Interview mit Konrad Beikircher„Die Mauer ist hier in Nordrhein-Westfalen.“

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Der Kabarettist Konrad Beikircher (70) ist der Meinung, dass NRW auch nach 70 Jahren noch keine gemeinsame Identität ausgebildet hat.

Bonn – Auch nach 70 Jahren gibt es noch keine NRW-Identität - sagt der Kabarettist Konrad Beikircher. Stattdessen gibt es Rheinländer, Sauerländer, Ostwestfalen... „Die Mauer stand nicht in Berlin, die Mauer ist hier in Nordrhein-Westfalen.“ Gibt es so etwas wie eine NRW-Identität? Wer könnte die Frage besser beantworten als jemand, der das Land zwar gut kennt, sich aber immer den Blick von außen bewahrt hat: der in Südtirol geborene Kabarettist Konrad Beikircher, der ebenfalls 70 Jahre alt ist.

Herr Beikircher, gibt es nach 70 Jahren so etwas wie eine NRW-Identität?

Beikircher: Leider ist es so, dass es eine Identität von NRW nicht gibt. NRW ist eine multiple Persönlichkeit. Wir haben in NRW wunderbare Persönlichkeiten: den Selfkanter, den Niederrheiner, den richtigen Rheinländer, den Sauerländer, den Lipper, den Ostwestfalen natürlich.

Genau genommen gibt es ja noch nicht einmal eine einheitliche westfälische Identität.

Beikircher: Eben. Der Münsterländer ist auf keinen Fall zu verwechseln mit dem Ostwestfalen. Man kann das immer weiter aufsplitten. Das sind Abgründe. Die Mauer stand nicht in Berlin, die Mauer ist hier in Nordrhein-Westfalen.

Besteht denn Hoffnung auf einen Mauerfall? Wird es irgendwann doch eine NRW-Identität geben?

Beikircher: Das ist nicht auszuschließen, aber so etwas braucht Zeit. Im Revier haben sie auch 40 Jahre gebraucht, ehe sie „Wir im Revier“ gesagt haben.

Hat es denn Nachteile, dass die Leute hier nicht so ein starkes Identitätsgefühl haben wie etwa die Bayern?

Beikircher: Tatsächlich glaube ich, dass es ein großes Problem ist für die Landesregierung und auch für die Politik, dass es diese Identität nicht gibt. Das ist schwierig für die Frau Kraft oder wen auch immer.

1985 hat Johannes Rau aber das beste Wahlergebnis der NRW-SPD eingefahren mit dem Slogan „Wir in Nordrhein-Westfalen“. Das ging so in die Richtung: Wir in NRW lassen uns unser Land nicht schlechtreden.

Beikircher: Ja, aber das hat leider keine Nachhaltigkeit gehabt. Der Rau und danach der Clement, die hätten ein bisschen nachkarten und auf der Schiene weitermachen sollen. Ein Identitätsgefühl zu schaffen, das dauert natürlich Jahrzehnte. Es ist keine gewachsene Identität wie eben in Hessen oder Bayern. (dpa)

Zur Person: Konrad Beikircher (70) wurde in Bruneck in Südtirol geboren und lebt seit 1965 in Bonn. Als Kabarettist ist er spezialisiert auf Sprache und Mentalität des Rheinländers.

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