Kommentar zum IslamverbandDie Ditib praktiziert Methoden des Kalten Krieges

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Köln – Wie war’s in NRW vordem, doch für die Ditib so bequem! Bis heute setzt Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne) unverdrossen auf die Zusammenarbeit mit dem türkisch gelenkten Islamverband. Die Landesregierung insgesamt war bemüht, mit der Ditib im Gespräch zu bleiben. Eine komfortable Lage für die Kölner Zentrale. Dabei hätte das, was sich die Ditib leistet, Löhrmann und allen ihren Kabinettskollegen längst die Sprache verschlagen müssen. Immer ungehemmter agiert der Vorposten des Religionsministeriums in Ankara als Erfüllungsgehilfe des Demokratieverächters Recep Tayyip Erdogan beim Umbau der Türkei in eine Autokratie. Die Bespitzelung angeblicher Regimegegner, unter ihnen beamtete deutsche Lehrer, durch Ditib-Imame markiert dabei den Gipfel der Unverfrorenheit.

Die Ditib praktiziert Methoden des Kalten Krieges. Einst setzten Sowjets und US-Amerikaner Diplomaten als Agenten auf den Feind an, heute lassen die Türken Seelsorger auf deutschem Boden spionieren und holen sie eilends heim, wenn man ihnen auf die Schliche kommt. Das mag eine John-le-Carré-reife Leistung sein. Für den deutschen Staat und seine Bürger aber, übrigens auch für alle rechtschaffenen türkischstämmigen Bürger, ist es eine Zumutung.

Etwas Gutes hat der jüngste Skandal aber doch: Er legt den Hohlraum zwischen Handeln und Reden der Ditib offen. Doppelbödigkeit ist dafür noch ein mildes Wort. Wobei inzwischen – genau genommen – nicht einmal mehr von einem „Reden“ der Ditib die Rede sein kann. Hatten ihre Funktionäre die Weitergabe von Information über missliebige Personen nach Ankara zunächst bestritten und dann als „Panne“ abgetan, fällt ihnen nun gar nichts mehr ein.

Ein Ding der Unmöglichkeit

Weshalb die bislang zugewandte Haltung der Landesregierung sowohl politisch als auch logisch ein Ding der Unmöglichkeit ist: Im Gespräch bleiben zu wollen, setzt nämlich Gesprächsbereitschaft des Gegenübers voraus. Die Ditib hingegen betreibt die Verweigerung des Gesprächs oder seine Simulation – eine Art politisches Bauchreden mit Aufsagen soufflierter Floskeln.

Noch sitzt die Ditib im Beirat für den islamischen Religionsunterricht, der in NRW über die Lehrinhalte und den Einsatz von Lehrern mit entscheidet. Dass das Land einem nicht-staatlichen Akteur Einfluss auf die schulische Bildung gibt, war schon bei der Gründung des Beirats 2011 grenzwertig, aber um des hehren Ziels der Integration willen noch zu rechtfertigen. Trägt die Ditib nun aber Polarisierung, Spaltung und fundamentalistische Umtriebe von der Türkei nach Deutschland, ist damit die Geschäftsgrundlage für ihre Mitarbeit im Beirat entfallen.

NRW muss ein Zeichen setzen

Rabeya Müller, Gründungsmitglied des „Liberal-Islamischen Bundes“, wunderte sich dieser Tage über die erregten Reaktionen auf das Gebaren der Ditib. So und nicht anders sei der Verband doch immer schon gewesen: undurchsichtig, kaum zu greifen – und im Zweifel stets der Türkei verpflichtet. Wenn das stimmt, haben staatliche Behörden und zivilgesellschaftliche Akteure allzu lange weggeschaut, ein Auge zugedrückt oder einfach auf Besserung gehofft – in der berechtigten Annahme, dass es für die Millionen türkischstämmiger Bürger eines institutionellen Sachwalters bedürfe und für den deutschen Staat eines Dialogpartners. Die Nachsicht mit Konstruktionsfehlern im Verbandsaufbau und Unzulänglichkeiten im Verbandsleben hat die Ditib dem deutschen Staat nicht gedankt. Empfänglich für dessen Freiheiten, aber unempfindlich für die damit verbundene Verantwortung – eine solche im Wortsinn a-soziale Haltung muss die Gesellschaft dem Einzelnen vielleicht durchgehen lassen. Nicht aber einer Organisation oder einem Verband. Das Land Nordrhein-Westfalen muss dafür endlich Zeichen setzen.

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