erfolg. Sie verweist darauf, dass die Aufgabe für die Lehrer in den Klassenzimmern immer anspruchsvoller geworden sei – eben weil die Schülerschaft vielfältiger geworden sei. Gemeint ist zum einen der gestiegene Anteil von Kindern mit Migrationshintergrund in den Klassen, zum anderen aber auch die Herausforderung der Inklusion von Schülern mit Förderbedarf.

Gestiegener Anteil von Schülern mit Migrationshintergrund

Der gestiegene Anteil von Schülern mit Migrationshintergrund – mittlerweile liegt er in den vierten Klassen bei 34 Prozent – ist übrigens nicht auf die Flüchtlingskrise zurückzuführen. Erhoben wurden die Daten zwar im Jahr 2016. Einbezogen werden aber nur Kinder, die bereits ein Jahr lang eine deutsche Schule besucht haben.

Regional fallen die Ergebnisse sehr unterschiedlich aus. So hat sich Hamburg deutlich verbessert und schneidet signifikant besser ab als die anderen Stadtstaaten. Studienautorin Petra Stanat führt die Erfolge Hamburgs darauf zurück, dass sich die Stadt schon vor Jahren zu einer beständigen Qualitätsüberprüfung durchgerungen habe, bei der einzelne Schulen sehr genau in den Blick genommen würden.

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