Kommentar zum Rücktritt von Thomas PurwinDer Mob darf nicht gewinnen

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Köln – Der Mob hat gewonnen. Nach zahlreichen Hassmails und Drohungen gibt der Bocholter SPD-Vorsitzende Thomas Purwin, der sich für Flüchtlinge einsetzte, sein Amt auf. Ausländerhasser und Rechtsradikale können sich freuen. So wie damals in Tröglitz, als Bürgermeister Markus Nierth aus demselben Grund Angriffen von Neonazis ausgesetzt war und sich aus der Politik zurückzog.

Damit kein Missverständnis entsteht: Natürlich sind die Schritte der beiden Amtsträger verständlich. Sie fürchteten um Leib und Leben, auch um das ihrer Angehörigen. Niemand darf erwarten, dass sich Ehrenamtler zu Märtyrern machen. Ihnen ist nichts vorzuwerfen, sie haben so lange durchgehalten, wie sie konnten.

In der Pflicht stehen nun eher jene, die nicht in der Lage sind, die Engagierten wirkungsvoll zu schützen. Das grassierende Problem mit Hassmails, Beschimpfungen, Beleidigungen und Bedrohungen scheint die Gesellschaft, vor allem der Rechtsstaat, nicht in den Griff zu bekommen. Der Rat von Ministerpräsidentin Kraft und ihres Innenministers Jäger, alle Angriffe bei der Polizei anzuzeigen, ist richtig, half aber im aktuellen Fall nicht. Denn genau das hatte Thomas Purwin ja getan. Er leitete jede E-Mail an den Staatsschutz weiter. Die Drohungen hörten dennoch nicht auf, und der Politiker glaubt offenbar nicht daran, dass er und seine Familie ausreichend geschützt werden können. Denn: Bisher konnten die Ermittler noch keine Drohung einem Täter zuordnen.

Warum sind sie in diesen Fällen oft erfolglos? Warum ist die Demokratie gegen diese kriminellen Angriffe so wehrlos? Mangelt es am Einsatz der Polizisten? Fehlen Ermittler? Brauchen diese neue Befugnisse, sind schärfere Gesetze nötig? Politik und Justiz müssen gegen die anonymen Straftaten im Netz vorgehen. Der wachsende Druck der Bundesregierung auf Facebook ist ein Anfang. Der Mob darf nicht gewinnen.

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