LebensmittelrechtGastwirte in NRW verärgert über Gebühr von Erstkontrollen

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Ein Lebensmittelkontrolleur überprüft die Temperatur eines Nudelgerichts. NRW erhebt seit Mai Gebühren für solche Kontrollen.

Ein Lebensmittelkontrolleur überprüft die Temperatur eines Nudelgerichts. NRW erhebt seit Mai Gebühren für solche Kontrollen.

Düsseldorf – Ein Gedankenspiel: Die Polizei hält einen Autofahrer zur allgemeinen Verkehrskontrolle an. Führerschein, Fahrzeugpapiere, Warndreieck und der Verbandskasten sind vorzeigbar und in Ordnung.

Doch zum Abschluss der Kontrolle verlangt der Beamte 57 Euro – obwohl nichts zu beanstanden war. Dieses Beispiel bringen viele betroffene Innungen und Betriebe dieser Tage, wenn sie auf die neuen Gebühren bei Lebensmittelkontrollen angesprochen werden.

Erstkontrolle Aufgabe des Staates

„Wir sind massiv verärgert“, sagt etwa Artur Tybussek von der Fleischerinnung Köln. „Bei Nachkontrollen, wenn etwas zu bemängeln war, eine Gebühr zu erheben, ist vollkommen in Ordnung. Aber die Erstkontrolle ist eine ordnungsrechtliche Aufgabe des Staates.“

Seit Mai werden nun für die Kontrollen in der Lebens- und Futtermittelüberwachung, die je nach Betrieb alle zwei bis drei Jahre anstehen, Gebühren erhoben. 57 Euro pro Stunde kostet das die Betriebe zuzüglich 20 Euro Fahrtkostenpauschale. Wenn eine Kontrolle länger dauert, wird pro Viertelstunde weiter abgerechnet.

Betriebe, die Lebensmittel mit „hohem Risiko“ herstellen, wie etwa ein Sushi-Restaurant, werden öfter kontrolliert und die Prüfungen dauern länger. Laut Umweltministerium knüpft der Beschluss des Landtags an Anregungen des Bundes- sowie des Landesrechnungshofes an. „Die amtliche Lebensmittelüberwachung ist keine Tätigkeit, die zwangsläufig aus allgemeinen Steuermitteln zu finanzieren ist, auch wenn dies in der Vergangenheit erfolgte“, teilt das Ministerium auf Nachfrage mit.

Gebühr für umweltrelevante Kontrollen üblich

Zudem sei die Gebühr bewusst gering gehalten worden, um kleinere Betriebe nicht zu sehr zu belasten. Das Ministerium lässt den Vergleich mit einer Polizeikontrolle nicht gelten: Eine Gebühr bei umweltrelevanten Kontrollen sei üblich und werde auch bei Privatpersonen erhoben, wie etwa nach dem Besuch des Schornsteinfegers. Mit den Einnahmen sollen Dichte und Qualität der Kontrollen gewährleistet werden. Außerdem werden die öffentliche Haushalte entlastet, so das Ministerium.

Doch Artur Tybussek fühlt sich noch aus einem anderen Grund nicht verstanden. „Das Ministerium hatte ein Gespräch mit unserem Landesverband vereinbart, um über die geplanten Gebühren zu sprechen“, sagt er. „Doch die neuen Gebühren wurden noch vor diesem Termin verabschiedet.“ Jetzt kämpfen Fleischer- und Bäckerinnung Seite an Seite gegen die neuen Gebühren.

Auch der Arbeitgeber- und Wirtschaftsverband für das Gastgewerbe, Dehoga Nordrhein, lehnt sie ab. „Wir prüfen die neuen Kontrollregeln zurzeit juristisch“, sagt Geschäftsführer Christoph Becker. Für die klammen Kommunen seien die Gebühren eine „dankenswerte Freigabe“, so Becker. Ob die Protestbriefe der Innungen jedoch noch etwas an der neuen Situation ändern, bleibt abzuwarten.

Nicht-kommerzielle Betriebe müssen nicht zahlen

Etwa 150 000 Lebensmittelbetriebe werden in NRW regelmäßig überprüft. 39 Prozent davon gehören zur Gastronomie, vier Prozent sind Handwerks- und 17 Prozent Cateringbetriebe. Der Rest setzt sich aus Einzelhändlern, Herstellern, Abpackern sowie Vertriebsunternehmen und Transporteure zusammen.

Kitas, Schulen oder Tafeln sind von den Gebühren befreit. Alle Einrichtungen, die zwar Essen ausgeben oder mit Lebensmitteln arbeiten, aber kein Geld damit erwirtschaften, müssen nicht zahlen. Das gilt übrigens auch, wenn etwa das Mittagessen in Ganztagsschulen von Elterninitiativen übernommen wird. (stö)

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