Twitter-Erfolg mit LindnerWie die NRW-FDP in den sozialen Netzwerken punktete

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christian lindner

FDP-Chef Christian Lindner

Köln – Ein Foto in Schwarz-Weiß-Optik, dazu ein lustiger Spruch in grellen Farben unterlegt. Dann ein Video, in dem sich Spitzenkandidat Christian Lindner persönlich an seine potenziellen Wähler wandte. Die Interaktion war direkt, der Spitzenkandidat wurde hautnah erlebbar. Mehr brauchte es nicht, um die politische Meinung der FDP zu verbreiten.

Mit dem ungewöhnlichen Wahlkampf um Spitzenkandidat Christian Lindner hat die NRW-FDP die sozialen Netzwerken für sich entdeckt. Insbesondere junge Wähler habe sie damit gewonnen, vermuten Experten. Die Kampagne könnte eine erste Blaupause für die Bundestagswahl sein. 

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„Wir wollten Christian Lindner, den Politiker, so darstellen, wie er wirklich ist“, sagt Matthias Storath von der Werbeagentur Heimat, die die Kampagne entworfen hat. Frisch und authentisch - das seien die zwei Leitlinien der Kampagne gewesen, erläutert. Im klassischen Wahlkampf zeigten sich Politik nur mit Dauer-Lächeln mit Senioren oder kleinen Kindern. Mit dieser Regel habe man gebrochen.

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FDP verschafft sich Aufmerksamkeit

Stattdessen zeigt sich der Spitzenkandidat in einem Video nur im T-Shirt – eigentlich politisches Tabu. Doch eins, das für Aufsehen sorgte. Dem Onlinebranchendienst Meedia zufolge wurde es bereits am ersten Tag 315.000 Mal angerufen. Auch etliche Zeitungen griffen die Nachricht auf. Der Rummel bescherte der FDP viel Aufmerksamkeit und Platz, um ihre politischen Ideen zu verbreiten. „Wir wollten etwas machen, dass das Produkt wahrhaftig darstellt“, erläutert der PR-Mann. „Christian Lindner lebt diese Frische.“

Professor Holger Sievert von der Macromedia Hochschule in Köln zufolge ist Lindner diese Provokation im Wahlkampf gelungen, ohne potenzielle Wähler zu verschrecken. „Die FDP hat in einer konsequenten Kampagne die Marke Lindner verbreitet“, sagt der Experte für Kommunikationsmanagement. „Social Media, moderne Bildsprache, diese Mischung aus ernsten Themen und (selbst)ironischer Darstellung - sie haben die ganze Bandbreite ausgespielt“, erläutert der Professor.

Dabei vermarktet sich der Spitzenkandidat sogar erfolgreicher als die eigene Partei in NRW. Dieser folgen auf Twitter etwa 11.200 Nutzer. Christian Lindner verzeichnet aber knapp 97.400 Abonnenten.

Das ungewöhnliche Konzept der Wahlkampagne ist aufgegangen. Über die sozialen Netzwerke habe die Partei vor allem junge Wähler erreicht, sagt Professor Sievert. In der Altersklasse 18 bis 34 verzeichnete die FDP die größten Stimmenzuwächse. Immerhin 7 Prozentpunkte mehr Wähler im Alter zwischen 18 und 24 stimmten für sie.

FDP-Erfolg im Netz eine Chance für die Bundestagswahl?

Sievert sieht in dem Erfolg auch eine Chance für den Bundestagswahlkampf. „Mit den klassischen Medien werden sich immer weniger Wähler erreichen lassen“, so der Kölner Professor. Die Parteien bräuchten einen Alternativkanal.

Das US-Unternehmen Twitter ist dafür das Medium der Wahl. Nicht erst seit der Amtseinführung Donald Trumps ist der Kurznachrichtendienst bei Politikern beliebt. „Ein Tweet kann heute wichtiger sein als eine Pressemitteilung“, sagt der Hamburger Politikberater Martin Fuchs, der sich auf die Nutzung der Sozialen Medien spezialisiert hat. „Die deutsche Politik hat die Wichtigkeit von Twitter erkannt - insbesondere für die schnelle Reaktion und Einordnung in aktuelle Diskurse“, so der Wahlbeobachter weiter. Ihm zufolge benutzen derzeit knapp 60 Prozent der Mitglieder im Bundestags den Kurznachrichtendienst, immerhin 13 der 14 Minister der Regierung.

„Selbst manche konservativen Unternehmen sind in den Sozialen Netzwerken schon besser und dialogischer aufgestellt“, sagt Sievert. Die Kampagne der NRW-FDP sei zwar gut gemacht. „Doch die Politiker haben noch einiges zu lernen.“ Trotz allem bleibt eine stringente Kampagne in den sozialen Netzwerken wie die der FDP bislang die Ausnahme.

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